Jährlich fallen 600 Kubikmeter Abfall an

„Frühjahrsputz“ auf der Autobahn
Von Redaktion [01.03.2006, 10.55 Uhr]

Herbert von Heel ist seit über 25 Jahren auf den Autobahnen zu Hause.

Herbert von Heel ist seit über 25 Jahren auf den Autobahnen zu Hause.

„Wenn erst Gras über darüber gewachsen ist, regt sich keiner mehr auf“, witzelt ironisch Herbert von Heel, stellvertretender Leiter der Autobahnmeisterei Titz. Gemeint ist, was stetig am Wegesrand wächst, aber nie gepflanzt worden ist: der Müllberg. Das Frühjahr ist für die Straßenwärter nicht nur die richtige Zeit, um zur Pflege der Pflanzen auszurücken, sondern auch Hochsaison für die Abfallbeseitigung. Das dient einerseits der Verschönerung, andererseits dem Schutz der Arbeitsgeräte. Die Mähmaschinen zum Beispiel nehmen Schaden an den herumliegenden Flaschen, Dosen und Plastikplanen. „Überall, wo langsam gefahren wird, liegt besonders viel Abfall“, ist die Erfahrung von Heel. Haupt-Müllplätze sind daher die Ausfahrten: „Man wird nicht gut gesehen und ist schnell wieder weg“, liefert der Fachmann die Begründung für dieses Verhalten.

Freuen dürfte sich der Ex-Bundesumweltminister Trittin, denn tatsächlich hat die Einfrühung des Dosenphandes dieses Wegwerfprodukt seltener werden lassen. „Allerdings würden Sie sich weunder, wieviele Dosen wir jetzt inklusive Wertmarke finden“, korrigiert von Heel die polisitve Nachricht gleich. Schließlich wisse der Reisende nicht, wann er dieses Pfand – auf der Raststätte bezahlt – jemals einlösen kann. Und der Reisenden gibt es viele: Je 24 Stunden befahren alleine auf der Strecke zwischen Titz und Aldenhoven über 40.0000 Fahrzeuge die A 46, wie ein Zählwerk bei Mersch belegt.

Von Heinsberg-Dremmen bis Jülich-West, von Mönchengladbach-Odenkirchen und Güdderath über die Umgebung von Grevenbroich bis nach Bergheim erstreckt sich das Revier der 40 Mannen der Autobahnmeisterei. 95 Mittelstreifenkilometer – so wird gerechnet – und 65 Kilometer Rampenfahrbahnen und Parkplätze wollen betreut werden. „Die Strecken sind so gewählt, weil die Männer ja nicht auf der Autobahn wenden können“, erklärt von Heel. Die Lage im „Dreierkreuz Jackerath“ kommt erschwerend hinzu.

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Per Hand müssen die Gullis auch auf der Autobahn bei fließendem Verkehr für die nachfolgender Kehrmaschine geleert werden – eine nicht ungefährliche Arbeit für die Straßenwärter.

Per Hand müssen die Gullis auch auf der Autobahn bei fließendem Verkehr für die nachfolgender Kehrmaschine geleert werden – eine nicht ungefährliche Arbeit für die Straßenwärter.

An diesem Tag ist ein Fünfer-Team auf der A61 bei Bedburg im Dienst. Die Arbeit der Straßenwärter erfordert ein breites Wissen: In der dreijährigen Ausbildung gilt es, sich vom Betonbau über Gärtenrei bis zu Bewätitgung des Schilderwaldes Kenntnisse anzueignen. Vor allem aber brauchen die Straßenwärter ein hohe Konzentration. Als „kehrendes Fußvolk“bei fließendem Autobahnverkehr die Straße zu reinigen, birgt viele Gefahren. „Das größte Risiko sind die unaufmerksamen Fahrer, die dazu noch bis auf den letzten Meter auffahren“, weiß von Heel nach über 25 Jahren Berufserfahrung. Drei Straßenwärter sind im 2002 auf den Straßen Nordrhein-Westfalens bei ihrer Arbeit getötet worden – allerdings keiner aus dem Beritt der Titzer Autobahnmeisterei.

Schon weit im Voraus wird durch zwei fahrbare Absperrtafeln auf die Arbeiten hingewiesen. Dann kommt der Mannschaftswagen und schließlich die Kehrmaschine. Vor der Kehrmaschine laufen Straßenwärter, die die größten Abfallteile wie Radkappen, Decken oder Jacken einsammeln und mit einem Besen die Ladung für die Kehrmaschine bereiten. Entleert werden bei dieser Aufräumaktion auch die Gullys am Mittelstreifen. „Wenn dort eine Pfütze entsteht, ist die Verkehrssicherheit nicht mehr gewährleistet“, belehrt Herbert von Heel. Und dies ist die vornehmste Aufgabe der Autobahnmeisterei: Die Sicherheit und die „Leichtigkeit“ des fließenden Verkehrs zu sichern. So werden die Straßenmeister auch zu Unfällen gerufen, wenn es gilt, Ableitungen von der Autobahn zu organisieren. „Wir haben einen guten Kontakt zur Polizei“, betont der stellvertretende Leiter der Autobahnmeisterei.

Das ist auch dann hilfreich, wenn ein Müllsünder „erwischt“ wird: „Alle Fahrzeuge sind mit Funk oder Handys ausgestattet und können sofort eine illegale Entsorgung der Polizei melden.“ Die Beamten stoppen das Fahrzeug wenn eindeutig zu erkennen ist, dass er nicht Reisemüll entsorgt hat „ist man reif“. Eine Strafanzeige ist die Folge. Allerdings ist die „Fangquote“ gering. Jedes Jahr fallen rund 600 Kubikmeter Abfall an, die aus dem Wagen geworfen oder an Parkplätzen gleich tütenweise entsorgt werden. „Es gibt nichts, das wir noch nicht gefunden hätten – vom Hausmüll über Tapezierabfälle bis zum Eisschrank war alles dabei, was sich auf einen kleinen Pkw-Anhänger laden lässt.“ 85.000 Euro sind 2002 an „Müllgebühren“ bei der Autobahnmeisterei angefallen.


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