Jülicher Kulturbahnhof ist eine feste Größe

Hochwertig-vielseitiges Programm in maroden Mauern
Von Arne Schenk [12.08.2005, 13.58 Uhr]

Müde schlummert der alte Jülicher Bahnhof im Morgenlicht. Doch die Ruhe ist trügerisch. Nicht nur, dass je zweimal in der Stunde Züge von Düren kommen oder dorthin abfahren. Auch im Gebäude selbst rumort es mächtig, obwohl während der Ferien das normale Programm auf Sparflamme fährt.

Risse und Löcher im Dachstuhl des Kulturbahnhofs sorgen nicht nur dafür, dass Licht in das Innere fällt, sondern lassen auch Regen eindringen.

Risse und Löcher im Dachstuhl des Kulturbahnhofs sorgen nicht nur dafür, dass Licht in das Innere fällt, sondern lassen auch Regen eindringen.

Im Augenblick wird das Open Air am 20. August vorbereitet. Das Kino läuft weiter mit einem Film pro Woche. Allerdings gibt es in den Sommerferien leider kein Kinderkino. Ansonsten fährt das Programm in der Ferien auf Sparflamme. „Im September geht es verstärkt los“, verspricht Christoph Klemens, Geschäftsführer des Kulturbahnhofs. Dann finden neben dem KSE-Festival, dem Start der FH-Erstsemesterrallye und dem Theaterstarter „Max und Moritz“ auch eine besondere Filmvorführung statt.

Im Rahmen der Ringveranstaltung für Schulen „Ran ans Leben“ wird dann im KuBa der Streifen „Folge der Feder“ gezeigt. Die Reihe „Ran ans Leben“ soll muslimische Mädchen ansprechen und wird organisiert von der Projektentwicklungs- und Forschungsstelle für Chancengleichheit des Kreises Düren. Die Kooperation klappt: „Der Kreis weiß, dass wir Kino machen und kommt auf uns zu.“ Für den 27. Oktober hat sich zudem die „bärenstarke Bärenbande Johannes und Stachel“ angekündigt. Die beiden Vorlesebären der WDR 5-„Bärenbude“ machen dann zweimal eine jeweils einstündige Live-Präsentation mit dem Kabarettisten Erwin Grosche. „Der WDR hat beim Amt für Kinder und Jugend nachgefragt, ob und wo man das hier machen kann“, erzählt Klemens. „Katarina Esser hat das dann an uns weiter geleitet.“

Generell soll sich das Kuba-Program selbst tragen. Deshalb hat die Stadt ihre Zuschüsse zurück gefahren. Und wie jeder andere Mieter auch, bezahlen die Betreiber des Kulturbahnhofes, der Verein Kultur im Bahnhof, anteilige Betriebskosten für Strom, Gas, Wasser und Müllabfuhr an die Stadt. Zudem hat diese mittlerweile eine Umsatzpacht für die Einnahmen in der Kneipe erhoben.

Daher lassen sich dort auch Räume anmieten. Eigentlich sind es nur zwei, die vermietbar sind: die Halle und der Mehrzweckraum, auch kleiner Saal genannt, wobei bei der Halle auch ein Backstageraum mit Küchenbenutzung genutzt werden kann. „Wenn man natürlich für 100 Personen kochen will, ist die Küche überfordert“, konstatiert Kuba-Geschäftsführer Christoph Klemens. „Wir sind keine Großküche.“ Immerhin steht dort ein Herd mit vier Kochplatten zur Verfügung.

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Um die Feuchtigkeit im Keller unter der Terrasse des Kulturbahnhofs austrocknen zu lassen, wurden schon die Wandverkleidungen entfernt und eine eine Loch als Lüftung geschaffen.

Um die Feuchtigkeit im Keller unter der Terrasse des Kulturbahnhofs austrocknen zu lassen, wurden schon die Wandverkleidungen entfernt und eine eine Loch als Lüftung geschaffen.

