Trödelmarkt-Saison hat begonnen

Erkenntnis als der höchste Gewinn
Von Dorothée Schenk [23.04.2005, 13.04 Uhr]

Standhaft am eigenen Stand heißt es: warten…

Standhaft am eigenen Stand heißt es: warten…

Die Sonne räkelt sich taufrisch über dem Horizont. Die ersten Strahlen erreichen aufmunternd die Bettdecke, als der Wecker am frühen Sonntagmorgen läutet. Aufstehen? Ungern, aber der Platz ist gebucht, und das Auto steht vollgepackt in der Garage: Wohlgemeinte Mitbringsel in Originalverpackung liegen in Kisten neben zwei ausgedienten Bügeleisen aus Studententagen - die inzwischen von der Dampfbügeleisengeneration verdrängt worden sind -, grob geschätzt zehn Kerzenhaltern, unzähligen Happy-Meal-Beigaben, ungeliebten Büchern und überzähligen Puzzlen. Darüber stapeln sich unter anderem ein Buggy, dem die Kinder entwachsen sind, und zwei Steck-Schuhregale, die keinen Platz mehr im Eigenheim gefunden haben.

Das alles soll Gewinn bringend auf dem Flohmarkt umgesetzt werden. Premierenfieber macht sich breit. Für Jäger und Sammlerinnen ist der Platz eigentlich auf der Kundenseite, aber schon geraume Zeit übte sich die verborgene Händlerseele in ihren Verführungskünsten, und proportional wuchs der Berg ausrangierter Habseligkeiten. Nun sollte es zum ersten „Standerlebnis“ kommen.

Schon die Vorarbeiten waren abenteuerlich: Einerseits, weil jeder Gegenstand doch noch einmal auf seine Trennungswürdigkeit überprüft werden muss; andererseits, weil die Kinder auszutricksen sind, die auch abgelegtes Babyspielzeug als absolutes Eigentum bis in die Greisenzeit betrachten. Doch das ist Schnee von gestern: Alles parat, alles paletti und auch der Korb mit Thermoskanne, Wasserflasche, geschmierten Brötchen, Lektüre für zwischendurch und die Tüte Gummibärchen fehlen nicht.

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…warten, und warten.

…warten, und warten.

Am zugewiesenen Platz warten schon die Freunde wie verabredet auf das Eintreffen. Gemeinsam trödeln ist einfach schöner. Bereits beim Aufbauen gehen die ersten Geschäftsabschlüsse über die Tische. Der frühe Kunde ist der beliebteste - Deutschmuttersprachler sind unter diesen eine Rarität. Offenbar schlafen sie lieber länger. Eine starke Verbundenheit zu dieser Spezies macht sich breit, während der Kaffee als Muntermacher seinen Dienst antritt. Immer wieder tummeln sich Interessierte vor den ausgewiesenen Schätzchen, fragen nach Preisen und entscheiden sich letztlich doch für den Kaufverzicht. Es scheint, als wollten die Flohmarkt-Bummler ebenso wenig wie die Anbieterin selbst die Waren im Haus haben. Liegt es am eigenen Überfluss? Trifft das Angebot nicht die Nachfrage? Egal! Der Tag verrinnt träge bei netter Plauderei und Nahrungsaufnahme.

Es hat etwas von Picknick-Atmosphäre, weniger von Handelstreiben. Ein ruhiger Sonntag unter freiem Himmel, alleine, ohne Verpflichtungen, das ist das persönliche Vergnügen der seltenen Art.
Fazit des Tages: Die Ausgaben - Standgebühr, die vom freundlichen Veranstalter eingetrieben werden - erwirtschaften die Einnahmen. Wenn das kein Zeichen ist! Beim nächsten Mal bleibt die Händlerseele unter der Bettdecke, freut sich auf ein spätes Frühstück mit Ei und Speck und lässt der ausgeschlafenen Jägerin und Sammlerin zur Mittagszeit freien Auslauf. . .

Nächster Trödel-Termin am Brückenkopf-Prk in Jülich ist am 8. Mai.


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