Christinenstift mit dem Innovationspreis für visionäre Führungsprojekte“ ausgezeichnet

„Wollsokö" oder das Subsidiaritätsprinzip
Von Dorothée Schenk [15.01.2009, 14.57 Uhr]

Bernd Bogert, Geschäftsführer der Alteneinrichtungen der Katholischen Kirchengemeinde St. Gereon in Brachelen, ist stolz auf Platz 1 beim „Innovationspreis für visionäre Führungsprojekte in der Alten- und Behindertenarbeit 2008“.

Bernd Bogert, Geschäftsführer der Alteneinrichtungen der Katholischen Kirchengemeinde St. Gereon in Brachelen, ist stolz auf Platz 1 beim „Innovationspreis für visionäre Führungsprojekte in der Alten- und Behindertenarbeit 2008“.

„Jeder kehre vor seiner Türe“ und das im positiven Sinne. Im Christinenstift in dem rheinischen Örtchen Brachelen bei Linnich ist das bis ins hohe Alter möglich. Dort werden Senioren unterstützt, umsorgt und gepflegt, aber nicht durch ein Dienstleistungsmodell der Rundumversorgung entmündigt. In diesem Sinne soll „der Bewohner König sein“. Dieses Credo des Christinenstiftes ist ausgezeichnet: Den „Innovationspreis für visionäre Führungsprojekte in der Alten- und Behindertenarbeit 2008“ erhielt die Brachelener Senioreneinrichtung für ihr zukunftsweisendes Modellprojekt durch die Umsetzung des Subsidiaritätsprinzip.

Ein schwieriges Wort für die im Grunde schlichte „Lebensform“: Im selbstgewählten Gemeinschaften wohnen die Senioren zusammen und erledigen soweit möglich Hausarbeiten selbst oder helfen anderen dabei. Etwa nach dem Motto: „Wer anderen eine Suppe kocht, wie selber satt“. Und dafür gibt es sogar Bares: 50 Euro erhalten Senioren, die sich für sich und andere einsetzen. Die Menschen sollen für sich verantwortlich bleiben können und nach ihren Fertigkeiten und Fähigkeiten ihr Leben einrichten – Kompetenzen einbringen und damit die besten Mitarbeiter für sich selbst sein. Erst, wenn dies nicht mehr möglich ist, dann greift das Fachpersonal unterstützend ein.

Damit sichern Bernd Bogert, der geschäftsführende Leiter der Alteneinrichtungen der Katholischen Kirchengemeinde St. Gereon in Brachelen, und seine Mitarbeiter nach eigener Aussage die Würde der Menschen und Lebensqualität durch Selbstbestimmung. „Wollsokö - wollen, sollen und können“ nennt Bogert schmunzelnd das Prinzip.

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Im Christinenstift in Brachelen erledigen die Bewohner soweit möglich Hausarbeiten selbst oder helfen anderen dabei. Foto: Christinenstift

Im Christinenstift in Brachelen erledigen die Bewohner soweit möglich Hausarbeiten selbst oder helfen anderen dabei. Foto: Christinenstift

Das entspricht nicht unbedingt den Erwartungen, die Altenheim-Neulinge und deren Kinder mitbringen: .??„Mutter, wir haben dir versprochen, dass du es im Alter gut haben wirst. Wir haben etwas für dich gefunden, wo man sich um alles kümmert.“ Das sei die oft geäußerte Haltung, berichtet Bogert. Die seit rund sieben Jahren gängige Praxis in den Alteneinrichtungen in Brachelen zeige, dass mit dem so genannten Subsidiaritätsprinzip die Senioren zufriedener sind. „2001 war es in Deutschland Premiere“, erzählt Geschäftsführer Bogert.

Die Auszeichnung hat aber nicht ausschließlich ideelen Wert. Sie ist verbunden mit einem Preisgeld von 5000 Euro. Eine Verwendung hat Bernd Bogert dafür auch schon: Die Summe soll für eine Untersuchung verwendet werden, die sich mit dem Einsatz von examinierten Pflegekräften beschäftigt. Festgestellt werden soll, ob tatsächlich bessere Pflege-Ergebnisse erzielt werden, wenn 50 Prozent der Mitarbeiter examiniert sind, oder ob nicht Altenpflegerhelfer Grundpflege und Betreuung übernehmen können. Dass immer mehr Menschen älter werden und Pflegebedarf haben, ist ja inzwischen eine Binsenweisheit. Dass diese Leistungen auch bezahlt werden müssen und bezahlbar bleiben müssen, gilt aber ebenso. Tatsächlich geht es bei dieser Untersuchung also um Visionen für die Zukunft.


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