Projektpräsentation in Halle 1
Eine "Hartzer Nuss" auf der Rheinlandschau knacken
Von Arne Schenk [18.04.2007, 14.49 Uhr]
![]() Vertreter verschiedener Organistation engagieren sich gemeinsam für die Kirchliche Arbeitsloseninitiative. |
„Arbeitsplätze fallen nicht vom Himmel“ trägt der weiße Engel durch die Halle 1 der Jülicher Rheinlandschau. Damit möchte Hedwig Kreibich von der Alten- und Familienhilfe des Christlichen Sozialwerks Jülich auf die Nöte von Hartz-4-Empfängern aufmerksam machen. Genau so wie Kollegin Elsbeth Scharenberg, die mit dem stellvertretenden Vorsitzenden des Christlichen Sozialwerks, Bernd Bößem, schwer zu knackende „Hartzer Nüsse“, stinkenden „Har(t)zer Käse“, aber auch Äpfel aus dem Garten Eden verteilt.
Denn geschenkt bekomme der Hartz-4-Empfänger nichts, konstatiert auch Klaus Pentzlin, Vorsitzender des Arbeitslosenzentrums Düren. Für Kinder unter 14 Jahren sind beim Arbeitslosengeld II monatlich 207 Euro einkalkuliert. Davon sind 76 Cent für Spielsachen vorgesehen, für Schreibwaren 1,63 Euro. Dafür erhielten die Betroffenen maximal einen Bleistift und einen Radiergummi. Ansonsten sind Ausgaben für Bildung, also auch für Lernmittel, gänzlich gestrichen worden. Pentzlin rechnet vor: „Theoretisch müssten Eltern anfangen, Geld für einen Schulranzen zurück zu legen, wenn das Kind zweieinhalb ist.“ Und dies, obwohl das Volkseinkommen allein im Jahr 2006 um 52 Milliarden Euro gestiegen sei.
Tatsächlich geht es den Initiativen nicht nur um Kritik, sondern in erster Linie um konkrete Hilfestellung. „Das Christliche Sozialwerk Jülich ist gelebte, umgesetzte und institutionalisierte Ökumene“, betont dessen Vorsitzender Dr. Thomas Kreßner, der selbst Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde in der Herzogstadt ist. Im Herbst 1989 wurde das Sozialwerk als gemeinsame Initiative der Evangelischen Kirchengemeinde und der katholischen Pfarrgemeinden im Dekanat Jülich als Verein gegründet. Darin haben Vertreter von beiden Kirchen haben Sitz und Stimme. „Es geht um den Drei-Schritt ‚beraten – qualifizieren – beschäftigen’“, bekräftigt Dr. Kreßner.
![]() Hartz-4-Betroffene lassen Blumen sprechen. |
So bemühen sich die Beschäftigungs- und Qualifizierungsprojekte „Alten- und Familienhilfe“ sowie „Hilfen in Garten, Haus und Hof“, darum, Frauen und Männer auszubilden und zu begleiten, um einen befristeten oder unbefristeten sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz zu finden. Zusätzlich sind das Christliche Sozialwerk Jülich, das Sozialwerk Dürener Christen, das Salesianische Zentrum Haus Overbach, das Arbeitslosen-Zentrum Düren und In Via Düren-Jülich als kirchliche Arbeitsloseninitiativen eine Kooperation eingangen.
Besonders (lern-)behinderte Menschen, schwer vermittelbare Jugendliche und Langzeitarbeitlose finden kaum Eingang in die Arbeitswelt. Diesen sollen Projekte wie das Overbacher Hauswirtschaftsteam entgegen kommen, erklärt Pater Bernd Heisterkamp. Besonders erfolgreich hierbei ist auch das Sozialwerk Dürener Christen. Derzeit 90 bis 100 Lehrlingen sind in den Ausbildungsberufen Tischler, Metallbauer, Baumetalllackierer, Florist, Gärtner oder Friseur aktiv. „Wir halten die Predigten und bringen in den Gottesdiensten die Problematik den Gutbürgerlichen nah“, gibt sich Regionaldekan Hans Otto von Danwitz bescheiden und verweist auf den Vorsitzenden des Katholikenrats Düren, Thomas Müller, „er versucht, die frommen Worte konkret umzusetzen.“
Theologische Themen sind von Caritas und Diakonie nicht zu trennen. So wurde Ende der 90er das regionale Energiewirtschaftskonzept „Regio-Öl“ entwickelt, um eine Alternative zu Garzweiler 2 zu bieten. „Es ging darum, exemplarisch zu zeigen, wie es gehen könnte“, bemerkt Josef Schraven, Geschäftsführer des Katholikenrates. „Hier wird Raps angebaut, verarbeitet und vermarktet.“ Dazu werden keine Konzerne benötigt, lange Transportwege entfallen und es braucht nicht befürchtet zu werden, dass dafür Kriege wie für Erdöl geführt werden.
Der regenerative Energieträger Rapsöl wird aus nicht genetisch verändertem Saatgut gewonnen und kann als Dieselkraftstoff für Autos, Schlepper und Lokomotiven benutzt werden. 1,5 Millionen Liter Rapsöl wurden im vergangenen Jahr in der Region verkauft. Im Gegensatz zu dem als Biodiesel bekannten Rapsmethylester ist das Rapsöl völlig umweltverträglich und als Speiseöl sogar zuhause auf dem Salat genießbar.
Die Nachfrage war so groß, dass der Ertrag aus den Rapsmühlen in Linnich und Heimbach-Vlatten nicht ausreichte, so dass zusätzlich Öl aus einer Neusser Mühle angefordert wurde. Dieses Konzept wurde bereits nach Sambia in Afrika exportiert, berichtet Thomas Müller. Der Fahrer des Öl-Tankwagens ist übrigens beim Christlichen Sozialwerk angestellt.
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