Gemeinsamer offener Brief der Schulpflegschaften Niederzier-Merzenich und Langerwehe
Von Kurt Haße und Dr. Karl Wolter [18.02.2013, 21.00 Uhr]
von Kurt Hasse, Gesamtschule Niederzier/Merzenich, Sek I und II, und Dr. Karl Wolter, Gesamtschule Europaschule Langerwehe, Sek I und II
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„Die Grundidee der Gesamtschule liegt schon viele Jahrhunderte zurück. Schon zu Zeiten von Comenius (16. Jh) gab es erste Tendenzen zum gemeinsamen Lernen aller Kinder, gleich welchen Standes…“ (Zitat aus Integrierter Gesamtschule – Zwischen Anspruch und Realität)
Diese Grundidee sollte hinter jeder Gesamtschule stehen und weiterentwickelt werden. Wir als Schulpflegschaftsvorsitzende der Gesamtschule Niederzier/Merzenich und Gesamtschule Europaschule Langerwehe arbeiten gemeinsam mit allen Lehrern und Eltern in diesem Sinne für unsere Schüler und das nicht nur an unseren Schulen, sondern auch in regionalen und überregionale Gremien.
Wir sind für jede Verbesserung, die als Ziel hat, die Bildung und somit die Zukunftschancen aller Kinder zu ermöglichen. Dieses wurde z.B. durch die Neugründung der Gesamtschule im Selfkant zu Beginn dieses Schuljahres mit Erfolg umgesetzt.
Auch wir verfolgten in den letzten Monaten und Wochen de Diskussion um die Neugründung der Gesamtschule in Aldenhoven/Linnich. Jedoch konnten wir die Argumentationen der Befürworter nie verstehen, da die Pläne in unseren Augen die Grundidee der Gesamtschule „Gemeinsames Lernen im sozialen Verbund“ komplett ignorieren. Eine Schule, egal welcher Schulform, hat neben dem Bildungsauftrag auch einen sozialen Auftrag: Das gemeinsame Lernen in einem durchstrukturierten, organisierten System.
Dieses kann in unseren Augen das vorgelegte Konzept „Gesamtschule Aldenhoven-Linnich“ nicht erreichen.
• In den ersten zwei Jahren können die Schüler durch ihre räumliche Trennung nicht zu einer Gruppe zusammenwachsen.
• Die Lehrer werden Sommer wie Winter zwischen den beiden weit entfernten Schulstandorten pendeln und nicht bei ihren Schülern sein. Hierzu müssen sie während sog. „Springstunden“ mit dem Privatfahrzeug das Schulgebäude wechseln. Ein Krankheitsfall, der auch bestehende Schulen immer vor Probleme stelle, wird in dem geplanten System sofort spürbare Auswirkungen haben.
• Insbesondere in den Jahrgängen 5 und 6 müssen Integration, Angleichung und Orientierung im Sinne eines gemeinsamen Lernens bedacht werden. Eine Standorttrennung in diesen Jahrgängen wirkt dem entgegen.
• Wenn die Klassengemeinschaft sich mit Ende des 6. Schuljahres gefestigt haben, wird durch den Umzug der Schüler von Linnich nach Aldenhoven das geplante System die Schüler wieder durcheinander bringen. Was wird dann geschehen? Bleiben die Klassen erhalten, oder stellt man sie neu zusammen? Die Schüler befinden sich durch Pubertät bedingt in einem schwierigen Lebensabschnitt, der klare Regeln erfordert.
• Was geschieht dann im Jahrgang 9? Müssen die Schüler zwischen den beiden Aldenhovener Gebäuden der Hauptschule und der Realschule (Entfernung 800 m) in der „Großen Pause“ hin- und herwandern? Lagert man Klassen fest aus?
• Was geschieht mit den Klassen bei einem erneuten Wechsel im 10. Schuljahr – dann von Aldenhoven nach Linnich? Das Ende der Sekundarstufe ist jenes Schuljahr, in dem es um das Wichtigste geht: Die berufliche Zukunft der Jugendlichen! Wieder eine neue Findungsphase in einem neuen Gebäude? Während nur ein recht kleiner Teil in die gymnasiale Oberstufe wechselt, müssen sich die übrigen mit dem Zeugnis des 10. Schuljahres bewerben. Was diese Situation für die Schüler bedeutet, kann man sich sicher vorstellen.
• Die Schulträgergemeinden haben die Gesamtschule Aldenhoven-Linnich primär als Ersatz für die beiden Haupt- und Realschulen gedacht, wie es auf der Internetseite der Stadt Linnich im Dokument „Machbarkeitsstudie einer Gesamtschule (Seite 9)“ zu lesen ist. Im Weiteren wird die Anzahl der Schüler, die die Qualifikation für die gymnasiale Oberstufe haben, mit 20 Prozent eingeschätzt. Daher wird die Gesamtschule Aldenhoven-Linnich ab dem Jahrgang 11 mit einer anderen gymnasialen Oberstufe (z.B. Jülich, Erkelenz, Hückelhoven) kooperieren müssen, da erfahrungsgemäß nicht alle den Schritt zur gymnasialen Oberstufe wagen und somit diese Sekundarstufe II nicht mit eigenen Schülerinnen und Schülern realisiert werden kann. Damit entsteht ein vierter Schulstandort, zu dem dann die Schüler fahren müssen.
Zu den oben genannten Fragen kommen noch viele weitere hinzu. Neben den finanziellen Fragen, mit der sich schon jede bestehende Schule intensiv beschäftigten muss, tauchen noch Fragen zu Realisierung des Ganztags, der AGs, der Pausenverpflegung und der gesamten weiteren Organisation auf.
Wir hoffen, Ihnen einen Denkanstoß gegeben zu haben, und dass Sie mit Weitsicht die richtige Entscheidung für Ihre Kinder treffen, damit diese die besten Chancen für die Zukunft erhalten.
Für Rückfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
Kurt Haße, pflegschaft@kurt-hasse.de
Vorsitzender der Schulpflegschaft Gesamtschule Niederzier/Merzenich
Dr. Karl Wolter, karl.wolter@post.rwth-aachen.de
Vorsitzender der Schulpflegschaft Gesamtschule Europaschule Langerwehe
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