Jülicher Kaiser dichtet auf Spanisch
Lyrisches im Dürener Tor in Nideggen
Von Till Achinger [19.04.2005, 15.56 Uhr]
EZBKL-Vorstand Alexander Ziegler war mehr als zufrieden mit dem, was Arndt Bander und Tristan Kaiser im Dürener Tor boten. Foto: Till Achinger |
Die Stühle reichten nicht ganz aus, einige Hörer mussten in der letzten Reihe stehen. Trotzdem herrschte konzentrierte Stille im Dürener Tor, als Tristan Kaiser am Sonntag aus seinen Gedichten und Kurzgeschichten las. Der Europäische Zentralverband Bildender Künstler und Literaten (EZBKL) ermöglichte dem 20-jährigen Literaten zum Abschluss der Ausstellung „Natursündliches Kundenregister“ von Ricarda von Truchseß seine erste Einzellesung vor einem interessierten und begeisterten Publikum.
Mancher kam, weil er ihn schon kannte: aus Jülich, wo er zur Schule ging und sich in mehreren Autorengruppen engagierte, oder von den Lesungen der Gruppe „Literatur um Acht“ in Köln, wo er Deutsch und Spanisch auf Lehramt studiert. Er lässt sich nicht nur sehr durch die Literatur der iberischen Halbinsel inspirieren, sondern schreibt selbst auf Spanisch. Eine kleine Kostprobe gab er mit dem kurzen Gedicht „Las Olas“ und der deutschen Übersetzung „Die Wellen“. Doch auch auf Deutsch schreibt er feinfühlige Liebesgedichte, ohne dabei in kitschige Klischees zu verfallen. Natürlich thematisiert Kaiser auch typische Konflikte eines jungen Menschen, doch aus einem ihm ganz eigenen Blickwinkel.
Seine Kurzgeschichten handeln, dem Pop-Literatur-Trend zum Trotz, nicht vom angepassten Auskommen in der Konsum- und Mediengesellschaft, sondern von deren Störfall, den kurzen Momenten, in denen der Alltag außer Kraft gesetzt wird. Dazu lässt er Büroangestellte mit Gulasch Kunstwerke malen und zettelt eine Massenschlägerei um die richtige Benennung der Trennstäbe an der Supermarktkasse an. Sein Vorschlag zur Namensgebung: Warenseparationsindikator. Wenn er die erotische Phantasie eines vom Fernsehen abgestumpften Dickwanstes beschreibt, ist das sicher nicht jedermanns Sache. Doch auch die Provokation setzt Kaiser nicht als Selbstzweck oder Effekthascherei ein, sondern um seine Botschaft zu transportieren.
Auch Sprache und Literatur selbst wird oft zum Gegenstand seines Schreibens, besonders in der Kurzgeschichte „Ach hätten wir doch nicht Skat gespielt, als die Löwen kamen“. Die fiktive Skatrunde des Autors, des Erzählers, des Protagonisten und des Lyrischen Ich muss eskalieren, wie es sich für paradoxe Situationen gehört.
Zu lesen ist Kaiser bisher nur in der Anthologie „Keine Gewalt. Nirgendwo.“, erschienen 2001 im Butson und Berker Verlag, mit der Kurzgeschichte „Besuch der Gewalt“. Am 26. April liest er bei einer Veranstaltung zum Düsseldorfer „Licht-Masterplan“ im dortigen Sportrestaurant Kreuzer.
Effektvoll umrahmt wurde die Lesung durch das Talent Arndt Bander. Der Gitarrist spielt in drei verschiedenen Bands und stellte im Dürener Tor erstmals sein Solo-Projekt „Arndt's Homezone“ vor, in dem er mit Gitarre und Synthsizer zu selbst arrangierten Beats und Samples spielt. Auch er ist am 26. April in Düsseldorf zu hören.
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