Diskussion um die Offene Ganztagsgrundschule

Zwischen Qualitätsverlust und Förderpotential
Von Dorothée Schenk [14.05.2005, 21.08 Uhr]

Zu einer Diskussion um die Offene Ganztagsgrundschule hatte die Schulpflegschaft der Gemeinschaftsgrundschule Nord Vertreter aller Parteien am Mittwoch, 11. Mai, in die Turnhalle Berliner Straße eingeladen. Auf dem Podium saßen Peter Schmitz (CDU), Christoph Poos (FDP), Ansgar Kieven (SPD), Heinz Frey (JÜL) und Franz-Josef Schroeder (Grüne), moderiert wurde die Veranstaltung von Rechtsanwalt Dr. Albrecht Fuchs.

Gesprächsbereite Politikier (v.r./Mitte: Moderator Dr. Albrecht Fuchs)

Gesprächsbereite Politikier (v.r./Mitte: Moderator Dr. Albrecht Fuchs)

Das Thema scheint viel diskutiert, das zumindest vermittelten die nur mäßig gefüllten Reihen in der Turnhalle Berliner Straße. Dabei besteht offenbar noch reichlich Klärungsbedarf. Und nicht auf alle Fragen hatten die Politiker eine Antwort. Etwa: Was mit den Hortkindern, die bislang einen Platz haben, geschehen soll. Ob sie automatisch in das System Offene Ganztagsgrundschule überführt werden würden. Davon gehen zwar die Parteivertreter aus, aber letztlich wurde diese Klärung, wie auch andere, in den Arbeitskreis OGGS verwiesen. Es kam zu einigen engagierte Wortwechseln, bis Moderator Dr. Fuchs zur Mäßigung mahnte und bat, sich auf eine Frage und Antwort zu beschränken, statt politische oder persönliche Statements abzugeben. Trotz der übereinstimmenden, parteiübergreifenden Einigkeit ist Sachen Offene Ganztagsgrundschule war es doch nicht ganz so, wie Dr. Fuchs eingangs erläutert hatte. Über die Einigkeit wäre nichts bekannt gewesen, sonst hätte man sich auf einen Vertreter beschränken können, hatte der Moderator vorangestellt. Tatsächlich gibt es in der Feinabstimmung aber immer noch deutliche Unterschiede.

Zwischen Offenheit und Unmut gegenüber der neuen Situation schwang die Stimmung im Auditorium an diesem Mittwochabend mit. Zu viel Betroffenheit war spürbar. Praxisnah und durchaus kritisch den Prozess begleitend zeigte sich Heinz Frey (JüL), der als Schulpflegschaftsvorsitzender von seinen Erfahrungen im Umstellungsprozess für die Koslarer Grundschule berichtete. Er stellte klar, dass die OGGS einen deutlichen Qualitätsverlust bedeute und auch die konzeptionelle und finanzielle Umsetzung noch ausgesprochen vage sei. Seine verwendete Formulierung „Übermittagsbetreuung“ führte kurzfristig zu Mißverständnissen im Auditorium. Frey stellte klar, dass es sich eben nicht um Beschulung, sondern um eine Betreuung handele.

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…und informationshungriges Publikum.

…und informationshungriges Publikum.

Ansgar Kieven (SPD) ist unstrittig der überzeugteste Kämpfer für die Offene Ganztagsgrundschule und stellte weitsichtig die Ganztagsschule für alle Jahrgänge in absehbarer Zukunft in Aussicht. Der Mitarbeiter in der Dürener Verwaltung, dort zuständig für Kindertagesbetreuung, ist von Berufs wegen mit dem Thema befasst und möchte das Thema gesamtstädtisch betrachtet wissen. Problemstellungen verwies er lediglich in den Jülicher Arbeitskreis Offene Ganztagsgrundschule. Kritisch, vor allem die Finanzierung betreffend, bezüglich der Arbeitsplätze der Pädagogen aus den Horten und flächendeckenden Umsetzung zeigte sich Peter Schmitz (CDU). Obwohl er eindeutig auch Stellung bezog für das neue Schulkonzept ab 2007. Ein wichtiger Punkt für den CDU-Mann ist auch die Förderung: Sowohl der Begabten, als auch der schwächeren Schüler. Diese sei durch Zusatzunterrichte – Sprache, Schreiben – möglich. Hierzu wurde kritisch bemerkt, ob denn tatsächlich diese Schüler zu erreichen wären. Hier, so Franz-Josef Schroeder (Grüne), müsse es eine engere Zusammenarbeit zwischen Kindergärten und Schulen, sowie Jugendhilfe und Schulen geben, damit die Förderung früh einsetzen und die Finanzierung geklärt werden könne.

Nach zwei Stunden schloss Dr. Fuchs die Diskussion, wissentlich, nicht alle Punkte geklärt zu haben. Er bedankte sich ausdrücklich beim Publikum, dass einen solch angeregten Austausch möglich gemacht hätte und dem Engagement der Politiker.

Die wichtigsten Punkte, die geklärt wurden waren:
Die Finanzierung : Wenn 25 Kinder in einer OGGS angemeldet werden, gibt es eine Förderung des Landes. Jeder Platz der OGGS kostet jährlich 1240 Euro. Davon kann eine pädagogische Kraft für 25 Kinder bezahlt werden, die die Betreuung ab mittags übernimmt. Der Elternbeitrag beginnt gestaffelt bei 0 Euro, bei einem Jahreseinkommen bis 12.170 Euro – dann springt das Sozialamt ein – und maximal 100 Euro bei einem jährlichen Einkommen über 61.355 Euro. Das 1. Geschwisterkind zahlt ein Viertel des Betrags, ab dem dritten Kind ist die OGGS kostenfrei. Zusatzkosten pro Tag fallen für das Mittagessen an, das vermutlich zwischen 3 bis 4 Euro liegt. Hinzu kommen natürlich kostenpflichtige Zusatzangebote, wie Sport- oder Musikunterricht.

Qualitätssicherung gibt es keine. Pädagogische Fachberatung und das städtische Schulamt sind die übergeordneten Institutionen, aber, so Peter Schmitz, die besten Prüfer seien die Eltern. Kriterium zur Überprüfung müssten selbst erstellt werden. Heinz Frey wies darauf hin, dass die Stadtelternschaft in Jülich bereits Konzeptionen fertig in der Schublade liegen hätte.
Horte müssen nicht zwangsläufig geschlossen werden. Jede Kommune entscheidet selbst über die Schließung. Sicher ist aber, dass ab 31.7.2007 das Land NRW keine Zuschüsse mehr zu Betriebskosten der Horte gewährt.

Die OGGS, so ist die einhellige Meinung, ist der erste Schritt zu einer Ganztagsschule für alle Jahrgänge.

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