„Studioglas von den 60ern bis heute“ bis Januar 2006

Das Linnicher Museum, der Sammler und sein Schatz
Von Redaktion [21.09.2005, 22.19 Uhr]

Konfronation mit Studioglas.

Konfronation mit Studioglas.

Zwischen lieb-funktional und progressiv-abstrakt bewegt sich die Werke-Welt von Eberhard Foest. Der studierte Architekt ist leidenschaftlicher Sammler, der bereits seit den 60er Jahren Gläsernes zusammenträgt – kreisend um den Mittelpunkt, sein Büro. Hier werden in provokanter Weise afrikanische Kultfiguren mit Studioglas konfrontiert, wie Dr. Norbert Kühn, Vorstandsmitglied der Stiftung Deutsches Glasmalerei-Museum, zur Ausstellungseröffnung schilderte. Auch in Linnich, wo die Sammlung Foest unter dem Titel „Studioglas von den 60ern bis heute“ gezeigt wird, greift dieses Prinzip „Konfrontation“.

200 Objekte von 31 Künstlern präsentieren sich dem Betrachter. An der Lampe geformt, am Glasofen geblasen, mit mehreren Überfängen, Gravur, Blaseneinstiche, Verspiegelungen mit Lüsterplatin, in Form gegossen oder mit umlaufenden Glasbändern und Fadendekor – ein Variantenreichtum an Techniken und Form- und Farbgebungen gilt es zu entdecken. Dabei, so Museumsleiterin Dr. Iris Nestler in den begrüßenden Worten, habe man bei der Präsentation das geheimnisvolle der Objekte erhalten, indem eine Beleuchtung vom Vitrinenboden aus gewählt wurde. Das Spannende der Ausstellung ist neben der attraktiven Platzierung der Werke aber vor allem die Einladung zur Wanderung durch Genre und Zeiten. Sich treiben lassen durch die Vielfalt ist eine Bereicherung. Die Fülle des Angebots, das Funktionales und Fiktives in charmanter Liaison verbindet, bietet das Profane – etwa eine Vase von Stanislaw Borowski – neben Porträtköpfen von Erwin Eisch, anziehend Geheimnisvollem wie die Objekte von Alois Wudy etwa neben der ästhetisch gruseligen Glasplastik von Simone Frezer, die das blutrote Herz als Orchidee „blühen“ lässt. „Es kommt nicht mehr oft vor“, so Dr. Nestler,„dass ein Museum sich solch einen Schatz über einen längeren Zeitraum finanziell leistet, und ich bin froh darüber, dass wir dazu noch in der Lage sind.“

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Die „blaue Sitzende“ kam als letztes Objekt zur Ausstellungseröffnung. Gesellschaft leisten „ihr“ (v.l.) Dr. Iris Nestler, Sammler Eberhard Foest, Künstlerin Christiane Sellner, Juri Suhajek – er brachte das Werk aus Krakau mit – und Dr. Norbert Kühn

Die „blaue Sitzende“ kam als letztes Objekt zur Ausstellungseröffnung. Gesellschaft leisten „ihr“ (v.l.) Dr. Iris Nestler, Sammler Eberhard Foest, Künstlerin Christiane Sellner, Juri Suhajek – er brachte das Werk aus Krakau mit – und Dr. Norbert Kühn

Kunsthistorikerin Dr. Sabine Schütz schreibt im Katalog zur Ausstellung „Sammeln gehört seit jeher zur Grundausstattung des menschlichen Verhaltens.“ Einen Auslöser für die Sammelleidenschaft Eberhard Foest sieht Dr. Norbert Kühn allerdings auch in dessen Biographie. Der gelernte Maurer und Zimmermann Foest kommt in Gelsenkirchen mit der französischen Avantgarde in Berührung, in einer Zeit, als er am Reviertheater als Dramaturg tätig ist. Ein Studium der Malerei an der Essener Folkwang-Hochschule gibt Foest wegen Zerwürfnissen mit Dozenten wieder auf und studiert statt dessen Architektur. Seine Leidenschaft für die Kunst bleibt. So ist es möglich, heute im Linnicher Glasmalerei-Museum einen Ausschnitt aus einer künstlerischen Bewegung zu sehen, die zu Beginn der 1960er Jahre parallel zu vielen anderen „Aufbrüchen“ in neue bildnerische Gefilde Glas als formbare Masse zur Entstehung einer freien Skulptur entdeckte.
?Die Präsentation des so genannten Studioglas bedeutet für das Deutsche Glasmalerei-Museum Linnich eine Erweiterung ihres Ausstellungskonzeptes, das ein Aufbrechen der klassischen Trennung mit sich bringt. Dr. Iris Nestler formuliert im Ausstellungskatalog: „Man wird in Zukunft Freude daran haben, eine vermeintliche Odrnung ein bißchen durcheinander zu bringen, um globaler und interdisziplinärer zu denken.“

Bis Ende Januar 2006 wird die Sammlung Foest, die gleichsam ein Geschenk zum 75. Geburtstag des Sammlers ist, im Deutschen Glasmalerei-Museum Linnich gezeigt.


Stolz auf die Schenkung

Die Neuigkeit musste heraus. Heinz Mack schenkt dem Deutschen Glasmalerei-Museum Linnich drei seiner Werke. Stolz und Freude konnte Dr. Iris Nestler bei der Ausstellungseröffnung der Sammlung Foest nicht unterdrücken, auch, wenn sie sich dafür bei Eberhardt Foest mit strahlendem Lächeln entschuldigte. In der vergangenen Woche teilte Heinz Mack die Schenkung dem Museum mit. Ein Novum, denn bislang stellte der Künstler seine Werke lediglich als Dauerleihgaben zur Verfügung.


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