Zehntes Sommerprogramm

Alten Kirche Körrenzig ist auch Kulturtempel
Von Arne Schenk [20.05.2015, 17.40 Uhr]

Joscho Stephan ist gern gesehener Gast in Körrenzig.

Joscho Stephan ist gern gesehener Gast in Körrenzig.

Die Alte Kirche von Körrenzig sei ein Anziehungspunkt und über den architektonischen Raum hinaus ganz menschlich ein Raum, der Freiheit zur Begegnung mit Leuten schafft, die sonst vielleicht gar nicht nach Körrenzig kämen, betont Pastor Stephan Bäuerle.

Grund für diesen „Schöner-Leben-Effekt“ ist das Programm „Kultur in der Alten Kirche“, das bereits zum zehnten Mal über die Bühne geht. Mit „Renaissance bis Rock“ fällt am Freitag, 29. Mai, 19.30 Uhr, der Startschuss für die diesjährige Saison. Von Di Lasso und Bach über Mendelssohn, Brahms bis zu Freddy Mercury und Billy Joel reicht die Spannbreite des Kammerchores „Altodijo“, der unvoreingenommen jede Art von Chormusik auf ihre Notenpulte legt.

Weiter geht es mit dem Palm Concertino und Stefan Palm an der Orgel („Der Kuckuck und die Nachtigall“) am 3. Juli, ehe Gypsy-Gitarrist Joscho Stephan und Jazz-Vibraphonist Matthias Struck im Quartett („Django meets Bags“) am 21. August sowie das Kölner Ensemble für barocke Kammermusik am 11. September (jeweils freitags um 19.30 Uhr) sich zu Gehör bringen. Der Eintritt zu den Veranstaltungen ist frei. Spenden für die weiteren Renovierungsarbeiten werden erbeten.

Denn die Alte Kirche muss als so genannte „Zweitkirche“ ohne Pfarrkirchenrechte quasi selbst für ihren Unterhalt und Bestandserhaltung sorgen. Daher ist sie auch vom KIM-Prozess ausgenommen. Damit das Gotteshaus dennoch auf seine Kosten kommt, sorgen Förderer und Sponsoren, neben Handwerkern und Geschäften, die den Verein Rettet die Alte Kirche Körrenzig e.V. regelmäßig unterstützen, gibt es kontinuierliche Förderung von Seiten der Hans-Lamers-Stiftung und der Raiffeisenbank Erkelenz.

In diesem Jahr gesellt sich auch die Entwicklungsgesellschaft indeland dazu, die speziell dem Palm-Konzert mit sommerlichen Themen von Vivaldi, Händel und Bach ihren Spender-Stempel aufdrücken. „Vom Budget her haben wir mittlerweile ganz andere Möglichkeiten als in den Anfängen“, bestätigt Manfred Vieten, der 1. Vorsitzende des Vereins. Daher bemühen sich die Organisatoren um Abwechslung in der musikalischen Darbietung.

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Zum Kulturgenuss gehört auch stets die Begegnung dazu.

Zum Kulturgenuss gehört auch stets die Begegnung dazu.

Dennoch reisen auch „Wiederholungstäter“ an, beispielsweise der Mönchengladbacher Jazzgitarrist Joscho Stephan, der diesmal seinen Gypsy-Swing auf den von Milt-Jackson beeinflussten Vibraphonisten Matthias Strucken trifft. Das liegt zum einen an der Atmosphäre des Raumes, der Intimität und Gemütlichkeit. „Was Künstler wie Besucher schätzen, ist, dass es in der Pause und nach den Veranstaltungen noch Begegnung gibt bei Wasser, Bier oder Rotwein“, ergänzt Pastor Bäuerle. So bleiben manche Künstler gerne noch ein Weilchen entweder draußen im Kirchhof oder bei ungünstigen Wetterverhältnissen im Pfarrsaal. Neben der Darbietung finde eben auch Begegnung statt.

So berherbergt die Alte Kirche auch viele Körrenziger, die womöglich sonst nicht den Weg in das Gotteshaus finden würden, während der Konzerte. Jedoch hat sich das Verhältnis inzwischen verschoben. War zu den ersten Veranstaltungen die Mehrheit der Besucher noch aus dem Ort, schätzt Vieten, dass heute mehr als die Hälfte der Besucher von auswärts kommt, und zwar aus dem Jülicher, Erkelenzer und Heinsberger Raum, vereinzelt auch darüber hinaus. Wurden anfangs im Schnitt 80 Zuschauer gezählt, sind es mittlerweile 120.

Bei vollständiger Benutzung der Konzertbestuhlung im Innenraum plus den Kniebänken an den Seitenschiffen sind 160 Sitzplätze verfügbar. Für 200 Besucher müssen zusätzlich Sitzgelegenheiten geschaffen werden. Dann jedoch sind die Kapazitäten restlos erschöpft. Dies erlebten die Anwesenden beim begehrten Vortrag des Archäologen und gebürtigen Körrenzigers Simon Matzerath über die Geschichte des Gotteshauses.

Neben den Konzerten stehen auch Ausstellungen wie die der Pieta-Installation von Stephan Knor und Vorträge auf der Agenda. So präsentierte gleich die allererste Veranstaltung den Mediziner und Theologen Dr. Manfred Lütz aus Köln mit der Vorstellung seines Buches „Lebenslust – wider die Diät-Sadisten, den Gesundheitswahn und den Fitness-Kult“, eines der persönlichen Höhepunkte von Pastor Stephan Bäuerle.

Allerdings wurde die ursprüngliche Idee, das Kulturprogramm als Ergänzung der kirchlichen Oktav im September veranstalten wollen, schnell verworfen. Drei oder vier Veranstaltungen innerhalb von vier Wochen umzusetzen, war kaum praktikabel. „Das war einfach zu eng, was die Möglichkeiten betrifft“, erklärt Manfred Vieten. Mit der kurzen Frist waren die Veranstalter mit der Organisation überfordert, und die Künstler und Referenten hatten wenig Perspektiven für eine Planungsgestaltung. „Man sollte sich bis zu einem gewissen Grad nach den Künstlern richten, die man gerne haben möchte.“ „Da haben wir das schon bei der zweiten Veranstaltungsreihe von Mai bis September gestreckt“, erzählt Vieten. „Das ist im Prinzip die einzige konzeptionelle Veränderung gewesen.“

Während dieses Zeitraums werden im übrigen liturgische Handlungen in der Alten Kirche St. Peter vollzogen: für Gottesdienste zu Werktagsmessen von Taufen, Hochzeiten, Silberhochzeiten, Goldhochzeiten, Andachten. So finden hier die Schützengottesdienste aus besonderen Anlässen von Mai bis zum 2. November hier statt. „Für die ‚normale’ Sonntagsmesse ist sie noch zu klein“, unterstreicht Pastor Bäuerle. Dies stünde frühestens zur Disposition, wenn die Besucherzahlen weiter abnehmen und unter 100 angekommen sind.

Ansonsten gibt es kaum Berührung zwischen Gottesdiensten und Konzerten. Dafür hat sich die Reihe aber zu einem festen Bestandteil des Linnicher Kultursommers gemausert. „Das ist absolut anerkennenswert“, bekräftigt der Pfarrer. „Das ist absolut anerkennenswert“, bekräftigt der Pfarrer. „Körrenzig ist mit 1500 Einwohnern ein Dorf, und ich wage zu behaupten, dass es umliegend wenig Vergleichbares in der Qualität und Regelmäßigkeit – zehn Jahre finde ich fast schon lange – gibt. Und das sage ich nicht nur als Pastor und aus Lokalpatriotismus. “


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