Archäologische Fundgrube ist dem Statiker ein Graus

Bagger „entdeckt“ alte Ziegelei am Wallgraben in Jülich
Von Dorothée Schenk [23.09.2005, 18.05 Uhr]

Im Schatten des Baggers sichern Bernhard Dautzenberg und Regina Schneider archäologische Funde am Wallgraben.

Im Schatten des Baggers sichern Bernhard Dautzenberg und Regina Schneider archäologische Funde am Wallgraben.

Auf das Niveau des 16. Jahrhunderts begeben sich derzeit Bernhard Dautzenberg und Regina Schneider am Wallgraben. Dort, wo die Bagger den Aushub für das Seniorendomizil „An der Zitadelle" und die Seniorenresidenz Albert-Eduard-Schröder-Haus tätigen, sind die Mitarbeiter des Museums Zitadelle mit Zeichenbrett und Fotoaparat zur archäologischen Sicherung unterwegs. In den zwei Baugruben finden sich nämlich Bodenschichten, die Aufschluss geben über die Zeit, als dereinst die Zitadelle gebaut wurde.

„Wir finden beeindruckend große Flächen mit Tonlinsen“, wie Museumsleiter und Archäologe Marcell Perse erläutert. Aus diesen ließen die Bauherrn der Renaissance die Steine gewinnen, die sie für den Bau der Festung verwendeten. Ein englischer Gesandter berichtete im 16. Jahrhundert, dass der Himmel über Jülich verdunkelt war, weil dort die Feldbrandziegeleien rauchten. Der rötlich gefärbte Boden legt Zeugnis davon ab. Es sind die heruntergefallenen Fehlbrände, also unbrauchbaren Ziegel, die der Erde ihre Färbung geben. „Es ist nicht zu erwarten, dass hier große Funde, wie Waffen oder ganze Geschirre oder Haushaltsgeräte, auftauchen werden“, so Perse. Im weiteren Verlauf der Geschichte wurden an dieser Stelle nämlich weitere Festungsvorbauten angelegt. So werden von Bernhard Dautzenberg und Regina Schneider ledlich einige kleine verirrte Scherben gesichert, die zur zeitlichen Bestimmung wichtig sind.

Werbung

Museumsleiter Marcell Perse ist erfreut über die Ausgrabung der „Tonlinsen".

Museumsleiter Marcell Perse ist erfreut über die Ausgrabung der „Tonlinsen".

Die ausgebaggerte tönerne Erde am Wallgraben ist „der Albtraum eines jeden Statikers“, O-Ton Perse. Der Boden ist nämlich brüchig und so gar nicht zum Bebauen geeignet. Erst aufgeschütteter Kies gibt dem Untergrund wieder die Standfestigkeit für die wachsenden Seniorenwohnanlagen. Bevor aber aufgeschüttet wird, sind die Archäologen dran. Der einst städtische Baugrund wurde „archäologiefrei“, wie Museumsleiter Perse erklärt, verkauft. Das dieser Zustand hergestellt wird, dafür sorgt in den kommenden zwei Wochen der Stab des Museums. Wenn die Bagger wieder die Herrschaft am Wallgraben vollständig angetreten haben geht die Abeit für die Archäologen im Büro erst richtig los: Die Dokumentation wird zu zusammenhängenden Plänen verbunden, mit historischen Plänen verglichen. Das Ergebnis liegt nächstes Jahr vor und wird nicht nur als schriftlicher Bericht sondern auch als Museumsvortrag der Öffentlichkeit vorgestellt.

Was sonst noch ausgegraben wurde: Zum Text Jülich: Evakuierung nach Bombenfund


Dies ist mir was wert:    |   Artikel veschicken >>  |  Leserbrief zu diesem Artikel >>

NewsletterSchlagzeilen per RSS

© Copyright