Krieg, Zerstörung, Neubeginn: Michael Hecker befragte über 100 Zeitzeugen

Ein ganzes Dorf erinnert sich
Von Redaktion [05.04.2005, 18.14 Uhr]

Autor Michael Hecker vor der Welldorfer Kirche.

Autor Michael Hecker vor der Welldorfer Kirche.

Dem Schicksal einer ganzen Dorfgemeinschaft ist der Historiker Michael Hecker auf der Spur. Er erforscht die Geschichte seines Heimatdorfes Welldorf während des Zweiten Weltkriegs und in der unmittelbaren Nachkriegszeit. Ziel ist eine Buchpublikation, in deren Mittelpunkt die persönlichen Erinnerungen der Welldorfer stehen.

Über 100 Zeitzeugen hat Hecker dazu seit Sommer letzten Jahres befragt. „Ursprünglich wollte ich die Geschichte meiner eigenen Familie aufzeichnen, doch das Thema hat mich gepackt und nicht mehr losgelassen“, erläutert Hecker. Über 400 Seiten Text und viele Fotos und Dokumente sind das beeindruckende Zwischenergebnis. „Eine große Motivation ist für mich die unglaublich positive Resonanz, auf die mein Projekt bei fast allen Angesprochenen gestoßen ist“, lobt der Historiker „seine“ Welldorfer, die bereitwillig Auskunft gaben und aus ihren Familienarchiven zum Teil unersetzliches Material zur Verfügung stellten. Interessante Berichte lieferten auch einige Männer und Frauen aus Ederen und Freialdenhoven, die damals als Flüchtlinge in Welldorf waren.

So steht nicht die große Politik im Mittelpunkt der Untersuchung, sondern der Alltag der Menschen und das Einzelschicksal. Doch viele kleine Teile ergeben ein Ganzes: Aus der Vielzahl der Aussagen versucht der Historiker, das Schicksal einer ganzen Dorfgemeinschaft so genau wie möglich zu rekonstruieren. Die Untersuchung wird dadurch nicht nur für Welldorfer interessant, denn Vergleichbares hat sich damals in wohl allen Dörfern entlang der Rur abgespielt.

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Auch heute noch findet man Spuren des Zweiten Weltkriegs in Welldorf: Ein geflicktes Granatloch in einer Scheune in der Güstener Straße.<br/>

Auch heute noch findet man Spuren des Zweiten Weltkriegs in Welldorf: Ein geflicktes Granatloch in einer Scheune in der Güstener Straße.

Die Zeitzeugenbefragung soll noch im April abgeschlossen werden. Dann geht es für Michael Hecker an das Auswerten der Berichte. „Ich zeichne von jedem Zeitzeugen so viele Informationen wie möglich auf. Daraus wähle ich die besonders typischen, ergreifenden und interessanten Berichte aus“, sagt Hecker. Jedes Kapitel enthält zusätzlich eine historische Einordnung und Analyse. Ergebnis der Arbeit wird ein reich bebildertes Buch, das der Autor in Kooperation mit dem Heimatverein Welldorf herausgegeben möchte. Das Buch soll bis Mitte des Jahres fertig werden.

Der Hintergrund: Welldorf war wie das gesamte Jülicher Land schwer von den Folgen des Zweiten Weltkriegs betroffen. Furchtbarer Höhepunkt war der schwere Luftangriff auf Jülich am 16. November 1944, bei dem auch Welldorf heftig bombardiert wurde. Über 30 Menschen kamen damals in dem mit Einheimischen, Flüchtlingen und Soldaten vollgestopften Dorf ums Leben. In den Tagen darauf mussten alle Zivilisten den Ort verlassen. Nur mit dem Allernötigsten ging es mit dem Zug oder mit Pferd und Wagen ins Ungewisse. Von Ende November 1944 bis zur Einnahme des Ortes durch die Amerikaner Ende Februar 1945 lag Welldorf im Feuerbereich der feindlichen Granaten, teilweise erst nach vielen Monaten konnten die Welldorfer in ihre schwer zerstörte Heimat zurückkehren.

Kontakt: Michael Hecker, M.A. Tel. 0179/6836254


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