Helmut von Wirth ist im Haus Overbach für die Stundenverteilung zuständig

Luft von Mallorca beflügelt den „Stundenplaner“
Von Dorothée Schenk [09.08.2006, 13.49 Uhr]

Seit 10 Jahren ist Helmut von Wirth der "Stundenplaner" von Haus Overbach.

Seit 10 Jahren ist Helmut von Wirth der "Stundenplaner" von Haus Overbach.

Sie hängen an den Wänden, liegen in Postfächern und sind zur Verteilung bereit. Aufgeräumt ist Helmut von Wirth – es ist vollbracht. Rund 80 Stunden voller Konzentration, scheinbar unlösbarer Probleme und unendlicher Krümel von Radiergummi-Abrieb liegen hinter dem „Stundenplaner“ des Gymnasiums Haus Overbach. „Es ist ein großes Puzzlewerk für sich“, erklärt von Wirth. Rund 850 Schüler und 56 Lehrer sind ab heute in Barmen für das startende Schuljahr 2006/07 nach seinen Plänen in Klasse und Unterricht.

Seit zehn Jahren ist Helmut von Wirth für diesen Aufgabenbereich zuständig. Als er seine Position als Fachbereichsleiter am Studienseminar Eschweiler aufgab, mussten für den hochqualifizierten Mann adäquate Aufgaben gefunden werden: Praktikanten- und Referendarbetreuung sowie Stundenplan – eigentlich wird dieser vom stellvertretenden Schulleiter erstellt – und Klassenarbeitsplan fallen nun in seinen Bereich.

Die größte Herausforderung stellt die „Parallelisierung“ der Pläne dar: Das bedeutet, dass beispielsweise alle Leistungskurse der Oberstufe zeitgleich stattfinden müssen, ebenso in der neunten Klasse die Französisch-Stunden wegen der Differenzierung zur mathematisch-naturwissenschaftlichen Ausrichtung oder allgemein der Religionsunterricht. Hinzu kommt, dass die Lehrer nicht mehr als fünf Freistunden in der Woche haben sollen und keinesfalls sieben Stunden am Stück Unterricht. Außerdem werden natürlich aus persönlichen, ganz privaten Umständen eine ganze Reihe Sonderwünsche für den Stundenplan an von Wirth herangetragen. Auch diese versucht er zu berücksichtigen.

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Mit spitzem Bleistift arbeitet Helmut von Wirth in den Ferien an Unterrichts- und Klassenraumplänen.

Mit spitzem Bleistift arbeitet Helmut von Wirth in den Ferien an Unterrichts- und Klassenraumplänen.

Bei all dem setzt der 62-jährige auf Handarbeit: „Mein Kopf ist das wichtigste Medium – mit Bleistift und Radiergummi“. Auf den inhaltsgelöschten Stundenplänen des Vorjahres, die als Excel-Datei ausgedruckt werden, entsteht das Hieroglyphenwerk zwischen dem Personal von „L“ bis „Wou“, Fächern von „De“ bis „Fr“ und Räumen mit den undurchsichtigen Kürzeln A10 oder IV12. Gerne lässt sich Helmut von Wirth zu den Plänen von der südlichen Sonne und schönen Luft Mallorcas inspirieren. „Die Vorlagen nehme ich allerdings immer nur im Handgepäck mit“, schmunzelt der vorsichtige Lehrer.

Im ersten Arbeitsschritt werden die Oberstufenpläne in Angriff genommen. „Dann ist schon ein Drittel geschafft.“ Die Schwierigkeit liegt darin, dass es unmöglich ist „eine fertige Reihe noch einmal zu ändern.“ Wehe, wenn sich nur ein Fehler einschleicht ins System. Das kostet oft drei bis vier Stunden zusätzliche Arbeit, überschlägt der Mathematiklehrer. Ist dieses Werk vollbracht, kommen noch der Lehrerplan, der Plan für die Fachräume – „die möglichst zu 100 Prozent ausgelastet sein sollen“ – und der Klassenplan. Insgesamt sechs Seiten füllt Helmut von Wirth auf diese Weise – und dann schneidet er alles wieder auseinander. In Kopie, versteht sich – es ist ein Service für die Kollegen. Sie erhalten nämlich neben dem ausgehängten Plan in Sekretariat und Lehrerzimmer ihren persönlichen Wochenplan ins Fach.

Vor 30 Jahren, erinnert sich Helmut von Wirth an seine Anfangszeit im Haus Overbach, konnte der stellvertretende Schulleiter, Pater Stender, den Stundenplan noch auf einer Stecktafel machen. Das ist heute nicht mehr möglich. Aber die Modernisierung ist noch nicht abgeschlossen – natürlich gibt es längst ein Computerprogramm für Stundenpläne. „UNTIS“ heißt das Zauberwort, das dem nahezu „ausgedienten“ Stundenplaner nicht über die Lippen kommt: „In zwei Jahren gehe ich in Pension.“ Dann kann sein Nachfolger entscheiden, ob Bleistift oder Bytes sein Hilfsmittel sind.


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