Sozialprojekt Kenia des Mädchengymnasiums Jülich

Schwielen statt Sonnenbrand
Von Dorothée Schenk [01.10.2010, 10.02 Uhr]

Die Schwielen an den Händen vom Bau der Biogasanlage sind inzwischen verheilt. Die Eindrücke von den Lebensbedingungen in Kenia dagegen haben sich bei den zwölf Schülerinnen des Mädchengymnasiums Jülich nachhaltig ins Gedächtnis gegraben. Es war das dritte Sozialprojekt der Schule in Ostafrika.

Techniker Mister Maina zeigt den Schülerinnen und Lehrerinnen des Mädchengymnasiums Jülich, was sie zu tun haben.

Techniker Mister Maina zeigt den Schülerinnen und Lehrerinnen des Mädchengymnasiums Jülich, was sie zu tun haben.

„Es war ein Schock!“ Spontan kam die Aussage von Laura Carciotto zu ihrem ersten Eindruck von Kenia. Aus den behüteten Elternhäusern im Jülicher Land trafen sie und 13 weiteren Mädchen zwischen 16 und 18 Jahren auf die sichtbare und fühlbare Armut. Während ihre Altersgenossinnen die letzten zwei Ferienwochen bei Sonnenbad und Müßiggang genossen, buchten und bezahlten sie eine Reise, die Knochenarbeit bedeutete und kein fließend Wasser, keine Dusche, dafür zwei „Plumsklos“ im Freien, ein weiteres mit dem Luxus einer Toilettenschüssel im Hausinnern beeinhaltete. Das waren die Bedingungen, auf die sie im Waisenhaus Wajibu Wetu bei Nairobi stießen. „Aber der Blickwinkel verändert sich“, so die 18-Jährige. Die Begegnung in den Slums und mit Straßenkindern zeigten, wie verhältnismäßig gut es den Kindern geht.

Als Hauptaufgabe im dritten Kenia-Projekt des Mädchengymnasiums Jülich hatten sich die Lehrerinnen Bettina Groos, Sabine Nowara, Teresa Canovas und Dr. Birgitt Fuchs und Oberstufenschülerinnen den Bau einer Biogas-Anlage für Wajibu Wetu vorgenommen. Die erforderlichen 6000 Euro kamen durch Spenden – 1800 Euro alleine von der Organisation „Jugend hilft – Children for a better world“–, Sponsored Walk-Aktionen und den Verkauf von Kunstwerken zusammen.

Die erste Kuppel stand schon, als die Mädchen anreisten. Viele Steine waren aber für das Pendant noch zu schleppen, reichlich Erde galt es zu bewegen und natürlich musste auch gemauert werden. Da stießen die Schülerinnen schon mal an ihre Grenzen: „Was eine Kenianerin alleine machte, haben wir zu zweit tun müssen“, erzählt Viola Schlich beeindruckt von der Tatkraft der Frauen.

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Die guten ins Töpfchen… Bohnen und Reis müssen per Hand verlesen werden, ehe sie in den Kochtopf wandern

Die guten ins Töpfchen… Bohnen und Reis müssen per Hand verlesen werden, ehe sie in den Kochtopf wandern

Auf der anderen Seite beeindruckte die Gelassenheit der Menschen: „Das ist wirklich ,hakuna matata’“, schmunzelt Janine Schmitz, „die Menschen wirken so sorgenfrei, haben viel Zeit für alles und eine ganz positive Einstellung zum Leben.“ Daran merkten die Fernreisenden aber auch, was sie an ihrer Heimat vermissen würden. „Das geregelte Leben von Deutschland hat mir gefehlt“, gibt Lara Zeidler zu.

Die Biogas-Anlage ist nicht nur wegen der Unabhängigkeit und der Gewinnung von Warmwasser für das Waisenhaus von Bedeutung. Sie bringt deutliche Einsparungen: Die bislang notwendigen 100 Euro für Brennmaterial im Monat können die Waisenhaus-Eltern Jane und George Kilomzo anderweitig verwenden. Zum Vergleich: Ein Teepflücker verdient 1 Euro am Tag, ein gelernter Arbeiter 3 Euro.

Den Dung, mit dem die Biogasanlage betrieben wird, liefert ein Großbauer aus der Nachbarschaft. Ehe jener aber als Brennmaterial verwendet werden kann, muss er gewässert und von Hand sortiert werden. In den Kuhexkrementen zu wühlen und sie von grobfaserigen Teilen zu befreien, war für die Kenianer kein Problem, da taten sich die Deutschen deutlich schwerer. Nötig ist dieser Vorgang, weil sonst die Leitung verstopft wird.

Drei Wochen lang war die 15-köpfige Gruppe unterwegs. Neben den vielen Erfahrungen haben die Lehrerinnen und Schülerinnen aus Kenia reichlich Ware mitgebracht. Die kunsthandwerklichen Produkte, darunter auch viele Schmuckstücke im wahrsten Sinne, verkaufen sie in Jülich wieder und finanzieren so weitere Projekte in Kenia. Die nächste Kaufgelegenheit besteht am Informations-Tag der Schule am 13. November. Woher die Organisatoren des Mädchengymnasums Jülich wissen, wo es fehlt? „Wir arbeiten eng mit Kathy Mwai von der Faida Foundation zusammen“, berichtet Bettina Groos.

Das Sozialprojekt in Kenia ist mittlerweile zur Tradition am MGJ geworden. Die Idee wurde geboren, als zum Weltjugendtag in Köln 2005 eine Gruppe von 50 Afrikanerinnen in der Jülicher Schule Aufnahme fand und die Gastfreundschaft mit einer Einladung belohnte. Das MGJ nahm das Angebot schon im Folgejahr an. Neun Schü?lerinnen reisten nach Kenia und mauerten im Slum Kangemi ein Lagerhaus für Lebensmittel. 2008 besuchten sie schon einmal das Waisenhaus Wajibu Wetu und halfen bei der Renovierung der Räume mit. Der eingespielte Zweijahres-Rhythmus soll auch künftig beibehalten werden.

Nähere Informationen unter www.mgj-online.de


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