IHK-Verkehrsumfrage: Unternehmer rügen die Politik
Von Redaktion [06.12.2013, 06.08 Uhr]

Unternehmer aus ganz Nordrhein-Westfalen werfen der Politik vor, Erhalt und Ausbau der Verkehrsinfrastruktur in entscheidendem Maße versäumt zu haben. Das ist das Resultat einer Umfrage der 16 Industrie- und Handelskammern (IHKs) aus NRW, an der sich landesweit mehr als 3.000 Betriebe beteiligt haben, davon 1.200 aus dem Rheinland. Der Staat müsse deutlich mehr Mittel als bisher in die Infrastruktur investieren, fordern mehr als 90 Prozent der antwortenden Unternehmer. Aus dem Kammerbezirk Aachen nahmen 136 Betriebe an der Umfrage teil.

"In den nächsten 15 Jahren benötigen wir jedes Jahr zusätzlich 7,2 Milliarden Euro, um das bestehende Verkehrsnetz zu sanieren, und zwar ohne Neu- und Ausbau", betont Michael F. Bayer, Hauptgeschäftsführer der IHK Aachen. Dabei sprechen sich die Unternehmer in der Umfrage eindeutig dafür aus, dass das Geld in die Regionen mit der höchsten Verkehrsdichte fließt – ins Rheinland beziehungsweise nach Nordrhein-Westfalen. Voraussetzung dafür, Gelder vom Bund abzurufen, ist allerdings, Verkehrsprojekte auch baureif zu machen.

Zwar nehme der Bund jährlich mehr als 50 Milliarden Euro aus Verkehrssteuern ein, stelle aber für den Unterhalt sowie den Aus- und Neubau der Infrastruktur jedes Jahr nur rund zehn Milliarden Euro zur Verfügung, und davon wiederum nur knapp sechs Milliarden Euro für Autobahnen und Bundesstraßen. "Wegen der fehlenden Zweckbindung der Einnahmen werden mit ihnen größtenteils andere Löcher im allgemeinen Haushalt bedient", sagt Bayer: "Es ist an der Zeit, dass der Staat endlich seine Verantwortung für funktionierende und leistungsfähige Infrastrukturen wahrnimmt." Aus Sicht der Unternehmen im Kammerbezirk Aachen sind der Lückenschluss der Autobahn 1 (rund 37 Prozent) und das dritte Gleis zwischen Aachen und Düren (31 Prozent) die derzeit wichtigsten Verkehrsprojekte in der Region. Außerdem fordern die hiesigen Betriebe Investitionen in die Ortsumgehung Düren sowie eine Schienenanbindung zwischen Düren und Euskirchen.

Laut der IHK-Umfrage ist die Betroffenheit in der Wirtschaft des gesamten Rheinlands groß. Die Unternehmen kämen aufgrund der maroden Verkehrswege und mehrerer hundert Kilometer Stau täglich in Schwierigkeiten, ihren Liefer- und Produktionsverpflichtungen nachzukommen. Zwei von drei befragten Betrieben im IHK-Bezirk Aachen würden deshalb sogar zusätzliche Straßenbenutzungsgebühren in Kauf nehmen, wenn damit zweckgebunden die Infrastruktur saniert würde. Für die Ausweitung der Lkw-Maut sprachen sich unter diesen Bedingungen 35 Prozent, für die Einführung einer Pkw-Maut fast 40 Prozent der Befragten aus. Jedes dritte befragte Unternehmen im Kammerbezirk lehnt allerdings jegliche Art der Mautausweitung ab.

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Trotz allen politischen Bemühungen, Schiene und Wasserwege zu stärken, bleibt die Straße sowohl für die Wirtschaft des Rheinlands als auch für die des Kammerbezirks Aachen laut der IHK-Umfrage der wichtigste Verkehrsträger. Das gilt über alle Kategorien hinweg von der Autobahn (88 Prozent) bis hin zur Landesstraße (81 Prozent). Mit weitem Abstand folgen der Luftverkehr (31 Prozent; Antworten auf Rheinlandebene: 39 Prozent), die Schiene (20 Prozent; Rheinland: 32 Prozent) und Wasserwege (sechs Prozent; Rheinland: 22 Prozent). Hier warnt die IHK indes vor falschen Schlussfolgerungen: "Vor allem in der Industrie und in der Logistikbranche gibt es bedeutende Unternehmen, die auf Flughäfen, Schiene und Wasserstraßen angewiesen sind", sagt Bayer: "Deshalb muss die Leistungsfähigkeit auch dieser Verkehrsträger weiter verbessert werden."

Das bestätigen die weiteren Umfrageergebnisse: Jedes vierte antwortende Unternehmen im Rheinland kann sich künftig eine stärkere Nutzung von Schiene und Wasserstraße vorstellen, im Kammerbezirk Aachen sind es immerhin noch 13 Prozent. Als Voraussetzung hierfür sehen die Betriebe vor allem eine Verbesserung der Angebote im kombinierten Verkehr und eine insgesamt höhere Zuverlässigkeit der Bahn.

Beim "Lang-Lkw" gehen die Meinungen hingegen auseinander. Fast die Hälfte der antwortenden Unternehmen aus dem Kammerbezirk (46 Prozent) spricht sich für eine generelle Zulassung aus, gut jedes dritte Unternehmen ist dagegen (36 Prozent). Als Grund für die Ablehnung nennen sie vor allem die Verkehrssicherheit.


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