Henning Krautmachers Kunstwerk ist Teil des Mauermuseums
Höhner-Kunst von der Rur an die Spree
Von Redaktion [04.07.2008, 12.31 Uhr]
![]() Henning Krautwassers Werk „„Sprung in die Freiheit“ wurde in Düren für Berlin entdeckt |
Für die Besucher des Berliner Mauermuseums am Checkpoint Charlie ist der Sprung in die Freiheit erschwinglich. Für fünf Euro trägt man eines der bekanntesten Fotos der Welt im Großformat schwarz auf weiß nach Hause. Es zeigt den damals 19-jährigen Volkspolizisten Conrad Schumann bei seinem beherzten Sprung von Ost- nach Westberlin. Der Fotograf Peter Leibing hat ihn am 15. August 1961 mitten im Flug über die Stacheldrahtrollen festgehalten, Platzhalter für die zu bauende Mauer.
Der „Sprung in die Freiheit“ sagt mehr als 1000 Worte, er bringt den Kalten Krieg auf den Punkt. Henning Krautmacher, Sänger der Kölschen Kultband „De Höhner“, ließ das Foto nicht mehr los. „Jeder kennt das Bild, aber die Wenigsten wissen, was aus diesem jungen Mann geworden ist, der von einer Sekunde auf die andere in ein ganz neues Leben gesprungen ist“, sagt Krautmacher.
Der schnauzbärtige Musiker, gelernter Dekorateur, hat den „Fall Schumann“ intensiv recherchiert und das Foto mit seinen eigenen künstlerischen Mitteln verarbeitet. So entstand eine dreidimensionale Installation. Von Schumann ist nur der Umriss geblieben, sein Körper erscheint als verrostetes Metall, Symbol für Vergänglichkeit. Den realen Hintergrund ersetzt Krautmacher durch die deutschen Nationalfarben. Die Dynamik des Originals blieb erhalten, Schumann scheint über den realen Stacheldraht vor sich auf den Betrachter zuzuspringen. Mit dem Wortspiel „Go, gun, gone“ kommentiert der Künstler die Szene vielsagend.
![]() Der Ur-Sprung des Werks |
Seit einigen Wochen ist Krautmachers „Sprung in die Freiheit“ im Berliner Mauermuseum zu sehen, das täglich von mehreren tausend Besuchern besichtigt wird. Verteidigungsminister Franz-Josef Jung war dabei, als es am Vorabend des zehnten Todestages von Conrad Schumann enthüllt wurde. So selbstverständlich es sich in die Ausstellung einfügt, um in die Bundeshauptstadt zu gelangen, bedurfte es des Umwegs über den Kreis Düren.
Konkret: Unmittelbar vor der Uraufführung von „Salto Globale“ in Jülich, der vierten Koproduktion der Höhner mit dem Roncalli-Zirkus, hatte Landrat Wolfgang Spelthahn Henning Krautmacher für eine Ausstellung seiner Bilder in Düren gewinnen können. So wurde das Kreishaus Düren im Frühjahr einmal mehr zum Museum.
Die Resonanz der Besucher war einhellig positiv. Dieser Henning Krautmacher war den Wenigsten bekannt. Insbesondere das Triptychon zog die Menschen an. „Dieses Kunstwerk muss einem noch viel größeren Publikum präsentiert werden“, stand für Landrat Wolfgang Spelthahn fest. So lud er Wolfgang Bosbach, den stellvertretenden Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion aus dem benachbarten Rheinisch-Bergischen Kreis, nach Düren ein, der von der symbolträchtigen Installation ebenfalls begeistert war. Es dauerte nicht lange, bis sich die Türen des Mauermuseums öffneten, in dem der „Sprung in die Freiheit“ nun als Dauerleihgabe zu sehen ist.
Besucher aus aller Welt saugen die Exponate in dem ehemaligen Wohnhaus förmlich auf. Unzählige Dokumente der unseligen Teilung des deutschen Volkes hat der mittlerweile verstorbene Museumsgründer Rainer Hildebrandt seit Oktober 1962 zusammengetragen. Geschil-dert werden die Jahre der Trennung. Und die findigen Versuche von DDR-Bewohnern, der Unfreiheit zu entkommen. „Not macht erfinderisch“, staunten Landrat Wolfgang Spelthahn und Henning Krautmacher jetzt, als sie die Ausstellung besuchten. Ob im umgebauten Kofferraum eines VW Käfer versteckt oder in einer Lautsprecherbox, ob mit selbstgebauten Ultraleicht-fliegern auf und davon oder per Heißluftballon – der Freiheitsdrang der Menschen war über Jahrzehnte ungebrochen. Sogar eine BMW Isetta diente als Fluchtfahrzeug.
In Henning Krautmacher steigen Kindheitserinnerungen an Verwandtenbesuche in Berlin auf. „Ich war sieben, als mein Vater mir mit todernster Stimme erklärte, dass wir erschossen würden, wenn wir den Zug an der falschen Stelle verlassen – das vergesse ich nie.“ Heute steht er in Kontakt mit der Witwe Schumanns, der seinem Leben 1998 selbst ein Ende setzte. „Ihn hat die Vergangenheit nie losgelassen; er muss ein tief deprimierter Menschen gewesen sein.“ Die DDR – Krautmachers Interpretation: Deep Depressive Reality - deutete das berühmte Foto übrigens zum eigenen Erfolg um: Die Flucht Schumanns war das clevere Einschleusen eines eigenen Mannes beim Klassenfeind. Landrat Wolfgang Spelthahn und Henning Krautmacher sind sich einig: „Wer Berlin besucht, sollte sich diese Ausstellung nicht entgehen lassen.“
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