Kein Mut zur Kultur
Von Dorothée Schenk [19.06.2007, 16.03 Uhr]

In jüngster Vergangenheit fallen politische Vertreter in Jülich und zuweilen auch Entscheidungsträger in der Verwaltung in Ausschüssen dadurch auf, dass sie offenbar „ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben“. So drückt es der Volksmund aus. Faktisch fehlt es an Sachkenntnis und vielleicht auch Interesse, sich auf Themen vorzubereiten.

Das gilt für einen Dezernenten, der sich von „seiner“ Amtsleiterin in laufender Sitzung über den Stand der Dinge Kulturbahnhof aufklären lassen muss. Mit Ruhm bekleckert sich auch der politische Vertreter nicht, der die Ausführungen des Elterrates vom Hort Bertastraße als „erhellend und interessant“ kommentierte. Postwendend erklärte die Sprecherin, dass dies ja wohl nicht neu sei, da es bereits eine Demo und Informationsveranstaltungen gegeben habe. Peinlich.

Scham, wenn solches Fehlverhalten auffällt gibt es nicht. Dafür wird gerne selbstüberzeugt und lauthals Mitspracherecht eingefordert.

Das jüngste Beispiel stammt aus dem Kulturausschuss. Hier fordert ein CDU-Vertreter, dass er rechtzeitig über Projekte des Museums informiert werden möchte, um mit zu entscheiden. Er musste sich vom Museumsleiter belehren lassen, dass das Projekt Schirmer – um das es ging – längst im Jahresbericht 2006 vorgetragen worden war. Apropos mitentscheiden: Wenn in kulturgeführten, wenn auch städtisch geförderten Betrieben, die Politiker Entscheidungsrecht hätten, wäre das Ende jeder Kultur bei solcher Geisteshaltung vermutlich bald erreicht.

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So liest sich zwischen den Zeilen der Kulturausschuss. Es wurde lediglich besprochen, was nicht möglich ist. Konstruktive Vorschläge oder Begeisterung für Projekte, die über Jülich hinaus eine große Wertigkeit besitzen, gab es nicht. Viel zu sehr waren die Mitglieder damit beschäftigt, sich persönlich pikiert zu fühlen, weil in der Öffentlichkeit, will sagen der Presse, die Situation des Museums dargestellt und zur Diskussion gestellt wurde. Ausgerechnet Politiker, die sich gerne mit ihren Anliegen in den Medien darstellen, wenn sie sich einen Nutzen davon versprechen, wollen hier reglementieren.

Der Verwaltung Vorwürfe zu machen, dass beim Vorschlag, den Museumsetat zu kürzen, nicht lauthals protestiert worden wäre, ist absurd. Beigeordneter Schulz war bei der Haushaltsdebatte und dem Kulturausschuss dabei und berichtete von Einwänden und den Begründungen dazu. Da wird offenbar nicht hingehört und auch innerhalb der Fraktionen nicht kommuniziert. Abgesehen von mangelndem Menschenverstand: Mitte des Jahres einen Haushalt zusammenzustreichen, ohne an entsprechender Stelle Rücksprache zu nehmen, ist bestenfalls nachlässig. Selbst Lieschen Müller weiß, was für Baumaßnahmen gilt, gilt ebenso für das Museum. Denn – um ein Beispiel zu nennen – Ausstellungsprojekte müssen mindestens ein Jahr im Vorfeld geplant werden.

In vorauseilendem Gehorsam brachten die Kulturausschuss-Mitglieder nicht einmal den Mut auf, eine positive Empfehlung zur Aufhebung der Haushaltssperre an den Stadtrat abzugeben. Die Frage stellt sich, ob die politischen Vertreter in diesem Fachausschuss richtig besetzt sind?

Lesen Sie hierzu: Jülich: Kulturausschuss wollte nicht über Museumsetat befinden


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