Zu viel Sonne?
Von Dorothée Schenk [21.06.2006, 17.10 Uhr]

Das Zitadellenfest war einfach zauberhaft. Daran gibt es nichts zu rütteln. Die Sonne erzeugte Backofentemperaturen. Auch das ist unstrittig. Aber liegt das Ausbleiben der Besucher ausschließlich am Wetter? Die Ursachen liegen tiefer und bedürfen mehr als ein Schulterzucken. Die Frage nach der Zukunft des Zitadellenfestes steht im Raum.

Zunächst aus dem offensichtlichsten Grund: Geld fehlt. Bereits im Vorfeld ist über die Probleme in der Finanzierung gesprochen worden. Das Geld sitzt nicht nur der Wirtschaft nicht mehr so locker. Horst Mewis, Chef der Jülicher Zuckerfabrik, hat als Sponsor der Maushagen-Ausstellung bereits zur Eröffnung gesagt, dass bei steigender Gewerbesteuer künftig kein Sponsoring im bekannten Maße mehr möglich sei. Was Mewis laut aussprach sagen viele Unternehmer im Vieraugengespräch mit Veranstaltern.

Hinzu kommen die leeren Kassen von Stadt, Kreis und Land. Stellte die Stadt früher die Dienste etwa des Bauhofes kostenfrei zur Verfügung, müssen sie jetzt bezahlt werden. Ein zusätzlicher Kostenfaktor für die Organisatoren. Der Grund liegt wohl darin, dass Marianne Lohmer nicht mehr zur Stadtverwaltung gehört, sondern zur hundertprozentigen Tochtergesellschaft Brückenkopf-Park GmbH. Sie ist die einzige hauptamtliche Organisatorin und Projektleiterin, die neben ihrer Aufgabe als Kulturmanagerin der GmbH die Fäden der Großveranstaltung verantwortlich zusammenführen musste.

Geld fehlt aber nicht nur dort, sondern auch in den Taschen der Besucher. Das führt zum grundlegenderen Problem: Die Stadt schafft sich selbst zuviel Konkurrenz. Jede verdiente Mark kann nur einmal ausgegeben werden. Zum Eintrittspreis kommen der Verzehr und vielleicht noch ein Souvenir. Das kostet.

Der Jülicher Sommer krankt an einem Überangebot an Veranstaltungen. Seit Jahren ein bekanntes Problem, das nicht angegangen wird. Zwischen Mai und August finden wenigstens zwei überregionale Großveranstaltungen je Monat statt. Der Wille zur Beschränkung fehlt. Bleibt die Frage nach dem Grund: Ist es Eitelkeit?

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In einem Jahr, in dem das Zitadellenfest gefeiert wird – einst das Fest am Ort – findet vier Wochen zuvor der Kunsthandwerkerinnen-Markt statt. Ehe die Sommerferien bis September dauerten, fand der Markt am letzten Ferienwochenende statt. Das hätte in diesem Jahr wieder so sein können. Stattdessen fand er eine Woche vor dem Zitadellenfest statt. Über 20.000 Menschen flanierten auf dem Schlossplatz.

An Pfingsten lockte das Epochenfest rund 20.000 Menschen in den Brückenkopf-Park. Dem Otto-Normal-Festbesucher ist sicher der Unterschied zwischen Zitadellenfest als historischem Renaissance-Fest und der epochalen Veranstaltung am Lindenrondell nicht verständlich zu machen. Die Brückenkopf-Park GmbH als Veranstalter hätte das aber wohl überblicken können. Ein Verzicht wäre hier gut gewesen. Sicher fehlen dem Park dann die 20.000 Besucher in der Bilanz, dafür stimmt die Bilanz des Zitadellenfestes nicht mehr.

Für das Image der Stadt Jülich ist das Zitadellenfest wichtig. Es transportiert die Geschichte unserer Stadt und schafft Identifikationspotentiale nach außen und nach innen für die Jülicher selbst. Kultur wird hier geboten, die es sonst so nicht zu erleben gibt. Mal abgesehen von dem Arbeitsaufwand. Fast ganz Jülich war an der Veranstaltung beteiligt: Schulen, Kindergärten, Vereine und Institutionen – sie haben viele Besucher und verbalen Applaus verdient.

Überdacht werden muss auch, ob es sinnvoll ist, Kultur und Stadtmarketing weiterhin unter der Ägide des Brückenkopf-Parkes segeln zu lassen. Zu unterschiedlich sind die Bedürfnisse, wie dereinst bereits gemutmaßt wurde. Das scheint sich jetzt zu bewahrheiten.

Nach dem Zitadellenfest ist vor dem Zitadellenfest. Wollen die Verantwortlichen diese lohnenswerte Veranstaltung erhalten, müssen jetzt richtungsweisende Entscheidungen gefällt werden.

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