Traditionshaus fällt in zwei Wochen

Haus Hesselmann in Jülich vor dem Abriss
Von Dorothée Schenk [25.01.2006, 15.07 Uhr]

Zerstört, beschmiert und verrottet. Keine Spur mehr von der Pracht des Traditionshauses Hesselmann.

Zerstört, beschmiert und verrottet. Keine Spur mehr von der Pracht des Traditionshauses Hesselmann.

Die Jahre vergehen, aber die Zeiten ändern sich im Grunde nicht. Schon im ersten Vertrag mit der Stadt Jülich, der im Stadtarchiv als Akte vorliegt, ließ sich Josef Hesselmann 1937 nicht nur den Baugrund gegenüber des Restaurants als Parkplatz zusichern, sondern auch auf fünf Jahre die alleinige Konzession auf dem Brückenkopf-Gelände – inklusive des Viehmarktes. Dazu reklamierte der Gastronom „Rücksicht“ bei der Gestaltung des Weges zum Brückenkopf und seines Vorplatzes, denn: „Eine unkomplizierte Anfahrt ist ausserordentlich wichtig, weil es im allgemeinen an bequemen Anfahrten mangelt.“ Das kommt den Jülichern im Jahr 2006 bekannt vor. All das sind Themen, die jahrzehntelang die Bewirtschaftung des Brückenkopf-Geländes beschäftigten, bis es schließlich zur Schließung 2002 kam. In dieser Woche „schlachtet“ ein Abbruchunternehmen Haus Hesselmann aus. Wo einst Frack und Fliege als Anzugpflicht regierten sind nun Blaumann und Arbeitshandschuhe gefragt.

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Halb schon vergessen - halb schon Legende: Das Haus Hesselmann.

Halb schon vergessen - halb schon Legende: Das Haus Hesselmann.

Beim Betreten des Gebäudes amtet den Besucher die Geschichte des Hauses gespenstisch an. Zerbrochene Scheiben und umgeworfene Möbel, das Parkett schlägt Wellen und im Keller stehen neben alten Kaffeekännchen und Mannschetten für Hähnchenbein auch noch alte Bierfässer. Der Wind spielt in den herabhängenden Karnevalsgirlanden. Es mutet an, als wäre das Haus fluchtartig verlassen worden. Dazu riecht es modrig und die Küche scheint den zeitweiligen „Hausbesetzern“ als Urinal gedient zu haben. Nichts erinnert mehr an die alte Pracht des Hauses Hesselmann.

Zwei Wochen lang wird sich ein Erfstadter Abrissunternehmen durch die Innenräume wühlen und sie entrümpeln. Verkauft werden soll, was noch wiederverwertbar erscheint. Viel ist zu tun: Von Glas über Leitungen, Holz bis Papier und Restmüll reicht die Palette des zu entsorgenden Materials. Nicht ungewöhnlich findet Helga Weyers den Zustand des Hauses. Die Aachener Diplom Geologin, die für die Stadt das Schadstoffgutachten erarbeitet hat, kennt viele diese Bauten „mit Geschichte“, die eine zeitlang leerstanden und nun „entsorgt“ werden müssen. „Das ist vor allem ein logistischer Aufwand, der sich auch im Preis niederschlägt“, so die Fachfrau. Kritisches „Material“ gibt es allerdings nicht. Zwar sind Mineralfasern, Dämmungen und impregniertes Holz als besonders „überwachungsbedürftig“ einzustufen, aber auch das ist „normal“.


Zum Artikel Von rauschenden Festen und dem leisen Niedergang

Zum Artikel Aufbau - Anbau - Abriss. Eine kleine Baugeschichte

Zum Bilderbogen Goldene Zeiten im Haus Hesselmann, Teil 1

und Teil 2

Zur Bildergalerie 1 Impressionen und „Erinner-michs“.

Zur Bildergalerie 2 Impressionen und „Erinner-michs“


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