Die Haushaltssituation des Museums
Von Marcell Perse

Das Museum hat bislang trotz aller Probleme erfolgreich versucht, aus den gegebenen Möglichkeiten der Stadt Jülich konstruktiv das Beste zu machen. Auch mit dem Mangel an klimatisch geeigneter obertägiger Ausstellungsfläche in der Zitadelle, Feuchtigkeitsproblemen in vielen Magazinbereichen, einer seit über sieben Jahren irreparabel defekten Klimaanlage im Kulturhaus, auf Null gefahrener Ankaufsmittel und einem kurzfristig angesetzten sehr zeit- und personalaufwändigen Umzug der Büros ins Kulturhaus sind viel beachtete Leistungen erzielt worden. Die im Haushalt 2007 in der letzten Beratung aufgenommenen Kürzungen bedrohen nun jedoch die Museumsarbeit im Kern. Nachfolgend wird die Problematik aus Sicht des Museums differenziert.

1. Das Finanzniveau des ursprünglichen HH-Ansatzes

Die im Haushaltssicherungskonzept als mittelfristige Planung eingestellten Zahlen stellen bereits das Ergebnis unzähliger Kürzungsrunden dar. Obwohl in verwaltungsinternen Diskussionen auf das unterste machbare Niveau abgeklopft, ist es dem Museum in der Spanne des HSK trotzdem gelungen u.a. durch das Einwerben von Drittmitteln in Geld-, Sach- oder Arbeitsform erfolgreich zu arbeiten. Mit sinkendem Eigenanteil werden dafür die Chancen jedoch zunehmend aussichtslos, da Förderanträge i.d.R. mindestens 50% Eigenmittel voraussetzen.
Die vom Stadtrat am 23.5. mit dem Haushalt beschlossene Kürzung um 10% gibt keinen Hinweis auf die Art der Einsparung und berücksichtigt nicht, dass von 111.000 € Zuschussbedarf lediglich 41.000 € überhaupt disponibel sind (der Rest sind Kosten der Museumsleiterstelle und Umlagen allgemeiner Geschäftsbedarf, Reinigungskosten etc.). Nach Abzug von 18.000 € Aufsichtskosten, deren Einschränkung unmittelbar auf die Einnahmen zurückschlüge, verbleiben 23.000 € Mittel für die Museumsarbeit. Nach dem 10%-Beschluß und in Anbetracht der MWSt.-Erhöhung verbleibt weniger als die Hälfte der bisherigen finanziellen Möglichkeit!


2. Leistung und Ruf des Museums

Die Arbeit des Museums ist öffentlich, so dass die Ergebnisse der Arbeit in Veranstaltungen, Ausstellungen und Publikationen allgemein zugänglich sind. Über die Arbeit wird zudem im Fachausschuss berichtet. Im Zusammenhang mit der Umsiedlung der Museumsbüros und Teile der Magazine vom Alten Rathaus ins Kulturhaus fand eine intensive Begehung des KIS statt, die die Arbeit „hinter den Kulissen“ deutlich nachvollziehbar machte.
Zusammenfassend kann man feststellen, dass das Museum durch die Mischung seiner verschiedenen Arbeitsfelder von Ausstellungsarbeit und grundlegender Sammlung, populärwissenschaftlicher und wissenschaftlicher Publikation (Bibliographie der Museumsarbeit 1987-2005 mit 406 Positionen unter www.juelich.de/museum) sowie der Integration von archäologischen, bauhistorischen, denkmalpflegerischen und z.T. naturwissenschaftlichen Themen eine sehr öffentlichkeitswirksame Umsetzung und Darstellung des Stadtslogans und des individuellen Profils Jülichs betreibt, die regional und überregional wahrgenommen wird. Beteiligung an Projekten des Landes NRW wie „Der Riss im Himmel“ 2000 oder die Planungen zur „via belgica 2008/2010“ und „Renaissance am Rhein 2009/2010“ zeigen das Vertrauen in die Qualität und Wirksamkeit der Jülicher Museumsarbeit.
Nicht zuletzt ist der Aufbau des Museums Zitadelle zu nennen, der 2001 zum Abschluss des Nutzungsvertrages zwischen Stadt und Land NRW führte. Im Vergleich der städtischen Aufwendungen für das Museum in Höhe von rund 111.000 € zu den Zahlungen aus dem Landesvertrag von 172.000 € wird deutlich, dass das Museum mit 40% städtischem Geld den Zufluss von 60%-Drittmittel erarbeitet hat. (Was würde man zu einem „mittelständigen Unternehmen“ sagen, das ohne städtische Zuwendung 10 Menschen in Arbeit bringt, dafür sorgt, dass über 170.000 € vor Ort zusätzlich in die Wirtschaft fließen und über 10.000 Personen pro Jahr zu einem Jülich-Besuch mit verschiedenen Ausgaben in lokalen Geschäften auf die Beine bringt ?).

