20 Jahre Hospiz am St. Augustinus-Krankenhaus

Düren: Wo der Patient Gast ist
Von Dorothée Schenk [12.06.2015, 11.04 Uhr]

Auch Alltag gehört ins Hospiz

Auch Alltag gehört ins Hospiz

„Heute nehmen wir noch einen Gast auf und morgen auch“, zählt Thomas Kleiner auf. Wie lange sie bleiben? Manche nur einige Stunden, andere 17 oder 27 Tage, ein Gast blieb sogar anderthalb Jahre. Ortstermin im Stationären Hospiz in Lendersdorf. Hier werden seit 20 Jahren Sterbende begleitet.

Lichtdurchflutet sind die Räume, es ist ein sonniger Tag. Der Blick aus dem Fenster geht ins Grüne, ein Spielplatz wird gerade auf dem Rasen angelegt. Das Personal grüßt lächelnd, strahlt keine unnötige Eile, aber emsige Professionalität aus. Der einladende Balkon vermittelt fast so etwas wie Urlaubsgefühle.

Wenig wundert es, dass die zehn Zimmer sehr begehrt sind. Die Warteliste ist lang. Obwohl die Menschen, die sie beziehen, hier zur letzten Reise aufbrechen. Im „Gepäck“ haben sie oft Schmerzen, ein Potpourrie von Gefühlen zwischen Akzeptanz und Wut sowie betroffene Angehörige, die selbst am Ende ihrer Kräfte sind. „Wir sind in unserer Medizin so weit, dass Krankheiten lang therapiert und versorgt werden können. Daher kann aber auch ein Krankheitsweg lange dauern und den Kräftehaushalt einer Familie völlig aufzehren“, spricht Ute Nebel, Sozialarbeiterin im Stammpersonal des Stationären Hospizes im St. Augustinus-Krankenhaus, aus Erfahrung.

Sicher ist auch eine Beruhigung für die Menschen zu wissen, dass die Krankenkassen zu 90 Prozent die Hospiz-Kosten übernehmen. Die restlichen 10 Prozent trägt der Förderverein. Allerdings, so war auf der Festveranstaltung zu hören, erhöht sich die Kostenübernahme demnächst auf 95 Prozent. Den Restbetrag sehe die Hospizbewegung als Verpflichtung an, wie Waldemar Radtke für die AOK erklärte. Es geht darum, dass die Sterbebegleitung nach dem Verständnis keinen Anreiz für profitable Unternehmer sein soll.

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Ein multiprofessionelles Team kümmert sich im Hospiz um seine Gäste und die Angehörigen

Ein multiprofessionelles Team kümmert sich im Hospiz um seine Gäste und die Angehörigen

Anzukommen und zu wissen, dass der Mensch, den man liebt, medizinisch palliativ bestens umsorgt wird und man selbst als Angehöriger Verantwortung loslassen darf, ist für alle Betroffenen eine Erleichterung. Dennoch verursacht es oft Schuldgefühle, wie Ute Nebel weiß: „Es gehört in unserer Kultur, in der man Vater und Mutter ehrt, nicht dazu, Angehörige in eine Institution abzugeben, um sie besser versorgen zu lassen, als man es selbst könnte.“ Fachfrau Nebel und Pfarrer Günter Gerkowski nehmen im Hospiz den Menschen die Last von der Seele. Und: „Sie halten uns den Rücken frei“, ist Thomas Kleiner, stellvertretender Pflegedienstleiter dankbar und voll des Lobes.

Mit einem zehnköpfigen Pflegeteam – also im idealen Betreuungsschlüssel 1:1 – ist das Stationäre Hospiz besetzt. Ein Luxus, der viel Zeit für Gäste und Angehörige mit sich bringt. Im Hospiz geht es nicht mehr um eine Behandlung zur Heilung: „Wir behandeln auf Lebensqualität hin.“ Dazu ist ein multiprofessionelles Team im Einsatz: Die Pflegenden – von denen jede(r) die Qualifikation Palliativ-Care hat – bringen Zusatzerfahrungen aus der Onkologie, in Klangschalen- oder Aromatherapie mit und nutzen vielfältige Fortbildungen.

Besonderer Vorteil: Die Angebote des Augustinus-Krankenhauses können mit genutzt werden. Unterstützt wird das Stammpersonal durch 20 Ehrenamtler, die dafür sorgen, dass das Motto „Den Tagen Leben geben“ Realität ist: Regelmäßige Mahlzeiten und Aktivitäten schaffen für die Gäste und deren Angehörige einen erstrebenswerten Alltag.

Als Modellprojekt des Landes NRW war das Lendersdorfer Hospiz 1995 bewilligt worden, wissenschaftlich begleitet von der KatHo Mainz, die den Wert einer menschenwürdigen Begleitung am Lebensende untersuchte. Mit sechs Betten in fünf Zimmern, eingerichtet als Teil einer neurologischen Station, begann es. Nach der ersten Erweiterung 2005 stehen heute zehn Gästebetten zur Verfügung. Außerdem Gemeinschaftsräume, Küche und Leseecke. „Das Hospiz wächst – ist ja eine lebendige Institution“, sagt Ute Nebel.


Info
Mit dem gestrigen Festakt ist das Jubiläum noch nicht beendet:
Am morgigen Sonntag, 14. Juni, sind Interessierte als zum Tag der offenen Türe geladen.
Als weitere Programmpunkte schließen sich bis zum Jahresendet an
Samstag, 29. August, 15 Uhr - Konzert von Sabine und César Avilés
Mittwoch, 9. September, 19 Uhr - Vortragsabend mit Herrn Prof. Andreas Heller aus Wien
Samstag, 31. Oktober, 15 Uhr – Konzert des Saxophon-Quartetts aus Düren
Mittwoch, 25. November, 19 Uhr Uhr – Vortragsabend mit Dr. Birgit Weihrauch aus Düsseldorf
Mittwoch, 9. Dezember, 16 Uhr – Konzert des Saxophon-Quartetts „Histoire du Saxophone“

Nähere Informationen unter: www.hospiz-dueren.de


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