Ansprache zur Eröffnung des Erlebnisraums Römerstraße in Jülich
Von Heinrich Stommel [01.10.2014, 17.27 Uhr]

Bürgermeister Stommel (M) und Dezernentin Katarina Esser (4.v.l) ließen sich von Museumsleiter Marcell Perse die Ausstellung erläutern.

Bürgermeister Stommel (M) und Dezernentin Katarina Esser (4.v.l) ließen sich von Museumsleiter Marcell Perse die Ausstellung erläutern.

Ich begrüße Sie ganz herzlich zur Eröffnung des Erlebnisraumes Römerstraße – Via Belgica in Jülich. Heute geht nicht nur das Informationszentrum im Südostturm der Zitadelle Jülich in Betrieb, sondern auch die radtouristische Erlebnisroute, die Tourismusinformation auf dem Schloßplatz und das Dokumentationszentrum im Museumsbüro im Kulturhaus am Hexenturm. Mein Dank gilt an erster Stelle dem vom Landschaftsverband Rheinland geleiteten Gesamtprojekt „Erlebnisraum Römerstraße“, durch das wir diese nachhaltige Stärkung der touristischen Infrastruktur in Jülich realisieren konnten. Und damit den Fördergebern EU und Städtebauförderung des Landes NRW.

Schön, dass Sie, Herr Dr. Otten, heute als Vertreter des Landesministeriums für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr diesen „Meilenstein“ (wenn wir im Vokabular der Straßengeschichte bleiben) bei uns eröffnen. Den nicht ganz einfachen Weg dorthin haben wir in einer gemeinsamen Kraftanstrengung bewältigt. Dafür danke ich allen beteiligten Personen und Ämtern innerhalb der Stadtverwaltung, ganz besonders auch dem Gymnasium Zitadelle der Stadt Jülich, das durch die aktuellen Maßnahmen in und um die Zitadelle einer ganz besonderen Belastung ausgesetzt ist. Meinen Dank richte ich stellvertretend an Sie, Frau Dr. Körver, die Sie mit dem Amtsantritt als Schulleiterin sich auch die Zusammenarbeit mit dem Museum mit neuer energie erfüllt haben.

Das nun fertig gestellte Dokumentationszentrum ist gerade auch für die Arbeit mit Schülerinnen und Schülern geeignet. Wer hat schon einen eigentlich außerschulischen Lernort innerhalb seiner Räumlichkeiten! Ein besonderes Anliegen ist es mir, der Bezirksregierung Köln und dem BLB NRW Niederlassung Aachen zu danken, die in enger Abstimmung mit dem Museum die notwendigen baulichen Voraussetzungen für die Schaffung des Dokumentationszentrums Via Belgica durchgeführt haben. (Ich begrüße Frau Abraham von der Bezirksregierung Köln und Herrn Mülheims vom BLB.) Das Land NRW als Eigentümer der Zitadelle ist sich der außerordentlichen Bedeutung der Zitadelle immer bewusst und zeigt dies auch in den aktuellen Aktivitäten. Ich verweise nur auf die aufwändigen Arbeiten im Schlossinnenhof, die Sie heute im Rahmen des Tags des offenen Denkmals besichtigen können.

Der neu gestaltete Südostturm der Zitadelle ist nun das Aushängeschild und die Visitenkarte des Museums und Entree für die vielgestaltige Vermittlung des Landesdenkmals Schloßfestung Zitadelle. Allen, die an Entwurf und Einrichtung beteiligt waren, danke ich für ihre sorgfältige Arbeit. Wir hatten gute Handwerker als Partner. Allen voran begrüße ich mit Herrn Klimek den Projektleiter des Gestaltungsbüros Dr. Hermanns aus Münster.

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1992 wurde im Kulturhaus am Hexenturm das Stadtgeschichtliche Museum Jülich eröffnet. Nach bis dahin 90 Jahren Museumsgeschichte in Jülich war dies insoweit ein herausragendes Ereignis für die Stadt, dass es einerseits damit eine professionelle Dauerausstellung gab und andererseits von nun an das Museum hauptamtlich geleitet wurde. Die Erfahrungen der ersten Jahre am Standort Kulturhaus zeigten aber, dass dieser für Besucher weitaus weniger attraktiv war, als die historischen Räume in der Zitadelle. So war es nur konsequent, dass wir 1998 in der Zitadelle in enger Kooperation mit dem Land NRW das Museum Zitadelle in Betrieb nahmen.

