Ehemalige Synagoge in Rödingen erstmals wieder geöffnet

„Menschlichkeit und Würde in den Vordergrund stellen
Von Arne Schenk [01.01.1970, 01.00 Uhr]

Ein Schausteller bewohnte die einstige Synagoge  - bevor der Landschaftsverbands sich ihrer annahm.

Ein Schausteller bewohnte die einstige Synagoge - bevor der Landschaftsverbands sich ihrer annahm.

„Die Rödinger Synagoge ist das einzige jüdische Gotteshaus der Kreise Düren und Aachen, das die Nazizeit und die Sanierungswelle danach überstanden hat“, hob Ferdinand Esser, Direktor des Landschaftsverbands Rheinland hervor. Am Sonntag war sie für die Öffentlichkeit zugängig.Diesen historischen Moment ließen sich am Tag des offenen Denkmals zahlreiche Interessierte nicht entgehen, und so war im Innenhof kaum ein Platz frei.

Mindestens 25 bis 30 jüdische Gläubige aus Aachen, Köln, Heerlen und Tongeren waren angereist, um sich in dem bruchstückhaften Überbleibsel ein Bild von der einst dort blühenden Kultur zu machen. Diese wurden zudem in einer Ausstellung des historischen Abrisses über das jüdische Leben in Rödingen und der Stifterfamilie Ullmann zwischen 1781 und 1934 sowie in Bauplänen der Räume und einer Fotowand über jüdische Friedhöfe des Kreises Düren vermittelt.

Bewegt war Esser von dem Chor der Synagogengemeinde Köln, die vier Feiertagslieder vortrugen. Schließlich seien seit rund 100 Jahren hier keine jüdischen Lieder mehr erklungen. Weiterhin plädierte er dafür, gegen rechte Tendenzen in der Gesellschaft anzugehen: "Wir sollten andere Umgangsformen pflegen, bei denen Menschlichkeit und Menschenwürde im Vordergrund stehen." Und appellierte, in die Jülicher Gesellschaft gegen das Vergessen und für die Toleranz einzutreten im Kampf "gegen die Wenigen, die aber ein großes Sprachrohr haben.

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Purer Zufall ist, dass die Frauenempore der Synagoge noch erhalten ist.

Purer Zufall ist, dass die Frauenempore der Synagoge noch erhalten ist.

Das lockere Gespräch eines Belgiers und eines Niederländers - streng orthodox auf der einen, von liberaler Erziehung auf der anderen Seite - zeigte, wie ein Begegnungsstätte in Rödingen aussehen könnte und welche euregionale Bedeutung sie einnehmen würde. Insofern ist Ferdinand Essers Vision keine Utopie, wenn er feststellt: "Seit über 70 Jahren gibt es in Rödingen keine jüdische Gemeinde mehr. Jetzt aber hat sich hier wieder eine Zukunft eröffnet." Ziel ist die Einrichtung eines Zentrums zur Information und Dokumentation der jüdischen Orts- und Regionalgeschichte sowie für Kultur und Begegnung für die Region im Jülicher Land. Tatkräftige Unterstützung erhalte dabei das Projekt von allen Parteien und Verwaltungen der Gemeinde Titz, der Stadt Jülich und des Kreises Düren sowie dem Geschichtsverein Rödingen-Höllen-Bettenhoven. Mit Monika Grübel als wissenschaftliche Projektmitarbeiterin habe der LVR zudem einen guten Griff getan. So kann sich der LVR, seit vorigem Jahr im Besitz des Ensembles der ehemaligen Landsynagoge, voll und ganz dem Konzept der langwierigen Restaurierung widmen.

Lesen Sie mehr im Interview mit Monika Grübel Der >>lange Atem<<, um Interesse zu wecken

Über jüdische Friedhöfe im Jülicher Land Verwaiste Gräber auf freiem Feld

Zum Tag des offenen Denkmals 2005 in Rödingen

Zum Artikel Ullmannsches Grau-Blau und die Säge in der Thoranische


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