Launiger Festakt
Kunstverein Jülich hat 2035 Wohnrecht im Hexenturm
Von tee [08.06.2013, 10.00 Uhr]
Dass Kunst nicht bierernst ist und sich selbst auch nicht so wahrnimmt zeigte der Kunstverein Jülich: Zum 35. Gründungsfest hatte der Vorstand um Kirsten-Müller Lehnen geladen und unterhielt anderthalb Stunden lang seine Gäste mit einem ungewöhnlichen Jubiläumsprogramm.
![]() Mit 35 Jahren ist lange noch nicht Schluss: Kirsten Müller-Lehnen wagt den Zeitsprung ins Jahr 2035 |
Das Klappern zum Handwerk gehört erlebten sogar die Passanten am Hexenturm: Vor den Mauern der "Kunstvereins-Galerie" absolvierte eine Schamanin ihr "Götterbesänftigungsprogramm". Dazu gehörte, dass sie Geld an die Wand warf und die Anwesenden aufforderte, nach dem "Trommelwirbel" Münzen aufzuheben und zu sagen, für welchen Zweck es verwendet werden soll. Da zeigte sich, dass die Jülicher doch ganz gerne beobachten…
Zuhören konnte sie nachdem der Tross der Feiernden unter Rassel- und Trommelklang in den Hexenturm eingezogen war: Großes Lob erhielt das "Geburtstagskind" vom stellvertretenden Bürgermeister Wolfgang Gunia, der konstatierte, dass es zwar einige Geschichtsvereine, aber nur einen Kunstverein in Jülich gäbe. Verwundert habe er festgestellt, dass in Jülich die Führung des Kunstvereins fast ausschließlich in weiblicher Hand gelegen hätte und es so unverständlich sei, dass Frauen in der "Championsleague der Malerei so gering vertreten seien: Angelika Siefert als erste Vorsitzende 1978, anschließend Käthe Weden, Dr. Birgit Leyens und nun Kirsten Müller-Lehnen. Ausnahme ist Interims-Vorsitzender Peer Kling. "Es heißt ja auch ,die Kunst'" kam der Einwurf aus dem Auditorium.
Mirjana Stein-Arsic als Mitglied der ersten Stunde ließ die Gründerjahren Revue passieren, als der Kunstverein noch in der Stadthalle ausstellte und aus dem Hexenturm das gemacht habe, was er ist. Musikalisch in die Vergangenheit begleitete Vize-Vorsitzender Dieter Laue im Look der Blumenkinder die Gäste, die gerne in Scott McKenzies "San Francisco" und "The House of the Rising Sun" einstimmten und da war die Brücke wohl der Evergreen und nicht die Entstehungszeit in den 60ern.
![]() Ausklang zwischen Kunst in gemütlicher Runde |
Einen krassen Zeitsprung ins Jahr 2035 absolvierte lässig Kunstvereins-Vorsitzende Kirsten Müller-Lehnen im Duett mit Schatzmeister Jürgen Dornseiffer: Am Rollator und mit Glatze simmulierten sie die Kunstbegegnung in der dritten Dimension, in der Museumsleiter Marcell Perse den alten Menschen im Museum Wohnrecht einräumt für die Dauer der Ausstellungen den Kunstvereins, weil die KG Ulk es nach der Übernahme noch nicht geschafft habe, einen barrierefreien Zugang einzurichten.
Weil die chinesischen Gast-Studenten der Fachhochschule auf einmal ihr Herz für Jülicher Kunst entdeckten sind Rudolf Vaasen und Mirjana Stein-Arsic endgültig für Otto-Normal-Kunstliebhaber unbezahlbar - aber der Kunstverein Jülich ist durch den Ausverkauf der heimischen Werke so reich geworden, dass er sich ein Sommerdomizil an der Algarve in Portugal leisten können. Dort trifft man sich mit illustren Gästen wie Gerhard Richter, der dann auch endlich im Hexenturm ausstellen möchte.
Aus diesem launigen Exkurs zurück in die Gegenwart brachten Peer Kling und Rosemarie David die Besucher. Was ist eigentlich Kunst, dieser Frage ging der Sachverständige mit der Kunstbaunausin nach, die vor einem Kunstwerk stehend bemerkt, "Das sieht aus, alt hätte sich da ein Vogel…" und darauf deutend prompt die Alarmanlage auslöst. Abstrakt eben, "wie Filme, die keine Handlung haben aber wunderschön sind", erläutert der bekennende Cineast Peer Kling und Bühne-80-Frau Rosemarie David kontert "…aber die will auch keiner sehen." Aber schließlich: "Jeder Mensch ist ein Künstler" erklärt Peer Kling nach Joseph Beuys, der übrigens in den Anfangsjahren des Kunstvereins im Hexenturm ausgestellt hat. Sehr gelungen, kurzweilig und pfiffig dieser Exkurs, der neben dem Applaus viel lachende Zustimmung erhielt.
Nach so viel Information konnten sich die Gäste am "3-Jahrzehnte-Büffet" mit Käse-Igel und gefülltem Ei stärken und wer gut aufgepasst hatte, der konnte den Kunst-Quiz ausfüllen. Der Hauptgewinn ist natürlich künstlerisch: Eine Kunstvereins-Fahrt mit Marlies Keil nach Amsterdam.
Nach dem gelungen Auftakt folgt das Finale am Sonntag, wenn bei der Benefiz-Versteigerung die Werkspenden ab 11 Uhr versteigert werden.
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