Kritische Worte der Kreisbauernschaft
´Billig, billig´schlecht für regionale Strukturen
Von [05.08.2015, 08.07 Uhr]
„In allen Produktbereichen – ob Milch, Geflügel oder Schwein – ist die Lage zurzeit äußerst angespannt“, betont Erich Gussen, Vorsitzender der Kreisbauernschaft Düren. Die Landwirte können ihre Kosten nicht decken. Gussen sagt dies mit Blick auf die Protestaktionen französischer und belgischer Kollegen in dieser Woche.
Die Barrikaden der Franzosen seien aus dem Unmut der französischen Tierhalter über die schlechten Preise entstanden. Doch auch in Deutschland bekämen etwa die Schweinehalter bereits seit eineinhalb Jahren 15 bis 20 Cent zu wenig pro Kilogramm Fleisch.
„Obwohl das Angebot an Milch kaum ausgedehnt wurde, hat der Milchpreis angesichts des Russland-Embargos und schwächelnder Exportmärkte in den vergangenen Wochen deutlich an Boden verloren“, hebt der Vorsitzende hervor. Auch bei Getreide und Gemüse sei zurzeit ein erheblicher Druck auf die Preise zu verspüren. Der Preis für Zucker habe sich auf dem Weltmarkt sogar binnen eines Jahres halbiert. „Alle Landwirte leiden unter der Preiskrise, deren Auswirkung sich durch die in Deutschland von der Politik geforderten zusätzlichen Auflagen einschließlich des Mindestlohns deutlich verschärfen wird. Diese Preiskrise betrifft alle Landwirte“, sagt der Vorsitzende deutlich.
In der Verantwortung sieht Gussen insbesondere den Lebensmitteleinzelhandel. „Der Handel darf seine Marktmacht nicht ausnutzen und zusätzlichen Druck auf die Preise ausüben. Alle, die nur auf ‚billig, billig‘ setzen, zerstören langfristig unsere regionalen Strukturen – das gilt für den Lebensmitteleinzelhandel genauso, wie für jeden Verbraucher, der an der Ladentheke entscheidet“, warnt der Vorsitzende und empfiehlt beim Einkauf auf regionale Produkte zurück zugreifen.
In Deutschland gäben die Verbraucher gerade mal elf Prozent ihres Einkommens für Lebensmittel aus – in Frankreich seien es zum Vergleich 16 Prozent. Um den Preisdruck des Handels zu senken, sei dringend das Bundeskartellamt gefragt. Mit Blick auf Frankreich kritisiert der Vorsitzende: „Mit einer Warenblockade schneidet man sich ins eigene Fleisch. Schließlich exportiert Frankreich sogar mehr nach Deutschland als umgekehrt.“ Die rheinischen Landwirte würden Frankreich nicht mit billigen Produkten überrollen.
„Wir leiden unter dem gleichen Preisdruck des Lebensmitteleinzelhandels, wir sitzen in einem Boot mit den französischen Kollegen“, sagt der Vorsitzende. Allerdings würden die Landwirte jenseits des Rheins häufig von kostenträchtigen Auflagen verschont und hätten beim Agrardiesel einen echten Wettbewerbsvorteil. Gerade die in Frankreich gewährte produktbezogene Förderung im Rahmen der Umsetzung der EU-Agrardirektzahlungen wirke wettbewerbsverzerrend und strukturkonservierend. Demgegenüber sei in Deutschland im Rahmen eines schmerzlichen Prozesses die sogenannte Entkopplung in allen Bereichen eingeführt worden, so dass heute die Landwirte nur noch einen Ausgleich für die erbrachten Umweltleistungen sowie das Einhalten der hohen Standards erhalten würden.
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