Nachgefragt beim Gemeinde-Sozialarbeiter Rolf Sylvester

Titzer Jugendarbeit hat viele „Baustellen“
Von Arne Schenk [22.02.2008, 10.33 Uhr]

„Viele Baustellen“ hat die Jugendarbeit in Titz: Derzeit entsteht an der Alten Schule ein neues Jugendheim für die 13- bis 18-jährigen, das Anfang März den Jugendbus „Wilde 13“ ablösen soll, daneben läuft das „Katho“ und in Rödingen soll mit dem Förderverein Jugendtreff ab Sommer 2008 eine Containeranlage am Sportplatz etabliert werden. Arne Schenk sprach mit dem „Hauptamtlichen“ Rolf Sylvester.

Immer am Ball: Rolf Sylvester mit "seinen" Jugendlichen in Titz.

Immer am Ball: Rolf Sylvester mit "seinen" Jugendlichen in Titz.

Gemütlich rekeln sich die Jugendlichen im Sofa und spielen gegeneinander Fußball auf dem TV-Gerät oder sitzen am PC und chatten mit Gleichgesinnten. An diesem Tag wurde auch der neue Wasserkocher angeschafft, deshalb sorgt ein leckerer heißer Bayram-Tee aus Äpfeln, Feigen und Datteln oder mit Kirsch-Joghurt-Geschmack zusätzlich für eine heimelige Atmosphäre. „Es ist wichtig, dass man sie erst einmal annimmt, wie sie sind“, erklärt „Jugendarbeiter“ Rolf Sylvester. „Das ist nicht selbstverständlich.“

Als hauptamtliche Fachkraft leitet er die Mobile Jugendarbeit der Gemeinde Titz seit dem 1. Januar 2003. Zurzeit richtet sich ein Teil seines Klientels in der Alten Schule in Titz neben der Feuerwehr häuslich ein. Anfang März soll alles fertig sein, dann haben die 13- bis 18-Jährigen dort eine festen Anlaufstelle. Die Öffnungszeiten stehen noch nicht endgültig fest, zwei Mal die Woche dienstags und donnerstags werden anvisiert, zusätzlich ab April der Freitag. Dieses Angebot soll den Jugendbus „Die Wilde 13“ des Sozialdienstes katholischer Frauen und des Kreises Düren ersetzen.

Sofa, Tisch, Schränke und Schreibtische wurden genau so gesponsert wie Spüle, Herd und Kühlschrank, die drei PCs und der alte Fernseher. Lediglich das Billard und der Dartautomat liefen über den Haushaltstopf, der Rolf Sylvester zur Verfügung steht. Welche Aktivitäten von den künftigen Jugendheimbesuchern gewünscht werden, soll anhand eines Fragenbogens ermittelt werden, der zu gegebener Zeit per Post an die jugendlichen Bewohner in Titz verschickt wird. Das könne sich von Mädchen- oder Jungennachmittage über Hausaufgabenbetreuung bis zur Anleitung, Bewerbungen zu schreiben und auszudrucken, erstrecken.

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Selbst mit anpacken müssen nicht nur die Jugendlichen, auch Sozialpädagoge Rolf Sylvester als "Hauptamtlicher" ist eingespannt.

Selbst mit anpacken müssen nicht nur die Jugendlichen, auch Sozialpädagoge Rolf Sylvester als "Hauptamtlicher" ist eingespannt.

Auch wenn das Angebot möglichst alle Hemmschwellen abbaut, die Jugendliche davon abhalten, die Einrichtung zu besuchen, können sie sich nicht alles herausnehmen. „Es geht darum, dass sie eine Beitrag leisten“, betont Sylvester. Das fängt beim Aufräumen und Ordnung und Sauberkeit halten an. Auch beim Anstreichen und Einrichten des Jugendheimes mussten sie kräftig Hand anlegen.

Dabei ist hier ist nur eine der vielen „Baustellen“ des Sozialpädagogen. Montags betreut er von 17 bis 19 Uhr Kinder von 9 bis 16 Jahren im „Katho“, dem katholischen Jugendheim. Hier läuft unter anderem einmal im Monat ein Film der Jugend, der aus pädagogischer Sicht kindgerecht ist. Zuletzt war dies die aktuelle Version vom „Räuber Hotzenplotz“ mit Armin Rohde.

Auch wenn es sich als recht schwierig erweist, in Zeiten von Premiere und Internet-Downloads, solange zu warten, bis man ältere Filme zeigen darf, scheint es sich zu lohnen. Vor großer Leinwand in Gemeinschaft einen Streifen mit Popcorn zu genießen ist schon etwas anderes als allein zuhause.

Zudem lautet einmal im Monat das Thema „Essen und Trinken“. Ob ungewöhnliche Fruchtsaft-Cocktails, natürlich ohne Alkohol, oder einfach Reibekuchen zur Kartoffelzeit, hier können die Kinder neue Fähigkeiten entdecken, dass sie Gerichte und Getränke selber machen können. „Und dass es schmeckt“, fügt Rolf Sylvester hinzu.

„Mobile“ Jugendarbeit bedeutet aber auch viel Bewegung für den 42-Jährigen. So plant er in Rödingen mit dem Förderverein Jugendtreff ab Sommer 2008 eine Containeranlage am Sportplatz zu errichten. Daneben hilft er mit, Ferienmaßnahmen zu organisieren und auszuführen, fährt sieben Tage lang in den Sommerferien auf Segeltörn ins Ijsselmeer oder für drei Tage auf Radtour nach Nideggen. Dann geht es auch schon mal auf eine kulturorientierte Städtereise nach Leipzig.

Aber auch Fußball- und Basketballturnier, Musical- und Bandprojekt gehören zum Programm wie eine Autowaschaktion zur Unterstützung eines Baus für den Kinderschutz in Haiti. Das Projekt Archäologie beim Amt für Bodendenkmalpflege in Höllen wurde sogar von der WDR-Sendung Lilipuz übertragen.

„Es gibt immer Jugendliche, die man nicht erreicht“, erklärt der Hauptamtler. „Ich weiß, dass die Lebenssituation von vielen Jugendlichen nicht so einfach ist, wie viele Leute glauben. Gerade die heutige Zeit, die als komfortabel und fortschrittlich gilt.“ Ein Problem ist der unkontrollierte Zugang zu Medien. Der ist im neuen Jugendheim in der Alten Schule streng reglementiert: Ein Sicherheitssystem „kontrolliert“ den Chat und in welchen Foren sich der User herumtreibt. Verdächtige Websites sind gar nicht erst erreichbar. Wichtig ist Rolf Sylvester, dass ein Mensch aus Fleisch und Blut sich um die Jugendlichen kümmert und ein geregeltes Miteinander eingehalten wird.


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