Skyline-Leiterin Elke Jäger geht auch auf die „Pirsch“

Weil Jugendliche mehr suchen als vier Wände
Von Arne Schenk [04.04.2005, 11.22 Uhr]

Lebhaft wirkt sie, aber keineswegs unruhig, in sich gefestigt und irgendwie ein „Kumpeltyp“, Elke Jäger, die Leiterin der Kleinen offenen Tür „Skyline“ Linnich. Ihr eigentliches „Revier“ ist seit Januar 2000 das Jugendheim am Kirchplatz 14, aber wenn die Zeit es zulässt streift sie durch Linnich, besucht „informelle Treffpunkte“, die nicht als solche gedacht sind: „Das kann ein Schulhof sein oder auch ein Parkplatz.“ Eigentlich ist dies gar nicht ihre primäre Aufgabe: Seit Mitte des letzten Jahres ist für die aufsuchende Arbeit die mobile Jugendarbeiterin Josi Röttgen bei der evangelischen Kirchengemeinde Linnich angestellt, dabei ist sie für das gesamte Stadtgebiet, vor allen Dingen auch für die umliegenden Ortschaften zuständig.

Seither ist der Anteil der aufsuchenden Arbeit für Elke Jäger wesentlich geringer geworden. Der Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt im Bereich der Offenen Angebote hier vor Ort in den Räumen des Jugendheims „Skyline“. Für die Jugendlichen ist es einfach wichtig, jemanden zu haben, bei dem sie sich aussprechen können, der oder die ihnen bei Problemen helfen kann, gerade wenn man etwas „ausgefressen“ hat. „Die kommen dann zu mir und sagen: ‚Ich habe das und das gemacht, bin gerade erwischt worden, was kann mir passieren?'“ Dabei arbeitet die Diplom-Sozialpädagogin eng mit Polizeikommissar Marcel Kaiser von der Polizeiinspektion Jülich zusammen. Der 25-Jährige ist als Jugendstraßenpolizist und Ansprechpartner für Jugendliche zuständig für den gesamten Nordkreis. Als Fachmann kann er Elke Jäger die rechtlichen Hintergründe erklären. Aber anders als er unterliegt die Sozialpädagogin keinem Strafverfolgungszwang, muss also nicht ihr Wissen über ein Delikt zur Anzeige bringen. Schließlich geht es in erster Linie darum, eine Vertrauensbasis zu den Jugendlichen herzustellen, sonst hätten sie im Jugendheim keine Zuflucht mehr.

„Wir wollen versuchen, die Jugendlichen von den informellen Treffpunkten wegzuholen und in das Jugendheim zu integrieren. Dazu suchen wir, wenn es nötig ist, die informellen Treffpunkte außerhalb des Jugendheimes auf, und sprechen auffällig gewordene Jugendliche direkt an.“ Langfristiges Ziel ist es, über diese Aktionen die Jugendlichen zu den Regelöffnungszeiten in das „Skyline“ zu ziehen.

Ein besonderer Schwerpunkt wird auf „Schlüsselqualifikationen“ gelegt, das sind soziale Inhalte wie Teamfähigkeit und Übernahmen von Verantwortung. Das können zunächst völlig banale Dinge sein, wie Elke Jäger betont: „Im Kühlschrank sind nur noch zwei Cola drin, da müssten welche nachgelegt werden oder dass sie nach dem Kochen den eigenen Teller spülen.“ Das eigentliche Problem dabei ist die Finanzierung, denn für freizeitpädagogische Maßnahmen braucht man Geld.

In ihrem bisherigen „Stab“ sind bereits Jugendliche, die sogar die Öffnungszeiten übernehmen, wenn ihre „Chefin“ z. B. in einer Konferenz sitzt. Diese erhalten die Schlüssel, machen eigenverantwortlich auf, verwalten die Kasse, verkaufen Getränke und Süßigkeiten. „Ich kann mich darauf verlassen, dass niemand raucht, der nicht 16 Jahre alt ist, oder dass kein Alkohol getrunken wird“, unterstreicht die 32-jährige Leiterin, „Wenn es nicht klappt, schmeißen die auch Leute raus.“ Selbst auf die Gefahr hin, dass es zu Rollenkonflikten kommt, so stark ist die Identifikation mit dem Haus: „Denn das Haus, die Einrichtung ist ihnen wichtig.“

