Herbstferien historisch betrachtet
„Erplesferie“ riefen aufs Feld
Von Kristina Grün [13.10.2006, 11.52 Uhr]
![]() Historische Kartoffelernte. |
Die Herbstferien sind jetzt fast zu Ende. Die vergangenen zwei Wochen haben Jugendliche vor allem genutzt, um Spaß mit Freunden zu haben oder Ausflüge mit der Familie zu machen. Einige haben im Urlaub noch einmal die Sonne genossen, andere haben sich Ferienjobs gesucht, um ein wenig Geld zu verdienen oder Berufserfahrungen in Praktika zu sammeln.
Früher, als Herbstferien noch Kartoffelferien, oder hier im Rheinland vielmehr "Erplesferie", hießen, konnten sich die meisten jungen Leute nicht aussuchen, womit sie ihre Ferien verbrachten. Denn – wie der Name schon verrät – galt es in dieser schulfreien Zeit vor allem ein: Kartoffeln zu ernten.
Vor allem auf den Dörfern waren die Ferien für die Jugendlichen immer mit Arbeit in den elterlichen Betrieben verbunden. Reiner Schütz (78) aus Gevenich erinnert sich noch recht genau an seine Kartoffelferien: „Die Ferien dauerten früher nur eine Woche, nicht so wie heute, sie dienten für uns eigentlich nur dazu, Kartoffeln auszumachen. Mein Vater war Landwirt, so mussten wir helfen, wenn der Kartoffelpflug Reihe für Reihe die Kartoffeln erntete.
![]() Kartoffeln ernten, bis man sie nicht mehr sehen kann… |
Die Frauen hatten Körbe, die sie mit den aufgehobenen Kartoffeln füllen mussten. Zwischendurch müssen sie noch Kaffee und Brote für die Arbeiter zubereiten, dann geht es in gebückter Haltung weiter auf die Suche nach den Erdäpfeln. Wenn alle Körbe eingesammelt waren, kamen die Kartoffeln zum Trocknen auf die Tenne in der Scheune.
"Manche Landwirte hatten eigene Kartoffelmaschinen", erzählt Reiner Schütz weiter, "oft musste man jedoch darauf warten, dass man eine ausgeliehen bekam. Die Kartoffelmaschinen wurden von Hand gedreht, die Kartoffeln von uns verlesen und anschließend zum Kunden gebracht. Somit waren meine Brüder und ich als Söhne eines Landwirtes in den Ferien immer voll beschäftigt. Urlaub oder Ausflüge gab es für uns in den Kartoffelferien nie.“ Auch seine Frau Käthe weiß noch, wie froh sie war, wenn ihr Vater nur wenig Acker mit Kartoffeln bepflanzt hatte. "Glück" bedeutet dann nämlich, dass man früher fertig ist und die Ferien vielleicht doch noch zur Erholung nutzen kann. Ansonsten wird gearbeitet, bis man die Kartoffeln nicht mehr sehen kann.
Eingedenk dessen, ist der Schüler von heute wirklich froh, dass sich das Leben in den letzten 60 Jahren verändert hat. Da wird das letzte Ferienwochenende umso mehr zum Genuss.
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