„Wer Mut zeigt, macht Mut!“
Von Martin Thees [25.04.2013, 22.19 Uhr]

„Wer Mut zeigt, macht Mut!“

Martin Thees

Martin Thees

Wer sich mit den Schriften, den Aussagen und Zitaten Adolph Kolpings beschäftigt, wird vielleicht fasziniert sein von dem, was er über das Wort „Mut“ aussagt.

Ich las dieser Tage in einem Buch über ihn: „Sein Lebenswerk, sein Geist und seine Begeisterung sind ohne Mut überhaupt nicht vorstellbar, geschweige denn zukunftsfähig. Zukunft und Mut sind für unseren Verbandsgründer die beiden wichtigsten und zukunftsweisenden Geschwisterpaare, und das auch über 150 Jahre Verbandsgeschichte hinaus.

Angesichts der gegenwärtigen Krisen in Kirche und Gesellschaft braucht es gehörigen Mut, um allen Arten und Unarten von Missbrauch und Missetaten, Missständen und Missmut, Misstrauen, Missverständnissen und Missverhältnissen wahrhaftig mutig entgegenzutreten. Jetzt ist Mut angesagt, und zwar in Form von Ehrlichkeit und Aufklärung, Transparenz und Umkehr, Beistand und Begleitung – und ein mutiger Aufbruch innerhalb unserer Kirche zu neuen Horizonten“* und ich ergänze, der neue Papst mit seinen ersten Zeichen macht mir neuen Mut.

„Wer Mut zeigt, macht Mut!“, sagt Adolph Kolping. Aber muss da nicht zuerst ein „Mut haben“ vorausgehen? Wer Mut hat, ist bereit, Gefahren, Risiken, Widerwärtigkeiten auf sich zu nehmen, besonnen abzuwägen, was richtig und falsch sein kann, hoffend und zuversichtlich auf einen glücklichen Ausgang. Wer Mut hat ist bereit, sich in Unsicherheiten zu begeben, und Christa Wolf sagt: „Wer hat uns das je beigebracht!“

Mut haben – Mut zeigen: Das gilt für alle im Kolpingwerk, für den Erwachsenenverband ebenso wir für die Kolpingjugend, für Junge und Alte, und schließlich für jede Kolpingsfamilie. Da kann man dann schon einmal fragen: „Woran erkennt die Bevölkerung, dass die Kolpingsfamilie XY Mut hat und Mut zeigt?“

„Adolph Kolping war schon zu seiner Zeit ein großer Mut-Macher: Auf der Seite der Handwerksgesellen, denen er ein Stück Heimat vermittelte, gegenüber so manchen Verantwortlichen in Kirche und Politik, denen er christliche Grundwerte zur Lösung der Sozialen Frage ins Gewissen redete und mutig für die Botschaft des Evangeliums einstand.“ Das wäre ja ganz spannend, die derzeitige Kriseninterventionspolitik von den Grundwerten der katholischen Soziallehre zu denken. Vielleicht würden wir dann wie Adolph Kolping kritisch beobachtet, müde belächelt und möglicherweise zurückgewiesen. Er ließ sich davon nicht beeindrucken – das nenne ich Mut zeigen.

Liebe Kolpingsfamilie hier in Jülich, liebe Gäste, darf ich fragen, wann und wo Ihr und ich auch es schaffen, Angst zu überwinden oder „Freude an der Unsicherheit zu gewinnen“, etwa wenn unsere Überzeugung nicht mehr marktfähig scheint, d.h. wenn unsere Überzeugungen nicht mehr nachgefragt werden auf den Märkten der Bequemlichkeit, Egozentrik, Entsolidarisierung und eines Immer-mehr-Haben-Wollens.

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Machen wir uns Gedanken und erheben wir unsere Stimme, wenn in Syrien tagtäglich ein Bürgerkrieg Unschuldige umbringt, tagtäglich Zehntausende Kinder weltweit an Hunger und seinen Folgen sterben, wenn menschenverachtender Kapitalismus so viele Leben und Gottes Schöpfung zerstört? Wo bleibt da unser mutiger Aufschrei?

Ja, es ist richtig, wenn KOLPING und seine Kolpingsfamilien zuversichtlich und mutig die gegenwärtigen sozialen Verhältnisse auch vor Ort analysiert, um die Nöte der Zeit zu erkennen und dann kreativ zu handeln. Wir bei KOLPING treten für die Rechte von Benachteiligten, für die Bedürfnisse junger Menschen in Ausbildung und Beruf, für einen hohen Stellenwert der Familie in unserer Gesellschaft, für Gerechtigkeit als zentrale Kategorie im Umgang mit den Fragen des demografischen Wandels, für eine weltweite Gerechtigkeit in Fragen der Einen Welt ein. Haben wir eigentlich Angst oder Mutlosigkeit, so etwas offen zu sagen?

Manchmal frage ich mich, ob unsere Kolpingsfamilien und ich auch einfach zu brav sind. Was steht in unseren Monatsbriefen, was auf unseren Internetseiten, auf den Plakaten und in den Flyern?

Gestern war ich auf einer Veranstaltung mit Edmund Erlemann aus Mönchengladbach, der in den 70-er Jahren bei der Würzburger Synode eine Kommission geleitet hat, die sich mit „Kirche und Arbeiterschaft“ beschäftigte. Noch heute bedauert er, dass es damals nicht gelungen ist, Kolping, also unseren Verband, mit ins Boot zu holen, als es um das Ziel ging, die Kirche für die Arbeiterschaft zu sensibilisieren und sich den niedrigen sozialen Schichten zuzuwenden. Wie mutig zeigte sich da unser Papst Franziskus in seiner Forderung einer „armen Kirche für die Armen“.

Liebe Kolpingsfamilie Jülich. 25 Jahre hier in Jülich das Kolpingbanner zu zeigen, also Flagge zu zeigen, dazu gehört in unserer heutigen Zeit und auch in der Jülicher Gesellschaft ein gewisser Mut. Wahrscheinlich werdet Ihr hier kaum angefeindet, ich glaube, eine größere und subtilere Anfeindung ist das Nichtbeachten, das Übergehen, die Zuschreibung der Bedeutungslosigkeit.

Ich wünsche Euch, Mut zu haben, zu zeigen und dadurch zu machen. Die 25 Jahre haben Euch schon gezeigt, dass es nicht immer aufwärts geht, sondern dass es auch schon einmal Rückschläge und Niederlagen gibt. Habt den Mut, wieder aufzustehen und vorwärts zu gehen, das Wort zu ergreifen und parteiisch zu sein, auf der Seite der Benachteiligten in Kirche und Gesellschaft.

Gott segne Eure weiteren Schritte! Treu Kolping

* Zitate aus: Dietz, Clemens: Wer Mut zeigt, macht Mut, in: Vollmer/Grünewald: Worte Adolph Kolpings für den Alltag von heute, Köln 2012, S. 70 f

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