Tag der Archäologie

Römervilla im Tagebau entdecken
Von Redaktion [29.08.2014, 18.03 Uhr]

Eine der vielen Attraktionen beim Tag der Archäologie am Samstag, 30. August, wird die Fahrt zu einer laufenden Ausgrabung im Tagebaugebiet sein. Aus Anlass des Römerjahres 2014 im Rheinland werden diesmal die Überreste eines repräsentativen römischen Landgutes, einer sogenannten villa rustica, vorgestellt. Abfahrt ist in der Außenstelle Titz-Höllen.

In einem Frauengrab an der Römervilla im Tagebau Garzweiler wurde dieses fragile Gefäß gefunden, das teilweise wieder zusammengesetzt werden konnte. Foto: Jürgen Vogel, LVR-LMB

In einem Frauengrab an der Römervilla im Tagebau Garzweiler wurde dieses fragile Gefäß gefunden, das teilweise wieder zusammengesetzt werden konnte. Foto: Jürgen Vogel, LVR-LMB

Im Vorfeld des Braunkohlentagebaus Garzweiler wird seit Anfang 2013 eine der größten römischen Villenanlagen im rheinischen Braunkohlenrevier archäologisch untersucht. Das Villenareal umfasst eine 230 x 240 Meter große Fläche, in deren Zentrum das mit 50 Meter Länge ebenfalls groß dimensionierte Hauptwohnhaus mit einer Badeanlage stand. Die freigelegten Spuren deuten darauf hin, dass der langrechteckige Bau ein repräsentatives Erscheinungsbild abgegeben hat. Von der pars urbana - dem Wohnbereich - war eine pars rustica - der Wirtschaftsbereich mit mehreren Gebäuden - mittels einer massiven Mauer abgetrennt. Auch einige Brunnen, Ofenbatterien, Arbeitsflächen und ein oder zwei kleine, in Holzbauweise errichtete Tempel konnten nachgewiesen werden.

Wie die Funde belegen, wurde der Gutshof bereits im frühen 1. Jahrhundert gegründet und erlebte wohl in den 90er Jahren des 1. Jahrhunderts den Ausbau in Stein. Einen wirtschaftlichen Einschnitt gab es dann - wie auf dem Lande allgemein üblich - im 3. Jahrhundert, vielleicht vom Durchzug plündernder Germanenverbände verursacht. Der Siedlungsplatz blieb jedoch bis ins späte 4. Jahrhundert geringer intensiv bewohnt, bevor er schließlich aufgegeben wurde. Erst als man im 11. Jahrhundert für die ersten Gebäude des neu gegründeten Rodungsortes Otzenrath viele Steine als Baumaterial benötigte, bediente man sich - auch zum Bau einer ersten kleinen romanischen Kirche im Ort - an den Ruinen und baute die Mauerreste der villa rustica systematisch ab.

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 Der Grabgarten der Römervilla im Tagebau Garzweiler während der Ausgrabung. Im Vordergrund ein schon ausgegrabenes Brandgrab (2. Jahrhundert). Gut zu sehen sind die Pfostenlöcher des quadratischen Grabhauses. Foto: Alfred Schuler, LVR-ABR

Der Grabgarten der Römervilla im Tagebau Garzweiler während der Ausgrabung. Im Vordergrund ein schon ausgegrabenes Brandgrab (2. Jahrhundert). Gut zu sehen sind die Pfostenlöcher des quadratischen Grabhauses. Foto: Alfred Schuler, LVR-ABR

Im Zuge der Ausgrabungen durch ein Team der Außenstelle Titz unter Leitung von Dr. Alfred Schuler war die Freilegung einer kleinen Familiengrabstätte von besonderem Interesse. Diese bestand aus vier, teilweise reich ausgestatteten Brandgräbern des frühen 2. Jahrhunderts, über denen hölzerne Grabbauten gestanden hatten. Die beiden, parallel angeordneten Totenhäuschen mit je einem Männer- und einem Frauengrab lagen separiert an prominenter Position auf dem Gutshofgelände und waren idyllisch von einer Baumgruppe umgeben. Zu den außerordentlichen Funden aus den beiden Frauengräbern gehört auch ein im Feuer des Scheiterhaufens zerplatztes Schälchen aus Chalcedon (mikrokristalliner Quarz), das wieder zusammengesetzt werden konnte. Hier waren sicher zwei aufeinander folgende Generationen der Gutsbesitzerfamilie beigesetzt, die einen engen Bezug in die Provinzhauptstadt CCAA (Köln) gehabt haben müssen. Dies belegen Funde von Dachziegeln mit einem seltenen Stempel, die im Rheinland - mit Ausnahme von Xanten - nur aus Köln bekannt sind - und nun eben auch aus dem Tagebau Garzweiler.

Zwischen 10 und 16 Uhr finden die kostenlosen Busfahrten zur Ausgrabung statt. Die Plätze für die Fahrten sind begrenzt. Um die Mittagszeit ist der Andrang zu den Bussen weniger groß. Wer an der Fahrt teilnehmen möchte, sollte an festes Schuhwerk und (der Wetterlage entsprechend) an Sonnenschutz oder Regenkleidung denken. Eine eigenständige Anfahrt auf das Abbaugelände ist aus Sicherheitsgründen nicht möglich. Veranstalter des Tages der Archäologie sind wie immer das LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland, Außenstelle Titz, und die Stiftung zur Förderung der Archäologie im rheinischen Braunkohlenrevier.

Im Gelände der Außenstelle Titz laden zahlreiche Vorführungen und Mitmachaktionen für Kinder zum Besuch ein. Die Präsentation neuer Funde sowie Informationen zu aktuellen Forschungen und zu Projekten der Archäologiestiftung runden das Angebot ab.


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