Förderverein Stadtbücherei hatte Bürgermeisterkandidaten geladen

Lieblingslektüre und Kulturfragen
Von Dorothée Schenk [07.09.2015, 08.14 Uhr]

Sag mir was Du liest und ich sage Dir, wie Du bist.“ Nach diesem abgewandelten Motto hatte der Förderverein Stadtbücherei die Bürgermeisterkandidaten eingeladen, ihre Lieblingsbücher vorzustellen. Allerdings legten einige Geladene die Frage nach der Lieblingslektüre sehr weit aus – aber auch das diente dem Erkenntnisgewinn. „Wir hoffen, dass diese Art der Veranstaltungen vielleicht dem einen oder anderen eine Hilfe bei der Entscheidung sein kann,“ sagte Vereinsvorsitzende Elisabeth Vietzke zur Begrüßung. Außerdem mussten die Kandidaten sich Fragen zur Kultur und aus dem Publikum stellen. Fünf der sechs Bewerber hatten sich in der Bibliothek im Kulturhaus eingefunden, um vor vollbesetztem Haus ihre Lektüre zu präsentieren. Sven Reichert hatte per Mail aus persönlichen Gründen abgesagt.

Vor dem interessierten Publikum in der Jülicher Stadtbücherei Stellung zu beziehen…

Vor dem interessierten Publikum in der Jülicher Stadtbücherei Stellung zu beziehen…

Mit Stoppuhr und Beeper ausgerüstet wachte Elisabeth Vietzke darüber, dass die Kandidaten, die in alphabetischer Reihenfolge „auftraten“, sich an die vorgeschriebenen fünf Minuten hielten. Gleich vier Bücher brachte Heinz Frey (JÜL) mit. Lektüre, die ihn bei der Lösung von Fragestellungen unterstützt hätten, die Lehrer und Eltern ihm nicht hätten beantworten wollen. Als Krimifan mit einer Leidenschaft für Paris und Kommissar Maigret gab sich der Parteilose Axel Fuchs zu erkennen, während als Beispiel für den Weg zu sich selbst und der inneren Gelassenheit Jürgen Laufs (Bündnis 90/Grüne) Hape Kerkelings Pilgerroman „Ich bin dann mal weg“ mitgebracht hatte. Einen persönliches Vorbild für den Einzelbewerber Michael Lingnau ist Nelson Mandela. Das Buch des Kämpfers gegen die Apartheit und späteren Friedensnobelpreisträgers "Meine Waffe ist das Wort" präsentiert dieser Kandidat. Als Letzter stellte Groko-Kandidat Frank Peter Ullrich das Buch „Verantwortung jetzt“ von Christoph Keese vor.

Nach einer kleinen Erfrischungspause stellte Elisabeth Vietzke die Frage in den Raum:

Kann Jülich zwei Kulturhäuser vertragen?

Gemeint ist, das neben dem Kulturhaus am Hexenturm die ehemalige Realschule für VHS, Archiv und Museum genutzt wird. Das bejahte Ullrich: „Ich begrüße zwei Kulturhäuser – wenn sich eine Finanzierung findet.“ Jülich müsse sich aufmachen und auch Künstler wie Johann Wilhelm Schirmer besser präsentieren. Eine theoretische Fragestellung nannte es Lingnau. Er würde gerne eine Verbesserung der Situation im Kulturhaus am Hexenturm sehen. Zwei Kulturhäuser seien kein Gewinn. Zuerst, räumte Laufs ein, sei er auch gegen die Nutzung der Realschule gewesen. Sinnvoll und sinnführend findet er aber inzwischen die dortige Konzentration des Archivs. Als Kulturhaus wollte er es nicht verstanden wissen. Nachdenken müsse man über erweiterte Öffnungszeiten der Stadtbücherei.

Kultur könne keine Geldfrage sein, betonte Fuchs. Sie stehe für Bildung, Integration und Identifikation. Er verwies auf Jülichs bereits bestehende lebhafte Kulturszene und das „dritte“ Kulturhaus, den Kulturbahnhof. „Kulturtreibende brauchen Raum, um Kultur zu präsentieren.“ Eine Zusammenlegung der Kultureinrichtungen befürwortet Frey: „Wir können uns keine zwei Kulturhäuser leisten.“ Es würden Mehrkosten durch die Zusammenlegung verursacht, da die VHS vorher ihren Unterricht beispielsweise in mehreren Schulen angeboten hätte. Die Unterbringung in der Realschule sieht Frey als Notlösung, da es ein gut zu vermarktendes Filetstück sei.

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…dazu waren die Bürgermeisterkandidaten nacheinander aufgefordert.

…dazu waren die Bürgermeisterkandidaten nacheinander aufgefordert.

Welchen Schwerpunkt setzen Sie im Jülicher Kulturleben?

Heinz Frey möchte die Jugend besser an die Kultur heranführen und die Angebote besser vernetzen. Rücksicht nehmen müsse man auf Menschen, die sich nur zeitgebunden engagieren wollten. Um die Zukunft der Kultureinrichtungen zu sichern, strebt er die Gründung einer Bürgerstiftung an. „Wie gehen wir mit Kultur um?“ das ist die zentrale Frage für Axel Fuchs, der ihre einen wichtigen Stellenwert in der Politik eingeräumt sehen will. Das gelte auch für die Dörfer, denn auch Brauchtum sei Kultur. Auf ein spezielles Thema wollte er sich nicht festlegen lassen, da man keine Hoffnungen wecken dürfe. Er wiederholte, dass Kultur nicht dazu da sei, Geld zu erwirtschaften.

Dass Kultur eine Heimat brauche, betonte Jürgen Laufs, sie müsse Geborgenheit vermitteln. Bürgerhallen und die Stadthalle gehören dazu – mit ihnen müsse sich die Stadt beschäftigen. Da die Kinder und Jugendlichen lange in der Schule seien, müssten die Schulen Kooperationen mit Kultureinrichtungen eingehen. „Wir müssen Entfaltungsmöglichkeiten bieten, die mehr aufsuchend sind.“ Die Denkmäler besser zu präsentieren und zu pflegen sieht Frank Peter Ullrich als zentrale Aufgabe an. Das kreative Potential mehr zu nutzen, um Menschen nach Jülich zu ziehen, ist für ihn ein „wertvoller Wirtschaftsfaktor“. Über eine bessere Vermarktung solle eine bessere Aufmerksamkeit erzielt werden. „Das geht über die Kultur am leichtesten.“ Kultur und Vereinsleben, die in Jülich wie in kaum einer anderen Mittelstadt vorhanden seien, stellte auch Michael Lingnau in den Mittelpunkt. Deren Förderung will er durch eine Umschichtung im Haushalt und durch eine geordnete Insolvenz der Brückenkopf-Park GmbH erreichen. Statt dessen solle ein Kultur- und Freizeitzentrum Ruraue in direkter Nachbarschaft der JuFa entstehen und ein Jülicher Bürger- und Ehrenpreis ausgelobt werden.


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