Schon damals fasste der Rat der Stadt Jülich den Grundsatzbeschluss, das Museum vollständig in die Zitadelle zu verlagern. Mit dem Projekt „Erlebnisraum Römerstraße“ konnten wir diesem Vorhaben einen bedeutsamen Schritt näher kommen. Highlights der ehemaligen Dauerausstellung im Kulturhaus am Hexenturm, wie das Lackprofil der römischen Straße, sind nun in der Zitadelle zu bewundern. Dem selbst gesteckten Ziel, die Geschichte und Kultur Jülichs sowie der Region in umfassender Weise darzustellen, sind wir damit deutlich näher gekommen. Den nun anstehenden weiteren Ausbau der Dauerausstellung im Schlosskeller können Sie mit Spannung erwarten – auch wenn ich Sie hier noch um etwas Geduld bitten muss.

Aber auch wenn wir als Kommune mit schwierigen Rahmenbedingungen zurecht kommen müssen, dürfen wir die Perspektive in die Zukunft nicht aus dem Blick verlieren und aus der Hand geben. Für die Region der Braunkohlefolgelandschaften, die um Jülich entstehen, wird die Zitadelle der unverzichtbare historische Nukleus sein, in dem man sich der Geschichte von Stadt und Region bewusst werden kann. Daran arbeiten wir schon heute – und dass systematisch seit Jahren mit einem engagierten Museumsteam. Allen haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Museums möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich die Wertschätzung der Stadt für Ihre seit Jahren kontinuierlich einfallsreiche und kreative Arbeit ausdrücken. Sie, liebe Gäste, können heute am Europäischen Tag des offenen Denkmals wieder verschiedene Kostproben davon erleben.

Jülich ist seit seiner Gründung vor 2000 Jahren immer ein wichtiger Durchgangsort gewesen. Die Stadt verdankt ihre Bedeutung der Straße, die über sie in die Niederlande führte. Zahlreiche bedeutende Persönlichkeiten sind im Laufe der Zeit durch Jülich gekommen und haben hier mitunter einer Rast eingelegt: Könige, Kaiser, Fürsten, Künstler, Gelehrte, aber auch einfache Händler, Pilger, Kaufleute legten hier einen Stopp ein. Der strategisch bedeutsame Übergang über den Fluss Rur, an der Jülich liegt, bedeutete aber auch, dass dieser Ort immer im Fokus des Militärs stand. Die Geschichte Jülichs ist über Jahrhunderte die Geschichte von Befestigungen und Krieg.

Höhepunkte in diesem Zusammenhang sind der Ausbau Jülichs zur idealen Stadt- und Festungsanlage in der Mitte des 16. Jahrhunderts und die Belagerungen im frühen 17. Jahrhundert. Damals schaute ganz Europa auf die Mauern und Wälle dieser Stadt – auch dies zeigt übrigens das neue Dokumentationszentrum. Die strategische Bedeutung sollte die Stadt am Ausgang des Zweiten Weltkriegs mit aller Härte zu spüren bekommen, als um den Rurübergang bei Jülich zwischen US-amerikanischen Truppen und der Wehrmacht 155 Tage lang gerungen wurde. In diesem Zusammenhang stand auch der verheerende Luftangriff auf Jülich am 16. November 1944, der sich in diesem Jahr zum 70. Mal jährt. Wir werden diesen Jahrestag in ganz besonderer Weise begehen, wozu ich Sie jetzt schon einladen möchte.

Wenn es uns gelingt, mit dem Museum und unseren weiteren Aktivitäten, zum Nachdenken über unsere Herkunft und unseren Weg in der Geschichte anzuregen, dann haben wir viel erreicht. Machen wir uns also gemeinsam auf den Weg – ganz real als Radfahrer auf der Via Belgica und in unserer Vorstellungswelt als Reisende durch die Zeit.

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