Heinz Drüg ist Leiter des Städtischen Jugendheims

Zwei Jahrzehnte im Wandel: Jülicher Jugendarbeit
Von Arne Schenk [08.05.2008, 08.29 Uhr]

„Dass Du immer noch hier bist!“, wunderte sich schon mancher „Ehemaliger“ beim Besuch des Städtischen Jugendheims in der Münstereifeler Straße. Denn immerhin betreut Heinz Drüg nun schon seit über 20 Jahren die Offene Kinder- und Jugendeinrichtung, genau gesagt seit dem 15. September 1987.

 Immer fit und auf dem Laufenden sein mit dem

Immer fit und auf dem Laufenden sein mit dem

„Es war ein Dienstag“, erinnert er sich, „Das werde ich nie vergessen.“ Mit seinem neu erworbenen Golf GTI kam er vorgefahren und erregte dadurch direkt die Aufmerksamkeit der Jugendlichen. Offenbar ein wichtiger erster Eindruck, denn die Strukturen schienen in der damaligen Zeit durch einen häufigen Wechsel der Leiter ziemlich verkrustet. Die „herrschenden“ Jugendlichen aus der damaligen Punk-Szene hielten alles fest im Griff. „Es war problematisch, Fuß zu fassen“, erinnert sich Drüg.

Ein neues Ehrenamtlerteam musste aufgebaut werden, um eine Kontinuität zu gewährleisten. So kamen mit den Jahren unter anderem Dirk Mommertz (1994) sowie Esther Mentzel (2004), die sich um die Mädchenarbeit kümmert. „Sie sind sehr verlässlich“, unterstreicht der Leiter, „mit ihnen kann man gut arbeiten.“ Mit dabei auch Frank Syberichs, den Heinz Drüg als Jugendlichen kennengelernt hat und der mittlerweile nach über 15 Jahren die Einrichtung verlassen hat.

Ein steter Wechsel des Publikums begleitet Heinz Drüg durch die Jahrzehnte. Häufig bleibt die Klientel für drei bis vier Jahre, dann ändert sich es: „Wenn ihre Schulzeit zu Ende ist, sind sie weg, lernen neue Leute kennen.“ Und manch einer kommt vielleicht später zurück, um zu trainieren. Oder einfach, weil man wissen will, wie die Einrichtung mittlerweile aussieht.

Anfang der 90er ergaben sich so gravierende Änderungen. Plötzlich kamen viele Jugendliche mit Bürgerkriegserfahrung und einem völlig anderen kulturellen Hintergrund in die Einrichtung. Nord- und Schwarzafrikaner aus Algerien, Marokko oder dem Kongo bevölkerten nun das Heim genau so wie Bosnier und Kroaten aus dem ehemaligen Jugoslawien. Ab 1997 kamen auch Russlanddeutsch hinzu. Und jeder brachte seine Probleme mit. „Sie müssen versuchen, die Gruppen zusammenzubringen“, erklärt Drüg, „um die gegenseitigen Vorurteile abzubauen.“

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Viel zu stämmen hat Leiter Heinz Drüg in der Offenen Kinder- und Jugendeinrichtung der Stadt Jülich

Viel zu stämmen hat Leiter Heinz Drüg in der Offenen Kinder- und Jugendeinrichtung der Stadt Jülich

Dies gelang in einem der Herzstücke der Institution: dem Kraft- und Fitnessraum: „Dort können sich die Jugendliche in Szene setzen.“ Da treffen Rapper und HipHoper auf Gleichgesinnte und legen zwischen den Trainingseinheiten schon mal einen Breakdance auf die Matte. Die Teilnehmer sind international: „Es ist wichtig, dass sie sich gegenseitig akzeptieren.“ Zudem war der Leiter seit jeher bestrebt, wegen des Gleichgewichts auch Frauengruppen zu integrieren.

Von Anfang an pflegte das Heim sowieso eine multikulturelle Atmosphäre. Es war ein Platz, wo niemand gefragt wurde, woher er oder sie kam, egal aus welch schwierigen Verhältnissen. Das Haus war und ist offen für alle. Hier wurde immer schon gerne gebastelt und gewerkelt, mit Vorliebe Tischtennis gespielt oder Discos veranstaltet.

