Interview mit Lehrpreis-Träger 2005: Prof. Dr. Marcus Baumann
Der Professor, der als Wal sein Glück fände
Von Arne Schenk [25.11.2005, 19.27 Uhr]
Ausgezeichnete Lehre zu machen, dieser Ruf ging Prof. Dr. Marcus Baumann vom Fachbereich Angewandte Naturwissenschaften und Technik am Standort Jülich der FH Aachen, Standort Jülich, immer schon voraus. Doch jetzt manifestiert er sich in dem Lehrpreis der Fachhochschule, der am Freitag, 18. November, im Krönungssaal des Aachener Rathauses verliehen wird. Immerhin gibt es an der FH Aachen 220 Professoren, davon 70 am Standort Jülich. Arne Schenk untersuchte den Mikrokosmos von Prof. Baumann, LFB-Leiter der Biotechnologie.
![]() Tabakpflanzen stehen momentan im Mittelpunkt von Prof. Dr. Marcus Baumanns Experimenten. |
Wofür wird der Lehrpreis vergeben?
Prof. Baumann: Der Lehrpreis wird jedes Jahr auf der Basis von Vorschlägen vergeben, die aus der Studierendenschaft kommen. Es müssen sich immer mehrere Studierende finden, die einen Professor für den Lehrpreis vorschlagen wollen. Sie müssen dies auch schriftlich begründen. Es ist jetzt drei Mal in Folge so gewesen, dass die Studierendenschaft aus Jülich mich vorgeschlagen hat. Die Studierenden reichen diesen Vorschlag bei einer Kommission ein, dem der Prorektor für Lehre vorsteht. Dort sind die Professorenschaft, Mitarbeiter und Studenten vertreten. Die sichten dann die eingehenden Anträge, vergleichen sie miteinander und legen dann fest, wer den Lehrpreis dann kriegen soll.
Was beinhaltet der Lehrpreis?
Prof. Baumann: Damit verbunden ist eine Zahlung von 3000 Euro, die für die Lehre verwendet werden müssen. Damit kann ich also meine Lehre weiter verbessern im nächsten Jahr.
Für welches Projekt?
Prof. Baumann: Ich werde das Geld auf jeden Fall nutzen müssen im Zusammenhang mit der Einführung der Pflanzenbiotechnologie. Wir sind bundesweit die erste Fachhochschule, bei der die Pflanzenbiotechnologie im Hauptstudium als Modul angeboten wird, und zwar nicht nur als Vorlesung, sondern auch als Praktikum. Dafür sind sehr viele Anschaffungen im Laborbereich nötig. Dafür werde ich die 3000 Euro zumindest zum Teil nutzen. Den zweiten Teil werde ich wahrscheinlich verwenden für eine Exkursion zu einer Marinebiologischen Station in Schottland. Dorthin fahre ich jedes Jahr zwei oder drei Wochen mit Studenten, die dort Marine Biotechnologie lernen sollen, so auch im kommenden Jahr. Die Bedingungen an der Station sind ausgezeichnet. Da lassen sich auch andere Lehrmethoden anwenden wie „problemorientiertes Lernen“, das heißt, ich gebe den Studierenden ein Problem, dass sie lösen müssen, nach dem Motto: „Hier ist das Labor, hier ist die Bibliothek und hier bin ich als euer Supervisor und jetzt versucht, das Problem zu lösen “. Da man ja 24 Stunden zusammen ist, ist das sehr effektiv für die Studenten. Das bedeutet sehr viel Arbeit, aber da hat die Vergangenheit gezeigt, dass das von den Studenten sehr sehr gerne angenommen wird.
Was bedeutet der Preis für den Standort Jülich?
Prof. Baumann: Es ist gewissermaßen auch eine Auszeichnung für den Standort Jülich insofern, dass jetzt einer von den Jülicher Kollegen diesen Preis erhält. Meine Kollegin, die jetztige Dekanin Prof. Angelika Merschenz-Quack, hat den Preis auch bereits erhalten, in Jülich ist die Lehre allgemein sicherlich gut.