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3. Kommentar zu einzelnen Haushaltsstellen im UA 3215

Grundsätzlich muss darauf hingewiesen werden, dass die erfreulicherweise im Bereich des Museums Zitadelle vom Land finanzierten Personal- und Sachmittel aus der Betrachtung der Kernaufgaben des Stadtgeschichtlichen Museums (Bestandspflege, Öffentlichkeitsarbeit, Veranstaltungen und Ausstellungen) auszuklammern sind, da sie explizit anderen Themen gewidmet sind! Die Absprache mit dem Land basiert auf einem Gedanken von gleichberechtigter Zusammenarbeit, in dem das Museum als den städtischen Anteil die Kompetenz des Museumsleiters, die städtische Sammlung und die damit verbundenen Arbeiten sowie seine Werbe-, Ausstellungs- und Veranstaltungsaktivitäten und die Aufsichtsdienste einbringt (weshalb die Eintritte ebenfalls im städtischen Abschnitt verbucht werden).

11000: Eintritte 13.000 €
Eine Erhöhung der Eintritte wurde im Jahr 2000 ausprobiert. Zwar konnte die Summe gehalten werden, jedoch sank die Besucherzahl im Probezeitraum auf rund ein Drittel. Da Besucherreduktion nicht Sinn des Museums sein kann, ist von einer Eintrittserhöhung abzusehen.

54100: Reinigungskosten 6.120 €
Im Rahmen der allgemeinen Kosten fällt diese Position auf, da sie sich nach dem Umzug vom Alten Rathaus ins Kulturhaus (der nicht vom Museum zu verantworten ist) um fast 2.000 € erhöht hat. Ob hier Einsparungen möglich sind, ist unklar.

57000: Inventarisierung 5.600 €
Der Fortschritt der Inventarisierungsarbeiten – vom RPA mehrfach angemahnt – ist sowohl für die formalen Anforderungen (Versicherung), als auch für die praktischen Bedürfnisse des Museums zur Arbeit mit seinem Bestand noch deutlich zu gering; man führe sich nur vor Augen wie viele Arbeitsstunden eines fachkundigen Menschen mit diesem Betrag finanzierbar sind!

5800: Allgemeine Sachkosten 7.700 €
Der schon mehrfach abgeschmolzene Betrag erfasst alle museumsspezifischen Sachkosten wie z.B. Fotomaterial, Archiv- und Magazinbehältnisse, Restaurierungs- und Hängematerial, Kosten für Dokumentationsunterlagen, Bücher etc.; eine Kürzung ist nach den Erfahrungswerten nicht vorstellbar, da es Grundlagen für alle anderen Arbeiten betrifft.

59000: Druckschriften 1.500 €
Der Ansatz reicht lange nicht mehr zum Druck eigener Kataloge. Druckvorbereitungen wie Fotoerwerb etc. sind aber ein wichtiger Punkt, um Schriften zu erzeugen, die zum Verkauf notwendig, vor allem aber auch als zentrales Sachmedium für die nachhaltige Museumsarbeit, Werbung und Rufbildung bei Museumsinteressierten wichtig sind.

63000: Aufsichtsdienste 18.000 €
Der Betrag für die Aufwandsentschädigung für die ehrenamtlich tätigen Aufsichts- und Informationskräfte kann nur durch das Engagement der ca. 15 tätigen Helfer so niedrig gehalten werden. Eine Einschränkung der Öffnungszeiten, wie sie schon einmal vorgeschlagen wurde, ist insgesamt kontraproduktiv. Einmal ist die Verbreitung in den entsprechenden Medien wie Reiseführern etc. sehr langwierig, weshalb seit 1998 streng auf Kontinuität geachtet wird (April bis Okt. Mo-Fr 14-17, Sa/So/Feiert. 11-18, Nov.-März Sa 14-17, So 11-17 Uhr). Zum anderen zeigt der statistische Nachweis, dass kein Wochentag besuchsmäßig so stark abfällt (Mo z.B. ist nicht der schwächste Tag!), dass man ohne große Besuchereinbußen einen Tag schließen könnte. Und es ist im Gesamtergebnis übers Jahr gerade diese breite Öffnungszeit, die die 10.000-Marke überspringen lässt. Einen fünfstellige Besucherzahl ist aber nicht nur allgemein begrüßenswert, sondern vor allem psychologisch in der Wahrnehmung durch das Land und eventuelle Förderer, Sponsoren und Kooperationspartner außerordentlich wichtig.

