10. Benefiztournee von Thomas Beckmann

Das Gegenteil von Sünde
Von Dorothée Schenk [24.02.2010, 07.26 Uhr]

Im Winter 1993 sah Thomas Beckmann, Musiker und Katholik, wie zwei obdachlose Menschen vor seiner Haustüre in Düsseldorf erfroren. Sein persönlicher Feldzug begann. Der „Aktion Schlafsack“ in seiner Heimatstadt folgte drei Jahre später die Vereinsgründung „Gemeinsam gegen Kälte“. Bis Ende März ist der bekannte Cellist wieder zu einer Konzerttournee für das Projekt unterwegs. Das nächste Konzert ist am 3. März in Düren.

Mit dem Programm "Beckmann spielt Cello" ist der Musiker zum zehnten Mal auf Tournee für Obdachlose und Arme.

Mit dem Programm "Beckmann spielt Cello" ist der Musiker zum zehnten Mal auf Tournee für Obdachlose und Arme.

Sie sind seit Januar zu Ihrer zehnten Tournee unterwegs. Warum sind diese Benefizveranstaltungen immer noch wichtig?

Thomas Beckmann: Es ist immer wichtig, Musik zu machen. Es ist eine der schönsten Freuden, die man haben kann, ohne dass es Nebenwirkungen gibt wie beim Rauchen oder Alkohol. Es ist das Gegenteil von Sünde. Darüber hinaus ist das Thema Obdachlosigkeit heute ebenso relevant wie vor zehn Jahren.

Welches sind Ihre persönlich wichtigsten Erfahrungen und Erfolge der Aktion „Gemeinsam gegen Kälte“?

Thomas Beckmann:: Nach einem Abschlusskonzert in Berlin vor einigen Jahren haben wir auch Obdachlose, die Lust hatten, zum Essen mitgenommen. Später habe ich einen von ihnen wieder getroffen. Er hat mir gesagt, dass dieser Abend ihm die Kraft gegeben hätte, wieder ins normale Leben zurückzukehren. Der Mann ist heute noch stabil. Wenn die Aktion nur das gebracht hat, ist es ein Erfolg. Wir sind 1993 als erste private Aktion gestartet. 1994/95 kamen der segensreiche Tafelgedanke und die Obdachlosenzeitung dazu. Das hat dazu geführt, dass 2010 ein Meinungsumschwung in der Öffentlichkeit erkennbar ist. Es wird verständnisvoller mit Obdachlosen und Armen umgegangen. Man bemüht sich, das Problem besser zu verstehen. Es ist ja nicht damit getan, dass es menschenwürdige Notunterkünfte gibt und etwas zu essen. Der Umgang mit denen, von denen nichts mehr zu erwarten ist, ist das Barometer für den sittlichen Zustand des Gemeinwesens.

Bei dieser Tournee steht neben Johann Sebastian Bach Charlie Chaplin als Komponist im Mittelpunkt. Warum?

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Thomas Beckmann in der Düsseldorfer Suppenküche.

Thomas Beckmann in der Düsseldorfer Suppenküche.

Thomas Beckmann:: Es gibt zwei Parallelen: Bach hat die Werke zum höchsten Lobe Gottes geschrieben. Wenn wir glauben, dass uns im Nächsten Gott begegnet, passt es gut in unser Thema. Chaplin hat Obdachlosen in der Figur des Tramps ein Denkmal gesetzt. Das ist kein Drogensüchtiger oder Alkoholiker, sondern ein Stadtstreicher, wie es ihn heute aber auch noch gibt. Die Melodien Chaplins eignen sich wunderbar fürs Cello, das der größte Sänger unter allen Instrumenten ist.

Ihr Cello heißt „Il Medicante“, der Bettler. Ein Zufall? Bestimmung? Verpflichtung?

Thomas Beckmann:: Ehe ich das Cello kaufte, hat mich das Thema Obdachlosigkeit schon berührt. Das liegt sicher an meiner katholischen Erziehung. Durch den Namen hat mich das Cello dann während des Musikstudiums ständig an die Not obdachloser Menschen erinnert. Als nach dem schweren Autounfall bei der Restaurierung des Instruments sich im von außen nicht einsehbaren Bereich die Inschrift „Il Medicante“ fand, haben meine Frau und ich 1996 beschlossen die Aktion „Gemeinsam gegen Kälte“ bundesweit ins Leben zu rufen.

Welche Ziele hat der Verein „Gemeinsam gegen Kälte“ in der nahen Zukunft?

Thomas Beckmann:: Das Nahziel ist immer, aus dem Gewinn der Konzerte die Einrichtungen der sozialen Dienste vor Ort zu verbessern. Mittelfristig wollen wir mit künstlerischen Mitteln gesellschaftlich wirken. Wir bemühen uns, den Verein in eine Stiftung umzuwandeln. Das Ziel ist, eine Benefizkonzert-Agentur einzurichten, um so auch anderen Künstlern Auftritte zu vermitteln. Musiker und Künstler sollen sich für soziale Anliegen einsetzen können, nicht nur gegen Obdachlosigkeit und Armut, auch für Jugend- und Altenhilfeprojekte.


Hintergrund:

Der Verein wurde 1996 von Kayoko und Thomas Beckmann gegründet. Mittlerweile haben sich 32 deutsche Städte, darunter alle Großstädte über 500.000 Einwohner, dem Gemeinsam-gegen-Kälte -Projekt angeschlossen. Vorderstes Ziel ist es, die Obdachlosigkeit zu besiegen. Der Verein unterstützt finanziell soziale Projekte vor Ort. Außerdem will „Gemeinsam gegen Kälte“ meinungsbildend in der Gesellschaft wirken.

Ehrungen: Für das soziale Engagement wurde das Ehepaar Beckmann unter anderem mit dem Kiwanis-Preis, dem Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen, dem „Europäischen Sozialpreis“ und dem „Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland“ geehrt.

Auftritte in der Region jeweils um 20 Uhr:
Düren, 3. März, Pfarrkirche St. Joachim, Joachimstraße 5
Bonn, 9. März, Kreuzkirche, An der Evangelischen Kirche
Mönchengladbach, 19. März, Christuskirche, Kapuzinerplatz 12

Tickets kosten 13 Euro, ermäßigt 7 Euro und sind unter anderem zu bestellen über die

Website: www.gemeinsam-gegen-kaelte.de


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