Schuldnerberatung legt Jahresbericht vor
Finanzkompetenz schon ab der Grundschule
Von Arne Schenk [31.05.2010, 09.16 Uhr]
![]() Das Diakonische Werk des Kirchenkreises Jülich übergab den Jahresbericht der Schulnerberatung an Landrat Wolfgang Spelthahn. |
Jubiläum – aber kein Grund zu feiern. 15 Jahre Schuldnerberatung im Kreis Düren und 10 Jahre Verbraucherinsolvenzverfahren sind zwar beste Anzeichen für eine kontinuierliche Arbeit, um Menschen auf den Weg aus den Schulden zu bringen, aber auch Hinweise für einen fortwährenden Handlungsbedarf. Mehr noch: Die Schulden werden immer umfangreicher und immer mehr Menschen sind davon betroffen. Dies ist ein Fazit des Jahresberichtes 2009, den die Schuldnerberatungsstellen im Kreis Düren an Landrat Wolfgang Spelthahn jetzt übergab.
„Es kann jedem in irgendeiner Form passieren“, erklärte Herbert Hamann, Geschäftsführer des Diakonischen Werkes des Kirchenkreises Jülich. Die Überschuldung sei ein strukturelles Problem und kein individuelles, weswegen nicht nur diejenigen betroffen seien, die nicht mit Geld umgehen könnten. Das Wirtschaftssystem sei auf eine bestimmte Form von Konsum aufgebaut, der dazu verlocke, Geld in die Hand zu nehmen, das man nicht habe.
Deshalb betrachte er die Einführung des privaten Insolvenzverfahrens im Januar 1999 trotz aller Kritik als Durchbruch für eine mögliche Zukunft ohne Schulden. Seither haben auch Privatleute die Möglichkeit, ihre Schulden über ein Insolvenzverfahren zu regulieren, wie auch Stefanie Richter von der Jülicher Beratungsstelle in ihrem Resumée festhielt. Zuvor konnten Gläubiger ihr Geld noch mindestens 30 Jahr lang per Zwangsvollstreckung eintreiben.
Allerdings wies sie ausdrücklich darauf hin, dass ein Zugang zum Verfahren „kein Zuckerschlecken und kein Spaziergang“ sei. Schließlich hingen viele Pflichten daran. Ein Verfahren kann erst dann eröffnet werden, wenn von fachlicher Seite bescheinigt worden ist, dass eine außergerichtliche Einigung nicht zustande kam. Während des sechsjährigen Verfahrens verwertet ein Insolvenzverwalter das gesamte Vermögen des Schuldners.
500.000 Anträge sind seit 1999 gestellt worden, 50.000 Menschen erreichten eine Restschuldbefreiung. Im Kreis Düren halfen die Schuldnerberatungen 2009 bei 264 Anträgen im Vergleich zu 185 Anträgen im Jahr 2008. Insgesamt nutzten 1.661 Menschen das Angebot der Beratungsstellen, zumeist mittleren Alters, unterstrich Dietlinde Folger-Kastrau, Beratungsstelle Düren.
Etwas weniger Frauen als Männer seien darunter, allerdings gleichen sich die Zahlen immer mehr an, vermutlich weil die Damen immer stärker am Wirtschaftsleben teilnähmen und so unter anderem auch bei Hausfinanzierungen unterschrieben. Die Durchschnittsverschuldung liege bei etwa 30.000 Euro pro Person, im allgemeinen bedingt durch Arbeitslosigkeit, Scheidung oder ein Auseinanderbrechen der Partnerschaft, der Aufgabe einer Arbeitsstelle wegen Schwangerschaft bei Doppelverdienern.
Im vergangenen Jahr habe sich zudem das „Stiefkind Prävention“ entwickelt. Ein ehemaliger „Banker“ biete seit Anfang 2009 einen Finanzführerschein inklusive Prüfung in den Schulklassen 9 und 10 sowie am Berufskolleg an, erzählte Dagmar Becker von der Beratungsstelle Düren. Geplant sei es zudem, eine Finanzkompetenz bereits früher in den offenen Ganztagsgrundschulen anzusetzen.
Landrat Spelthahn fühlte sich durch diese Berichte bestätigt, entgegen dem Trend die Einrichtung mit einer 1,5 zusätzlichen Stellen im Jahr 2009 zu erweitern. Er würdigte die verdienstvolle Aufgabe, unmittelbar Betroffenen zu helfen. Es sei ein europa-, ja weltweites Problem, dass die Gesellschaft für ihre Verhältnisse lebe. Sie bräuchte neue Ankerpunkte und Orientierung. Allerdings erfordere dies ein Umdenken.
Zu einer Informationsveranstaltung "Neu ab 12. Juli 2010: Das Pfändungsschutzkonto" lädt die Evangelische Gemeinde am Mittwoch, 16. Juni, von 17 bis 19 Uhr, in den Vortragsraum neben der Christuskirche, Peter-Beier-Platz 4, nach Düren.
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