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Dass alles wirklich funktioniert, davon ist die 32-Jährige überzeugt: „Ich komme unangemeldet rein und sehe, was für ein Ist-Zustand herrscht.“ Diese Verantwortung wurde über Jahre hinweg eingeübt und weniger als fünf Prozent können sie übernehmen. Ein weiterer Teil von Elke Jägers mobiler Arbeit ist die Betreuung des Teenietreffs in Rurdorf, „im Prinzip einer Filiale von hier, schließlich existiert die Wegegemeinschaft mit Rurdorf“.

Im dortigen Pfarrhaus gibt es schon lange Jugendräume, die Arbeit wurde über Ehrenamtler geleitet bis Jugendliche überaktiv wurden, und es „ausartete“. Von Seiten der Pfarre bestand dennoch weiterhin Interesse an Jugendarbeit. Also wandte man sich an Linnich. Nachdem Mitte 2003 der Bedarf klar war, wurde im November erstmalig ein Teenietreffen abgehalten. Dabei wurde gemeinsam drei Tage lang renoviert, gestrichen und geputzt. Mittlerweile wird der Treff regelmäßig sehr gut besucht, und zwar freitags von 16 bis 19 Uhr von 10- bis 14-Jährigen, zu 70 Prozent Jungen. „Viel mehr geht nicht rein.“

In Linnich besteht ein Geschlechterverhältnis von „dicken“ 50:50, gerade auch im ehrenamtlichen Bereich eine starke Mädchenbeteiligung. In den Räumlichkeiten werden natürlich Kicker und Billard strapaziert, ansonsten stehen beim Offenen Jugendtreff Internet, Musik, Kochen, Video und gemütliches Beisammensein montags von 15 bis 20 Uhr, dienstags von 16 bis 21 Uhr, mittwochs von 15 bis 21 Uhr, donnerstags von 15 bis 20 Uhr sowie freitags von 16 bis 20 Uhr auf dem Programm.

Ein weiteres Angebot ist die Hausaufgabenhilfe für Grundschulkinder montags und mittwochs von 15 bis 17 Uhr. Dabei werden die Kinder über Schulen vermittelt, um Familien zu entlasten, darunter Kinder von allein Erziehenden aber auch wenn beide Eltern berufstätig sind oder von Familien, die finanziell nicht so gut dastehen, denn es kostet nichts. Eine Berufsberatung läuft offiziell mittwochs von 17.30 bis 19 Uhr, findet aber eigentlich dauernd statt, wie Elke Jäger bekräftigt: „Das ist keine Sache, die in fünf Minuten zwischen Tür und Angel funktionieren kann.“

Ein häufig beanspruchtes Feld ist generell die Beratung bei Problemen, auch bei familiären Geschichten. Tenor: Ich verstehe mein Kind/meine Eltern nicht mehr. „Wenn es massiv ist, lade ich die Eltern ein und versucht zu vermitteln. Es hat lange gedauert, zwei Jahre, bis die Eltern das erste Mal den Fuß in die Tür gesteckt haben.“ Jetzt wird es gut und regelmäßig angenommen. Probleme, die angesprochen werden, haben oft mit Drogen, Schule oder Ausbildung zu tun. „Wenn es massiv wird, vermittele ich an die jeweils zuständigen Institutionen, wie das Jugendamt oder auch spezielle Beratungsstellen“, weiß die Leiterin deren professionelle Arbeit nicht zu unterschätzen.

Aber auch Freizeit muss sein. Am Wochenende geht es nach Absprache mit den Ehrenamtlern schon mal nach Belgien zum Rodeln wie erst in der letzten Woche. Zehn Ehrenamtler, alles Jugendliche, unterstützen die Diplom-Sozialpädagogin beim Jugendtreff. Im Bereich „Ferienspiele“ helfen 40 bis 50 Ehrenamtler: „Von Teenies bis Erwachsenen alles dabei.“
Zu erreichen ist die KoT Skyline unter Tel. 02462-5350 oder email jugend.linnich@t-online.de per via Internet über die Homepage


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