Projekt Selbstsicherheitstraining an der Rheinischen Schule für Blinde

Düren: Stark gegen Sexualtäter auch ohne Augenlicht
Von Redaktion [12.03.2006, 14.37 Uhr]

Die Puppen wurden dem Leiter der Blindenschule, Wolfgang Franz, von Angelika Krämer für den Sexualkundeunterricht der Schule und zum Einsatz für weitere Selbstsicherheitstrainingsüberreicht.

Die Puppen wurden dem Leiter der Blindenschule, Wolfgang Franz, von Angelika Krämer für den Sexualkundeunterricht der Schule und zum Einsatz für weitere Selbstsicherheitstrainingsüberreicht.

„Unsere Schüler und Schülerinnen sind einer besonderen Gefahr ausgesetzt, sexuell missbraucht zu werden – vor allem von Personen im nahen Umfeld. Ich bin seit sechs Jahren Schulleiter dieser Schule, in dieser Zeit gab es im Durchschnitt je einen Fall sexueller Übergriffe im Jahr“, sagte Wolfgang Franz, Schulleiter der Rheinischen Schule für Blinde beim abschließenden Gespräch über das durchgeführte Selbstsicherheitstraining. Durch die Abhängigkeit blinder und sehbehinderter Mädchen und Jungen zu anderen Personen und Unsicherheit in sozialen Kontakten, bedingt durch die Sehschädigung, hätten viele von ihnen ein vermindertes Selbstwertgefühl. „Die Fremdbestimmung impliziert weiterhin ein geringes Körperbewusstsein, die Schwierigkeit Gefühle und damit die eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen“, so Tina Lorig, Lehrerin der Schule.

„Tina Lorig wandte sich als Mitglied der Schulprogrammgruppe Mädchen- und Jungenförderung der Schule im Dezember 2004 an mich“, sagt Marion Laßka vom Kommissariat Vorbeugung, die sich mit Sigrid Bergsch vom Verein basta! e. V. gegen den sexuellen Missbrauch an Jungen und Mädchen zusammensetzte und mit Beratung der Schulprogrammgruppe ein Rahmenkonzept erarbeitete. Arbeitsblätter, die von Sigrid Bergsch an Regelschulen eingesetzt werden, wurden von Tina Lorig für jeden Schüler individuell in Großschrift oder Blindenschrift übersetzt. Nach mehr als einem Jahr Vorarbeit wurde das Selbstsicherheitstraining mit 6 Jungen und 3 Mädchen, blind oder sehgeschädigt sowie lern- oder geistig behindert im Januar 2006 gestartet. Sigrid Bergsch erläutert: „Das Rahmenkonzept war ein offenes Curriculum, das von Stunde zu Stunde – auf die Stärken der Schüler und Schülerinnen abgestimmt, weiterentwickelt wurde. Menschen mit Behinderungen haben ganz spezielle Stärken, die in einem Training umgesetzt werden können.“

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Gemeinsam mit Marion Laßka gestaltete Sigrid Bergsch die 20 Unterrichtsstunden. Wechselweise kamen von der Schule die Lehrerinnen Tina Lorig und Uta Herzog hinzu sowie drei Frauen des Vereins basta!. Drei bis vier Frauen waren pro Unterrichtseinheit immer anwesend. Und weiter: „Drei der Kinder im Alter zwischen 12 und 15 Jahren haben bereits während des Trainingsverlaufs erlebt: "Das wirkt!", weil sie sich in ihrem Alltag besser durchsetzen konnten.

Zu dem Selbstsicherheitstraining gehörte eine Einheit zur Sexualerziehung, in der die Teilnehmer Körperteile benennen und ausdrücken sollten, wo sie von wem nicht angefasst werden wollen. Die Schüler und Schülerinnen gebrauchen eine Sprache, mit der sie sich im Fall von sexueller Gewalt ausdrücken können. An anderen Schulen wird dies über Arbeitsblätter vermittelt – das war aber in diesem Fall nicht möglich. Es wurden Puppen mit sekundären Geschlechtsmerkmalen angeschafft, an denen bis zu den Hautfalten alle Stellen am Körper zu ertasten waren. Allerdings war der Preis dafür sehr hoch: Der Lions Club Düren-Rurstadt hat die Anschaffung der Puppen übernommen. Präsidentin Angelika Krämer: "Der Lions Club Düren-Rurstadt setzt mit vielfältiger Hilfe für die Rheinische Schule für Blinde in Düren die weltweite Tradition der Lionsbewegung "sight first" gegen Blindheit und dem Engagement für Sehgeschädigte hier vor Ort um. Die Mittel zur finanziellen Unterstützung des Selbstsicherheitstrainings für blinde Schüler und Schülerinnen, das auch eine Prophylaxe gegen sexuellen Missbrauch ist, wurde vom Lions Club Düren-Rurstadt sofort und mit vollster Überzeugung genehmigt."


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