Prof. Bers mit dem Rheinlandtaler ausgezeichnet

Jülicher Säule der rheinischen Geschichtsarbeit geehrt
Von Dorothée Schenk [23.05.2016, 19.36 Uhr]

„Der Prophet gilt nichts im eigenen Land“ sagt ein biblisches Sprichwort. Das trifft auf Prof. Günter Bers, echte Muttkraat und bis zu seiner Pensionierung Lehrstuhlinhaber für Geschichte an der Universität in Köln, nicht zu. Bereits 1995 erhielt er die Ehrenmedaille der Stadt Jülich, erinnerte Bürgermeister Axel Fuchs in seiner Begrüßung. Jetzt kam die überregionale Würdigung für seine ehrenamtliche regionale „Geschichtsschreibung“ hinzu: Der Landschaftsverband Rheinland ehrte den Gründer der Joseph-Kuhl-Gesellschaft und Herausgeber des „Forum Jülicher Geschichte“ und der „Kleinen Schriftenreihe“ mit dem Rheinlandtaler.

Eine große Schar an Gratulanten nahm an der Verleihung des Rheinlandtalers an Prof. Günter Bers teil.

Eine große Schar an Gratulanten nahm an der Verleihung des Rheinlandtalers an Prof. Günter Bers teil.

„Sie sind Schatzbewahrer und Schatzsucher zugleich“, würdigte Anne Henk-Hollstein, stellvertretende Vorsitzende der Landschaftsversammlung Rheinland den Auszuzeichnenden in ihrer Laudatio. Er sei eine „Säule der rheinischen Geschichtsarbeit“, dessen Leistungen außerhalb von Lehrer und Forschung außerordentlich seien: Die „Mühe um das kulturelle, historische und geistige Erbe des Rheinlandes und vor allem um ihre Heimat Jülich sowie Ihr herausragendes Engagement im kulturellen Vereinsleben, für ihre schriftstellerische Schaffenskraft in der Wissenschaft und für Ihr Vermögen, Fachlichkeit und Forschung den Menschen solide zu vermitteln“ nannte die Laudatorin in ihrer Zusammenfassung als Begründung. „Eigentlich haben Sie ihn ja gleich mehrfach verdient,“, meinte Anne Henk-Hollstein schmunzelnd, „denn Ihre Leistung reicht für mehrere Leben. Aber heute gibt es nur ein Exemplar.“

Eigens aus diesem Anlass war eine „hochkarätige Delegation aus Düren“ gekommen. Landrat Wolfgang Spelthahn witzelte, dass Professor Bers es an diesem Tag geschafft hätte, traditionelle Kreisgrenzen zur Makulatur zu machen. Er sprach dem im besten Sinne gemeinten „Lobbyisten für öffentliches Bewusstsein des Kulturlebens“ seine Glückwünsche aus. Prof. Bers sei Mahnern, dass nicht als erstes der Rotstift beim Stadtarchiv angesetzt werde, „sondern im Pflichtenheft der kommunalen Ordnung“ zu behalten sei. Die Bedeutung und Notwendigkeit eines Netzwerks an Historikern gerade in Zeiten von AfD-Parolen und mit Blick an Österreich, betonte der Landrat und die „große Verpflichtung, Geschichte lebendig zu halten, um jüngere Menschen vor Irrwegen zu bewahren“.

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Die Freude über die Auszeichnung ist dem Geehrten deutlich anzusehen.

Die Freude über die Auszeichnung ist dem Geehrten deutlich anzusehen.

„Erschüttert über all diese Lobesreden“ zeigte sich der Rheinlandtaler-Träger Bers und meinte bescheiden: „Ich möchte annehmen, dass sie stark übertrieben sind.“ Wie um sein Bild von sich gegenüber den Festgästen wieder zurecht zu rücken, gab sich der Frischgeehrte durchaus angriffslustig in seiner Dankesrede, als er an die Jubiläumsausstellung „Wilhelm 500“ anknüpfte.

Schon seit Studientagen, erzählte er, beschäftige er sich mit der Wilhelm V. 1964 habe Prof. Petri ihm aufgetragen, eine Biografie über der jülich-klevischen Herrscher zu schreiben. Nach vier Jahren wäre ein Kapitel fertig gewesen und heute wisse er, wie unrealistisch diese Aufgabenstellung gewesen sei. Seine Erkenntnis nach den vielen Jahren der Beschäftigung mit Wilhelm, dem Reichen zeigten, „welch unselbständiger und schwacher Fürst dieser Mann gewesen ist“. Der Historiker räumte in seiner ruhigen Art aber im 76. Lebensjahr mit hörbarer Gelassenheit ausgestattetem Selbstbewusstsein ein, dass diese Betrachtungsweise in Jülich vielleicht nicht so gut ankommen werde. Das hinderte ihn nicht daran, noch weitere Erkenntnisse preiszugeben: „Bei einer politischen Bewertung könnte man sagen“, fuhr er fort, „die vereinigten Herzogtümer Jülich-Kleve-Berg waren – jedenfalls seit 1543 – gleichsam die DDR des Habsburger Reiches.“ Wilhelm V. hätte keine große Entscheidungsfreiheit gehabt, vielmehr sei er Befehlsempfänger der Habsburger gewesen. Der Neubau von Stadt und Zitadelle Jülich sei quasi ein Außenposten der habsburgischen Niederlande. Auffällig sein, dass der Herzog Hambach als Schlafstatt seinem repräsentativen Schloss in Jülich, das kein deutscher Herrscher seiner Zeit in dieser Form besaß, vorzog. Die Zitadelle strahle den Charme eines Natobunkers aus, beschrieb es Prof. Bers, was sich von den unterirdischen Kasematten aus erschließe.

Kein Zweifel blieb dennoch den Gästen über die tiefe Zuneigung zu seiner Heimatstadt Jülich, in der er nach wie vor seinen zweiter Wohnsitz halte. Hier möchte er auch in einem der drei Familiengräber bestattet werden. Schmunzelnd fügte er hinzu: „Ich werde also als Leiche auch noch in Jülich präsent sein.“


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