Perfekt ist die Einrichtung allerdings für die Bewirtung mit Kaffee und Kuchen, wie auch die Bühne 80 erfahren konnte. Zur Abschlussvorstellung zum 25-jährigen Jubiläum waren sie im März im Kulturbahnhof eingekehrt. Der Titel war bezeichnenderweise „Das Kuchenstückchen“. Außerdem hat die katholische Frauengemeinschaft St. Rochus von der Möglichkeit „Kuba und Kaffee“ Gebrauch gemacht. Bei voller Bestuhlung haben Gedecke für 80 Besucher Platz in der Einrichtung. „Da bekommt man auch nicht mehr rein.“

Soll die Veranstaltung etwas zünftiger sein mit Biertischgarnituren und Stühlen, „damit man gemütlicher sitzt“, dann finden auch bis zu 120 Personen Platz. Diese den Zeltbestuhlungen bei Schützenfesten nicht unähnliche Bestuhlung wurde in diesem Jahr bei zwei Karnevalsveranstaltungen in Anspruch genommen, vom Kinderdreigestirn und dem Ordensfest der Rursternchen. Wer es kuschliger haben möchte, geht in den Mehrzweckraum gemeinsam mit bis zu 49 Gleichgesinnten.

Vermietet wird an Vereine, Institutionen und Firmen, allerdings nicht an Privatpersonen. Parteien können ebenfalls in den Genuss der Räume kommen. So halten die GRÜNEN dort ihre Fraktionssitzungen ab, Ver.di unternahm dort die Urabstimmung der Mitarbeiter eines benachbarten Unternehmens. Auch die Jusos werden periodisch vorstellig, erklärt Klemens: „Wenn sie nicht in Düren tagen und sich mal nach Jülich wagen, sitzen die bei uns.“ Allerdings dürfen die Parteien die Räume nur für nichtöffentliche Events in Anspruch nehmen, aber keine Wahlveranstaltungen darin abhalten, ausgenommen Elefantenrunden, die gemeinsam mit dem KuBa organisiert werden. Dies wurde noch einmal in der letzten Vorstandssitzung des Vereins Kultur im Bahnhof festgehalten und findet ab sofort Aufnahme in den Mietbedingungen. Einen besonderen Traum hegt Christoph Klemens: „Ich würde da gerne mal eine Weihnachtsfeier mit Kleinkunst für eine größere Firma machen.“ Dabei kümmere er sich auch um die Künstler, egal ob Jongleur oder Zauberer, Comedy mit Duo Naseweiss oder dem Rurtaltrio.

Doch hinter der kubanischen Pracht verstecken sich auch Schattenseiten, gerade was die bauliche Bestandsaufnahme betrifft: Auffällig ist für Außenstehende bereits der Terrassenbereich vor dem Eingang zum Trakt, wo die Vereine „Frauennetzwerk“, Kleine Hände, „Donum Vitae“, der „Eisenbahn-Amateur-Club Jülich“ und der Drachenclub „Grisu“ ihr Domizil haben. Die Terrassenoberfläche müsste zügig saniert und die Seitenwände abgedichtet werden, um Folgeschäden wie Hausschwamm zu vermeiden, da bei Regen sich das Wasser seinen Weg widerstandslos in die tiefer gelegenen Gefilde bahnt. Auch das Dach ist in einem desolaten Zustand: „Die Aussage des Dachdeckers war, dass das Material der Regenrinne so alt ist, dass eine Reperatur sich nicht mehr lohnt. Wenn ich heute repariere, ist morgen das Loch zwei Meter weiter.“

Auch der Dachstuhl selbst zeigt überall Risse und Löcher: „Da braucht man kein Fenster, um nach draußen zu sehen.“ Der Trakt, in dem einst die Asylbewerber hausten, ist ebenfalls herunter gekommen und steht völlig leer. Klemens regt dazu an, darüber nach zu denken, bei einer möglichen Sanierung des Traktes den Dachstuhl gleich mit zu erneuern und in Zusammenarbeit mit dem Solarcampus eine Photovoltaikanlage darauf zu installieren. So könne durch die Stromerzeugung gleichzeitig die Betriebskosten wieder gesenkt werden: „Hochgerechnet würde dies langfristig der Stadt Geld sparen.“ Die Zusammenarbeit mit dieser und dem Hochbauamt funktioniere sehr gut, bestätigt der Geschäftsführer, „aber dem Amt sind auch die Hände gebunden, weil die nur ein geringes Budget zur Bauerhaltung haben. Mehr können die nicht.“

Termine auf einen Blick.


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