Aldenhovener Jugendarbeit schafft durch Einigkeit durch Fussball
Verständigung bleibt am Ball
Von Arne Schenk [02.07.2008, 08.36 Uhr]
![]() Mannschaftsgefühl entwickelten die Jugendichen unterschiedlicher Nationalitäten… |
Blitzschnell rast der Angreifer mit seinem Ball auf das gegnerische Tor zu, doch ein Verteidiger ist auf der Hut und verhindert den Treffer. Stattdessen spitzelt er den Ball seinem eigenen Vordermann zu, der die Chance wahrnimmt, um das „Ei“ im gegenüberliegenden Netz zu versenken. Kaum zu glauben, dass die Spieler im alltäglichen Leben erhebliche Probleme hatten, miteinander umzugehen.
„Wenn sie zusammenkamen, war ein Stück Spannung da“, erinnert sich Lothar Thielen, Leiter der offenen Jugendeinrichtung der evangelischen Kirchengemeinde Aldenhoven. Ob Pole, Russe, Türke oder Deutscher: Jeder redete nur mit Seinesgleichen. Wenn die eine Gruppe in einen Raum trat, verließ die andere diesen sofort. Hinzu kamen Probleme durch Vandalismus Jugendlicher, so dass die Kirchengemeinde und der ortsansässige türkisch-islamische Kulturverein beschlossen, etwas dagegen zu unternehmen. Die Idee der Migrantenarbeit entstand.
Das Fußballspiel als Konfliktlösung steht im Mittelpunkt. Eingeladen sind alle Jugendlichen der Gemeinde unabhängig von Herkunft und Abstammung. Einzige Bedingung: Man spricht deutsch. Gemischte Teams aus Polen, Russen, Türken, Marokkaner und Deutschen treffen inzwischen zweimal in der Woche in Mannschaften zu sechs bis acht Spielern, mittwochs von 16 bis 17.30 Uhr und samstags von 13 bis 15 Uhr. Hierzu stellte die Gemeinde die Franz-Vit-Halle im Schulzentrum Aldenhoven-Ost zur Verfügung.
Immerhin gelingt es dadurch seit einem Jahr, 30 bis 50 Jugendliche von der Straße zu holen. Lothar Thielen selbst mimt dabei nicht nur den stillen Beobachter, sondern nimmt als Spieler oder Schiedsrichter teil. Die Begeisterung an dem runden Leder führt sogar zu einem Turnier , das Thielen im Dezember 2007 in Kooperation mit dem türkisch-islamischen Kulturverein Aldenhoven mit 21 Mannschaften in drei Altersstufen ausrichtete.
Zu den fast 350 jugendlichen Zuschauern fanden sich auch viele Erwachsene ein. Die verschiedenen Nationen boten gegen Bares einheimische Speisen an, vom türkischen Böreg über marokkanisches Gebäck bis hin zu Nudelsalat mit Würstchen. Mit dem Erlös wurde das Turnier finanziert. Die Pokale stiftete Bürgermeister Lothar Tertel. Der nächste Wettbewerb steht bereits fest: für 9- bis 12-Jährige am 6. September, für 13- bis 15-Jährige am 25. Oktober und für 16- bis 18-Jährige voraussichtlich am 16. Dezember.
Der Erfolg hat sich bereits auch außerhalb der sportlichen Ebene eingestellt. Die Situation hat sich etwas entspannt, sogar einige Freundschaft haben sich entwickelt. „Zumindest kann man sich die Hand geben und offen über gemeinsame Probleme sprechen.“
![]() …beim gemeinsamen Fussballspiel. |
Seit sechs Jahren leitet Lothar Thielen die offene Jugendarbeit im Kernort Aldenhoven. Ob Disco für die 13- bis 16-Jährigen einmal im Monat oder Hip-Hop-Jam im Jugendheim „Future“ – Aktionen stehen reichlich auf dem Plan der Jugendeinrichtung. Zudem kümmern sich Thielen und eine Honorarkraft im Rahmen der Offenen Ganztagsgrundschule seit über zwei Jahren um die Betreuung von 7- bis 15-Jährigen. Auch dabei betreut der Sozialarbeiter Kinder der verschiedenen Nationalitäten, die oftmals aus Großfamilien stammen: „Vier bis acht Kinder sind da keine Seltenheit.“ Finanzielle Beiträge übersteigen in der Regel die Mittel der Eltern.
Lothar Thielen sorgt nicht nur dafür, dass die Hausaufgaben erledigt werden, sondern kümmert sich auch mit speziellen Computerprogrammen und mit den Lehrern abgesprochenen Konzepten dafür, dass der Nachwuchs individuelle Hilfe erfährt. Zur Förderung gehört auch, rechnen und schreiben mit Hilfe von Computern zu lernen.
Auf die soziale Komponente legt Thielen zudem viel Wert. So achtet er unter anderem beim Mittagstisch darauf, dass das Essen gemeinsam mit Ruhe eingenommen wird. Zur Belohnung geht es dann einmal im Jahr gemeinsam in ein Restaurant. Nach der Schülerhilfe bleibt noch Zeit für Kicker, Dart, Brettspiele oder eben Fußball auf der anliegenden Wiese, bis die Eltern ihre Zöglinge abholen.
Ein Wochenende verbringt der Jugendarbeiter mit „seinem“ Nachwuchs im Vennhaus der Gemeinde, wo sie zusammen kochen, spielen und einfach aufeinander Rücksicht nehmen. Nebenbei überprüft der Pädagoge in einer „Quizrallye“, ob der Stoff des Schuljahres „sitzt“. Für jeden Teilnehmer winken anschließend Preise, allerdings nach der Anzahl der Antworten gestaffelt.
Lothar Thielen plant bereits kräftig für die Sommerferien. Dann besuchen die „Kids“ in der ersten Woche den Brückenkopf-Park, die Schwimmhalle Kreuzau, einen Reiterhof, die „Kinderstad Heerlen“ sowie die Feuerwehr, während in der zweiten Woche ein Campingplatz in Belgien angesteuert wird. Kräftig anzupacken, scheint ein besonderes Merkmal von Lothar Thielen zu sein. Kein Wunder, dass er über sein Betätigungsfeld urteilt: „Hier tut sich im Moment recht viel.“
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