Aufklärungsfilm

Jülich: Kompass für „Menschen, mit dem Rücken zur Wand“
Von Dorothée Schenk [01.03.2007, 09.35 Uhr]

Sie sind "Kompass" (v.l.): Heinz Tietjen, Angelika Haß, Reinhold Braun und Betty Thimianidou.

Sie sind "Kompass" (v.l.): Heinz Tietjen, Angelika Haß, Reinhold Braun und Betty Thimianidou.

„Wir geben nicht das Ziel vor, nur den Weg“, beschreibt Institutsleiter Heinz Tietjen die Arbeit von „Kompass“, einer Tochter des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR). Im Jülicher Technologiezentrum sitzt die Zentrale. Wer sich hierhin wendet, ist in einer Sackgasse, in einer „verfahreren Situation“, wie Tietjen sagt. Vornehmlich aus dem Umfeld geistig behinderter Menschen kommen derzeit die Hilferufe. Die Klientel ist so unterschiedlich wie die Probleme, die sie mitbringen: Es sind Mitarbeiter von Behindertenwohnheimen, Angehörige und jüngst sogar eine geistig Behinderte selbst, die Beistand suchten. Meist stimmt die Kommunikation nicht mehr, bestimmen Aggressivität und daraus resultierende Frustration und Ratlosigkeit das Miteinander, wenn „Kompass“ einschreitet. Dabei ist jede Lösung individuell. „Der Kompass richtet sich ja auch nach dem Menschen aus, der ihn hält“, verdeutlicht Heinz Tietjen.

Die praktische Hilfe der so genannten Konsulentenarbeit zu beschreiben, birgt oft ein großes Potential an Missverständnissen. Das hat das Team um Heinz Tietjen nach einjähriger Tätigkeit bereits festgestellt. Aus dieser Erkenntnis wuchs ein Film: „Menschen, mit dem Rücken zur Wand“ heißt der Titel. Premiere hatte er am Mittwoch, 28. Februar, vor geladenem Publikum in der Aula des TZJ. An drei Fallbeispielen erläutert Der Film anschaulich die Beratungsmöglichkeiten von „Kompass“: Externe Berater sind etwa im Einsatz, die den Blick von außen und damit eine neutrale Betrachtung der Situation möglich machen. Lösungsansätze werden gemeinsam mit den Hilfesuchenden gefunden. Ein anderer Weg kann eine Video-Feedback sein, in dem Berater und Ratsuchender gemeinsam Bild für Bild die kritsche Beziehung aufarbeiten können. „Mit dem Rücken zur Wand“ beschreibt also nicht nur die Lebenswirklichkeit der Behinderten, die un- und missverstanden werden können, sondern auch die Menschen, die in ihrem Umfeld mit ihnen leben. In diesem Sinne sollen die laufenden Bilder werben für und aufklären über das Tun von „Kompass“.

Zuständig ist „Kompass“ – nachdem sie seit 2000 sechs Jahre ausschließlich für LVR-Einrichtung beratend tätig waren – für die gesamte Region der Regierungsbezirke Düsseldorf und Köln. Allerdings inzwischen sogar darüber hinaus. Bundesweit erreichen „Kompass“ Anfragen, da dieses Institut bundesweit einzigartig sei, wie Tietjen betont.

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Mit Blick auf die langjährige Erfahrung in den benachbarten Niederlanden, hier ist die Konsulentenarbeit seit 16 Jahren fest etabliert und stetig flexibel gewachsen, ist der Heinz Tietjen überzeugt, dass sich die Arbeitsfelder künftig erweitern: Betroffen sein können etwa Mitarbeiter in Senioreneinrichtungen, Demenzkranke und ihre Angehörigen, Pädagogen und natürlich auch Eltern, die mit ihrem Nachwuchs in der Sackgasse gelandet sind.

Das das Konzept zukunftsträchtig ist, belegen die Zahlen. Sind 60 Fälle zwischen 2000 und 2006 bearbeitet wurde, wurden ebensoviele Klienten im vergangenen Jahr betreut. Das Problem bleibt die Finanzierung – auch ein Grund für den Werbefilm. Während in den Niederlanden eine staatliche Stiftung für die pekuniäre Sicherung sorgt, trägt derzeit der Landschaftsverband Rheinland die Kosten frei nach dem Credo: „Wer Hilfe benötigt soll nicht auch noch das Geld dafür suchen müssen“, wie es Heinz Tietjen formuliert. Eine Lösung ist hier noch nicht in Sicht.

Wenden können Hilfesuchende an das Institut im Technologienzentrum Jülich unter der Rufnummer 02461-690750 und erste Informationen einholen im Internet unter www.konsulenten.lvr.de

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