Nur die Leidenschaft für den Kicker hat abgenommen. Dafür wird seit 2001 der Medienraum kräftig belagert. Nicht jeder hat zuhause einen Internetzugang. Und wenn doch, wird dieser oft von den älteren Geschwistern belegt. Heinz Drüg legt Wert darauf, Medienbildung zu betreiben und die Medien kritisch zu begleiten. „Es ist wichtig für die Jugendlichen, Regeln einzuhalten.“ Deshalb werden auch feste Zeiten vereinbart, nach denen sich die „Kids“ richten müssen.

„Es ist eigentlich eher ein Gesellschaftsraum“, stellt Drüg fest. Denn bei den Medien handelt es sich oftmals auch einfach um Spiele, Playstation genau so wie Brettspiele. So ist bei den Jungen Schach sehr gefragt. Oder Monopoli, weil es da um Finanzen geht. Die Mädchen stehen eher auf Mensch-Ärgere-Dich-Nicht.

Nebenbei hat Drüg auch von September 2006 bis Ende März 2007 den Jugendcontainer an der Koslarer Bürgerhalle und Ansprechpartnerin Anja Laux vom Amt für Kinder, Jugend und Sozialplanung der Stadt Jülich unterstützt. Das städtische Jugendheim wird er wohl bis etwa 2011 leiten und auch wohl den Umzug in den Kulturbahnhof begleiten.

Für den Jugendleiter ist es sinnvoll, in seinem Beruf auf externe Erfahrungen zurückgreifen zu können. Er selbst hat eine Lehre zum Industriekaufmann absolviert und war sechs Jahre in der Verwaltung eines Betriebes tätig. Anschließend studierte er fünf Jahre lang Geschichte und Deutsch und schloss diese Ausbildung mit den ersten Staatsexamen ab. Nach einer zweijährigen Erzieherausbildung unternahm er ein Jahrespraktikum in einem Internat des BGZ Ausbildungszentrums für Zimmerleute der Handelskammer Aachen, eine prima Schulung für praktische Fähigkeiten.

Mittlerweile ist die nächste Generation vor Ort, die hier geborenen Kinder von Russlanddeutschen oder Türken. Die Einrichtung versucht zuweilen auch bei schulischen Problemen Hilfestellung zu leisten, beim Schreiben von Referaten zum Beispiel oder bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz.

Da tauchen auch schon mal die Kinder von Ehemaligen im städtischen Jugendheim auf. Oder die Ehemaligen selbst, teilweise nach den Kriegswirren in die Heimat zurückgekehrt, machen im Urlaub einen Abstecher in die einstige Zufluchtstätte.

Dann werden Fotos von den Turnieren in der Tischtennis-Kreisliga, von Grillfeten oder der Arbeit an den Außenanlagen, als die Gruppe 1999 einen dritten Platz beim Wettbewerb „Umweltfreundliches Jugendhaus“ vom Landschaftsverband Rheinland gewann, betrachtet. Dort entdeckt man sein junges Alter Ego oder seine Eltern und hat das Gefühl, in der Fremde wieder nach Hause gekommen zu sein. Dies wissen auch Heinz Drüg und seine Vorgesetzte, Katarina Esser vom Amt für Kinder, Jugend und Sozialplanung der Stadt Jülich: Stabilität und Kontinuität sind wichtige Faktoren, damit sich Jugendliche mit ihrer Einrichtung identifizieren.

Öffnungszeiten:
Die Offene Kinder- und Jugendeinrichtung der Stadt Jülich in der Münstereifeler Straße hält montags von 14.30 bis 19 Uhr, donnerstags von 14.30 bis 17 Uhr und freitags von 14.30 bis 19 Uhr sein offenes Angebot für Jugendliche zwischen 6 und 16 Jahren bereit. Donnerstags ist von 17 bis 20.30 Uhr Disco-Time. Der Mädchentag findet jeweils dienstags von 17 bis 21 Uhr, der Jugendtag mittwochs von 14.30 bis 19 Uhr statt.


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