63001: Veranstaltungen 3.500 €
Ein Kern für Ausstellungsaktivitäten, um an weitere Mittel zu gelangen. Ohne Ausstellungswechsel verliert der Standort für das lokale Publikum an Attraktivität.

63050: Werbung 2.200 €
Mehr Werbemittel wären wünschenswert; der Ansatz garantiert zumindest die Standardbewerbung mit Faltblatt etc.

65500: Dienstverträge 9.800 €
Vergleichsweise hohe Ansätze verlocken zu Kürzungen; bedenkt man aber, dass statt einer ursprünglich für das Museum gedachten Sekretariatsstelle Werkvertragsmittel kalkuliert wurden und für die meisten Arbeiten mit Objekten (z.B. Vitrinenbestückung) zwei Personen nötig sind, kann man errechnen, wie man für je 4.900 € im Jahr kompetente Hilfsdienste einkaufen kann, die für Ausstellungsauf- und -abbau, Pflege- und Säuberungsarbeiten, Transporte und Magazintätigkeit bis hin zu kleineren Reparatur- und Restaurierungsarbeiten und Dokumentationsaufgaben (Foto, Vermessung, Listen, Statistik etc.) notwendig sind. Bauhofunterstützung wurde im städtischen Bereich des Museums schon vor einigen Jahren komplett gestrichen.

Fazit: Von Seiten des Museums sind keine möglichen Einsparpotenziale mehr auszumachen.


4. Zur Ausgabesituation Mai 2007

Die Arbeit des Museums und die dafür in Anspruch genommenen Haushaltsstellen unterliegen einem jahreszeitlichen Rhythmus, der durch die Ausstellungssaison vorgegeben ist. Die für Sonderausstellungen, Veranstaltungen und Jahresprojekte relevanten Arbeiten müssen am Anfang stehen, da Daten wie der Saisonstart im April, der Internationale Museumstag Mitte Mai und die Besuchszeit in den Sommerferien die zu erreichenden Ziele vom Besucher her definieren. Die zweite Jahreshälfte wird dann mehr von den auf das Bauwerk und die Gesamtanlage bezogenen grundlegenden Arbeiten bestimmt. Entsprechend erfolgt zunächst vorrangig eine Bewirtschaftung des rein städtischen Museumsetats, während die Ressourcen des Landesvertrages schwerpunktmäßig in der zweiten Jahreshälfte zum Zuge kommen.

In diesem Jahr kommt hat das Museum mehrere kleinere Präsentationen als Jahresprogramm zusammengestellt. Die Blickpunktausstellung zur Hofmusik Wilhelm V. März-Mai, Herb Schiffer Juni-August und das Projekt zu J.W. Schirmers 200. Geburtstag ab September mit Projektabschluss 2008. Die Arbeiten zu den ersten beiden Ausstellungen sind zum Zeitpunkt des Kürzungsbeschlusses schon abgeschlossen und die Mittel entsprechend verausgabt. Die vom „Ministerpräsidenten des Landes NRW“ bewilligte Projektförderung des Schirmerjubiläums aufgrund der über Jülich hinaus reichenden Bedeutung für NRW wurde am 21.3. als Zuwendungsbescheid gefasst, der allerdings erst am 10. Mai bei der Stadt Jülich einging. Da die Zeit bis zum 200. Geburtstag am 7.9.2007 zunehmend knapp wurde, waren die notwendigen Aufträge im Vorfeld abgesprochen und konnten nach Eingang des Bescheides umgehend am 11.5. beauftragt werden. Dies betrifft alle projektmäßig einbringbaren Haushaltsstellen, von der Inventarisierung über Sachkosten, Druck, Werbung und Werkverträge – denn die Fördermittel fließen nur in dem Umfang wie eigene Mittel anteilig verausgabt werden.

Die jetzt in Abweichung von der Kontinuität des Haushaltssicherungskonzeptes der letzten Jahre verfügte Sperrung der Haushaltsansätze könnte also nur noch über den im Jahresablauf bislang nur anteilig verausgabten Titel für Aufsichtsdienste realisiert werden. Dies müsste eine fast umgehende Schließung des Museums zur Folge haben, was in Anbetracht der Hauptsaison (neben dem hauptsächlichen Imageverlust) auf einen Verzicht auf die Haupteinnahmen des Jahres hinaus laufen würde.

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