![]() Prof. Dr. Marcus Baumann bei der Preisverleihung durch Prof. Dr.-Ing Manfred Schulte-Zurhausen in Aachen. |
Was bedeutet er für Sie persönlich?
Prof. Baumann: Es ist eigentlich die größte Auszeichnung, die man als Hochschullehrer erfahren kann, wenn man von der anvertrauten Studierenden vorgeschlagen wird als denjenige, der die beste Lehre macht. Wobei mich auch solche Gefühle bewegen, dass es sicherlich auch eine große Anzahl von Kolleginnen und Kollegen gibt, die auch hervorragende Lehre machen, und die nun leider nicht ausgewählt wurden, aus welchen Gründen auch immer. Denen würde ich das genauso gönnen, aber es ist sicher eine Anerkennung meiner Anstrengungen. Und da sehe ich, dass ich mit meiner Lehre auf dem richtigen Weg bin.
Erklären Sie in drei Sätzen, warum Ihr Lehrfach so wichtig ist.
Prof. Baumann: Die Biotechnologie ist, davon bin ich überzeugt, die Wissenschaft der Zukunft. Ein Großteil unserer heutigen Probleme bei der Entwicklung neuer Medikamente, neuer Produkte, oder auch im Umweltschutz, kann nur mit Hilfe der Biotechnologie gelöst werden. Wir stehen an der Schwelle des Jahrhunderts der Biotechnologie. Wenn Deutschland international mithalten will, müssen wir die Ausbildung und Forschung in der Biotechnologie stärken, vor allem in der angewendeten Forschung, Forschung da, wo eine direkte Umsetzung in der Industrie möglich ist. Und da sind die Fachhochschulen mit ihrer anwendungsbezogenen Orientierung insbesondere gefragt. Hier am Standort Jülich bemühen wir uns alle, bei der Biotechnologie ganz vorne mitzuschwimmen. Deswegen wollen wir auch neuere Bereiche der Biotechnologie wie die Pflanzenbiotechnologie in Forschung und Lehre etablieren, die grüne Biotechnologie, die momentan in der Bevölkerung teilweise noch sehr umstritten ist, von der ich aber meine, dass sie sehr viele Chancen zur Lösung etlicher Probleme, die uns bewegen, bietet.
Was kann der Mensch von den Mikroorganismen lernen?
Prof. Baumann: Die Mikroorganismen sind die erfolgreichsten Lebewesen auf diesem Planeten, sie waren die ersten Organismen, die überhaupt auf der Erde gelebt haben, und sie werden auch überleben, wenn der Mensch mit seinen ganzen Entwicklungen irgendwann die Erde unbewohnbar gemacht hat. Der Erfolg der Mikroorganismen liegt in ihrer Fähigkeit, sich immer wieder auf neue Situationen einstellen zu können, und das stets mit großem Erfolg. Ich glaube, das kann der Mensch von den Mikroorganismen lernen: Spezialisierung auf der einen Seite, aber trotzdem die Bereitschaft, sich auf Neues einzulassen, sich auf neue Situationen immer wieder einzustellen und positiv mit den Herausforderungen in neuen Situationen umzugehen.
Wenn Sie sich in ein anderes Lebewesen verwandeln könnten, welches würden Sie aussuchen und warum?
Prof. Baumann: (lacht) Da muss ich aber wirklich nachdenken, als Mikrobe kann ich mir mich nun nicht vorstellen, vielleicht als Wal. Während einer Antarktisexpedition habe ich in der Neujahrsnacht abseits der Party eine ganze Zeit allein an Deck gestanden und auf das mit Eisschollen bedeckte Meer geschaut. Plötzlich tauchten zwei Pottwale zwischen den Schollen in unmittelbarer Nähe des Schiffes auf. Ich beobachtete eine ganze Weile, wie sie sich dort treiben ließen, in dem klaren eiskalten Wasser, es war ein faszinierendes unglaubliches Erlebnis. Für einen Moment dachte ich, dass Pottwale sicherlich ganz glücklich sein können. Also wenn Wiedergeburt, dann als Wal.
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