Polizei Düren beteiligt an Landesprojekt

Kreis Düren: 505 Hilferufe bei häuslicher Gewalt
Von Redaktion [22.03.2007, 07.09 Uhr]

Die Kreispolizeibehörde Düren ist eine von sechs Kreispolizeibehörden des Landes NRW, in denen eine Wirkungsüberprüfung polizeilicher Maßnahmen stattfindet. Im Jahr 2006 wurde die Polizei im Kreis Düren 505 Mal wegen häuslicher Gewalt zu Hilfe gerufen. Während die Anzahl der Strafanzeigen in den ersten drei Jahren nach Inkrafttreten des Gewaltschutzgesetzes und des § 34 a des Polizeigesetz des Landes Nordrhein-Westfalen im Jahr 2002 mit durchschnittlich 320 etwa stagnierte, kletterte sie über 416 in 2005 auf den jetzigen bisherigen Höchstwert.

Dies belegt, dass Gewalt in der Familie immer mehr ans Licht geholt wird. „Häuslicher Gewalt muss Einhalt geboten werden“, so die Pressemitteilung. Denn sie gilt als die am weitesten verbreitete Form von Gewaltausübung und Gewalterfahrung - gerade für Kinder und junge Menschen. Der schlagende Vater wird zum negativen Vorbild für Jungen und die geschlagene Mutter wird zum negativen Vorbild für Mädchen. Wissenschaftliche Studien aber auch polizeiliche Erfahrungen belegen, dass Jungen, die in einer von Gewalt geprägten Familie aufwachsen, ein weit höheres Risiko aufweisen, selbst Gewalt anzuwenden als Jungen aus unbelasteten Familien. Mädchen mit familiärer Gewalterfahrung werden dagegen später häufiger Opfer. Häusliche Gewalt bringt die nächste Generation der Täter und Opfer hervor.

In den Strafanzeigen zu Fällen häuslicher Gewalt des Jahres 2006 spielten 406 Körperverletzungen eine Rolle, Bedrohungen wurden 84 Mal, Sachbeschädigungen 50 Mal und sexuelle Nötigung und Vergewaltigung in 12 Fällen registriert.

Zum Schutz der Opfer kann die Polizei den Täter zunächst für zehn Tage aus seiner Wohnung verweisen. In der Regel sind dies Männer. In 47,5 % der 505 Fälle des Jahres 2006 (= absolut 240) wurden Wohnungsverweise und Rückkehrverbote ausgesprochen. Durch diese und weitere mögliche polizeilichen Maßnahmen werden den Schlägern Grenzen gesetzt und ihnen ihr Unrecht vor Augen geführt.

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Die Opfer werden ausführlich über ihre rechtlichen Möglichkeiten informiert und bekommen von der Polizei geeignete Beratungseinrichtungen genannt. Bei vorliegendem Einverständnis der Betroffenen wird der erste Kontakt zu Hilfeeinrichtungen hergestellt.

Auch die Amtsgerichte haben in mehreren Fällen, über die polizeiliche Wohnungsverweisung hinaus, ein so genanntes Kontakt- und Näherungsverbot verfügt. Darin wird dem gewalttätigen Partner eine Annäherung oder Kontaktaufnahme mit dem Opfer untersagt.

Um Opfer wirksam zu schützen, ihnen Hilfe zu vermitteln und häusliche Gewalt nachhaltig zu vermeiden, gehören neben Wohnungsverweisung und Rückkehrverbot insbesondere systematische Gefährdungsanalysen und Gefährderansprachen, an denen sich Art und Umfang der Schutzmaßnahmen für das potentielle Opfer orientieren, landesweit zum polizeilichen Repertoire. Dennoch kommt es immer wieder zu Tötungsdelikten unter Partnern bzw. Expartnern. Im Kreis Düren war das zuletzt im Jahr 2005 der Fall. In schrecklicher Erinnerung ist sicherlich noch die Inbrandsetzung eines Wohnhauses durch einen eifersüchtigen Ex-Partner in Nideggen-Schmidt, bei der zwei Menschen ums Leben kamen.

Die polizeilichen Interventionsmaßnahmen basieren auf der Annahme, dass diese Tötungsdelikte grundsätzlich präventabel sind und dass u. a. die genannten polizeilichen Maßnahmen geeignet sind, diese Taten zu verhindern. Empirisch belegt sind diese Zusammenhänge bisher allerdings nicht.

Der Frage, ob die polizeilichen Maßnahmen tatsächlich die gewünschten Wirkungen erzielen, geht nun eine durch das IM NRW in Auftrag gegebene Wirksamkeitsuntersuchung nach: Die polizeilichen Konzepte, ihre Umsetzung auf örtlicher Ebene - auch die Vernetzung mit anderen Verantwortungsträgern - werden auf ihre kausalen Wirkungen hin analysiert. Dadurch wird Aufschluss darüber erhofft, welche Maßnahme wie unter welchen Rahmenbedingungen wirkt.

Die Evaluation soll vor allem die polizeilichen Maßnahmen Gefährdungsanalyse und Gefährderansprache überprüfen. Im Ergebnis wünscht man sich Empfehlungen zu erhalten, wie das polizeiliche Einschreiten professioneller und erfolgreicher zu gestalten ist, wie die Aus- und Fortbildung zu verbessern ist, um die Einsatzkräfte handlungsfähiger und handlungssicherer zu machen, wie die Zusammenarbeit in bestehenden Netzwerken optimiert werden kann und wie klarere Verantwortungsstrukturen geschaffen werden können.

Aus Kostengründen und forschungspraktischen Erwägungen konnten nicht alle Kreispolizeibehörden des Landes einbezogen werden. Außer in Düren finden in fünf weiteren Behörden Wirksamkeitsevaluationen statt. Unterstützt durch das LKA NRW wurden bereits im letzten Jahr die wesentlichen Voraussetzungen für die jetzt anstehende Wirksamkeitsüberprüfung geschaffen. Die eigentliche Wirkungsevaluation führen Wissenschaftlerinnen des Instituts für Polizei- und Sicherheitsforschung (IPoS) an der Bremer Hochschule für öffentliche Verwaltung durch, die der Kreispolizei Düren am Dienstag ihren Antrittsbesuch abstatteten.


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