Bühne 80 zeigte launig spannende Premiere, Aufführungen noch 30./31. März

Jülich: Hommage an Hitchcock, Christie und Co
Von Redaktion [25.03.2007, 18.57 Uhr]

Inspektor Jordan tröstet die aufgeregte Sarah Radford.

Inspektor Jordan tröstet die aufgeregte Sarah Radford.

Der erste Mord lässt nicht lange auf sich warten. Einen Krimi mit Knalleffekt stellte die Bühne 80 in ihrer neuen Produktion auf die Bretter, die die Welt bedeuten. Mit Francis Durbriges "Mord am Pool" hat Dr. Christoph Fischer als Regisseur sein Erstlingswerk mit Bravour hingelegt. Launig und spannend war die Premiere in der vollbesetzten Stadthalle.

Mit gutem Gespür und Blick fürs Detail halten die Darsteller die Spannung im Publikum. Ob mit versteckter Anspielung auf den Miss-Marple-Fall "16.50 ab Paddington", mit dem Haushälterin Lucy reist, der Hommage an Hitchcock – wenn Regisseur Dr. Christoph Fischer in einer Cameo-Rolle als Bobby auftaucht – oder einem Stück Mitternachtsspitzen, dem Klassiker unter den Thrillern mit Doris Day in der Hauptrolle. Dies alles macht "Mord am Pool" zu einem Vergnügen. Der Reiz des Mitratens wird im Verlauf der Aufführung immer hörbarer. Jeden Szenenwechseln bis zum Showdown nimmt das Gemurmel im Zuschauerraum zu.

In einer englischen Wohnzimmer-Atmosphäre tummelt sich die zehnköpfige Personnage. Herrlich wie Matthias Scheid und Dieter Wittke als Bühnenbauern ihren Schauspielern den Rahmen geben, in dem vom kleinen Sekretär, der stilmöbeligen Bar bis zum Porträt der Queen und das des Hausherrn – eigens gemalt von Bühne-80-Ensemble-Mitglied Brigitte Claßen – bis aufs i-Tüpfelchen alles stimmt. Hierin können sich die Schauspieler selbstverständlich agieren. Allen voran Andreas Hardt als Inspektor Cliff Jordan, der wunderbar mit schiefgelegtem Kopf und verdrehten Augen zweifelnd gucken kann, columbomäßig im Trenchcoat mit wie zufällig mit wippenden Füßen und Daumen am Revers seine Zeugen vernimmt.

Umwerfend, weil stets ein Blickfang und gut für einen entspannenden Lacher extra, Petra Schwarz als Kate Warren. Die überkandidelte Fernseh-Köchin, modisch gekleidet mimt mal mit Augengeklimper den männermordenden Vamp, mal überzogen affektiert die mütterliche Freundin für die sorgengeplagte Sarah Radford.

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Riesenapplaus für das Ensemble der Bühne 80 nach gelungener Premiere von "Mord am Pool".

Riesenapplaus für das Ensemble der Bühne 80 nach gelungener Premiere von "Mord am Pool".

Eine Riesenleistung zeigte in dieser Hauptrolle Claudia Cormann-Wiersch: Keine Szene ohne sie, mal atemlos und aufgelöst bis in die Haarstränge, mal im grauen Twinset die distinguierte Unternehmersgattin gebend. Um sie herum gruppieren sich der selbstgefällige, windige Ehemann Jack (Bert Voiss), ihr Bruder Edward (Werner Weitz) – als vergeistigter, aber durchgefallener Pianist im trendigen Schwarz mit weißem Schal klischeehaft umrissen –, ein umsichtiger, freundschaftlicher Hausarzt Young (Hans Nehr), ein in sich gekehrter Anwalt Arnold Boston (Rudi Muschalek) und der aufstrebende, nervige und leicht kränkelnde Geoffrey Curtis (Thomas Weitz gibt hier ein gelungenes Debüt).

Bis in die weiblichen Nebenrollen hinein ist das Stück ausgesucht besetzt: Dunkle-Haare-sieht-nicht-schlecht-aus-Geliebte Anna Truman wird von Debüttantin Susanne Dreichlinger inklusive Bühnenkuss überzeugend dargestellt, und die leicht egozentrische Haushälterin Lucy mit dem Drang nach Höherem und unfreiwilligem Drang zur Komik zeigt sich Rosemarie David. Eine Herausforderung nannte Regisseur Dr. Christoph Fischer diese Krimiinszenierung im Vorfeld – die Bühne 80 hat sie angenommen und hervorragend bewältigt.

Gerade darum, weil den Schauspielern der Spaß an der Aufführung anzumerken war, und damit die Freiheit im Umgang garantierte, war es so gut und unterhaltend. Drei herrliche Patzer, bei denen Publikum und Schauspieler gemeinsam lachen konnten, versüßten die Aufführung. Etwa wenn der Inspektor nicht wie angekündigt durch die Türe kommt, ein Nachthemd versehentlich auf der Couch liegen bleibt und wie durch Geisterhand ins Rutschen gerät oder sich folgender Dialog entspinnt: Kate: "Wollten Sie mich noch etwas fragen?" Inspektor: "Nein, Sie wollten mich eigentlich fragen, ob Geoffrey noch bei Downingtons arbeitet." Kate: "Na, gut. Also: Arbeitet Geoffrey noch bei Downingtons?" Einfach gewinnend, wie dieses Ensemble sich und das Stück in Szene setzte.

Riesenapplaus war den zehn Darstellern, zwei Souffleusen, zwei Bühnenbauern, fünf Requisiteurinnen, drei Maskenbildnerinnen sowie Techniker und Assistenz rechtens beschieden. Blumen gab es für alle, besonders große Sträuße für Bert Voiss zum 25-jährigen Bühnenjubiläum und Claudia Cormann-Wiersch, die in dieser Aufführung als "Seele der Bühne 80" belobigt ihr 20jähriges feiern konnte und die einem noch dankeswilligen Regisseur die letzten Worte aus dem Munde nahm: "Bis nächstes Jahr!"

So lange müssen Fans allerdings gar nicht warten. Weitere Aufführungen gibt es am Wochenende 30./31. März jeweils um 20 Uhr in der Jülicher Stadthalle.

Lesen Sie hierzu: Interview mit dem Regisseur Dr. Christoph Fischer: Shakespeares Reiz und der Wert schauspielerischer Grundlagen


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