ADHS und Mediensucht zog Besucherscharen ins Dürener Museum
Von Redaktion [06.06.2013, 07.39 Uhr]
Die Dürener Gastgeber Dr. med. Dirk Mundt (l) und Dr. med. Bodo Müller (r) nehmen Gastreferent Dr. phil. Frank W. Paulus in die Mitte. |
„Fernsehen, Computer, Internet, Handy und soziale Netzwerke prägen in zunehmendem Maße die Freizeitgestaltung von Kindern und Jugendlichen. Wenngleich die modernen Medien für die Heranwachsenden durchaus vielfältige positive neue Horizonte eröffnen, müssen junge Menschen (und deren Eltern) lernen, mit diesen Kommunikationstechnologien einen angemessenen Umgang zu finden“, wie Dr. Müller darlegt. In zunehmendem Maße werden vor dem Hintergrund ungünstiger Gewohnheiten, bis hin zu suchtartigem Verhalten, Kinder und Jugendliche in Beratungsstellen, Kliniken und Ambulanzen vorgestellt. In besonderer Weise sind Kinder und Jugendliche mit ADHS gefährdet, mediensüchtiges Verhalten zu entwickeln.
Starkes Interesse herrschte bei Ärzten, Psychologen, Psychiatern, Sozialpädagogen, Erzieherinnen und Lehrern an der Vortragsveranstaltung zum Thema „ADHS und Mediensucht“ zu der das Marienhospital ins Leopold-Hoesch-Museum Düren eingeladen hatte. Die Veranstalter melden ein ausverkauftes „Haus“.
Dr. med. Bodo Müller, Ärztlicher Direktor und Chefarzt der Kinder- und Jugendpsychiatrie im St. Marien-Hospital, referierte zum Thema Computer, Internet, Handy, soziale Netzwerke, Fernsehen und ihre Folgen für Kinder und Jugendliche - Fallbeispiele aus der Praxis eines Kinder- und Jugendpsychiaters. Dr. phil. Dipl.-Psych. Frank W. Paulus von der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Universitätsklinikums des Saarlandes in Homburg/Saar sprach über moderne Medien und ihre Auswirkung auf die ADHS Erkrankung, bevor Dr. med. Dirk Mundt, Chefarzt Sozialpädiatrisches Zentrum und Neuropädiatrie im St. Marien-Hospital, deren Auswirkungen auf die frühkindliche Entwicklung erläuterte.
Dr. med. Klaus-Ulrich Oehler, Arzt für Neurologie und Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie, Epileptologie aus Würzburg, gab einen Ausblick auf neue Therapieoptionen bei ADHS im Kindes- und Jugendalter.
Mediensüchtiges Verhalten, insbesondere die nicht stoffgebundene „Online- oder Gamblingsucht“ (Glücksspielsucht), stellt eines der großen, aktuellen Probleme nicht nur im Erwachsenenbereich, sondern zunehmend auch im Jugendlichenbereich, teilweise auch schon im Kindesalter, dar. Dabei werden die Fälle des sogenannten schädlichen Konsums und des Abhängigkeitssyndroms in den nächsten Jahren vermutlich noch deutlich zunehmen. Bisher bestehen in Deutschland keine bzw. nur wenige etablierte Versorgungsstrukturen für den Missbrauch von Medien bzw. Medienabhängigkeit. Seit mehr als einem Jahrzehnt wird das Phänomen Medienabhängigkeit als pathologisches Verhaltensmuster weltweit diskutiert und wissenschaftlich untersucht.
Laut einer repräsentativen Stichprobe von 15.024 Personen im Alter von 14-64 Jahren in der vom Bundesministerium für Gesundheit geförderten Studie „Prävalenz der Internetabhängigkeit (PINTA I)“ der Universität Lübeck und der Universität Greifswald liegt eine geschätzte Prävalenz von 1,5% Internetabhängigen deutschlandweit (Frauen 1,3%, Männer 1,7%) vor. In dieser Untersuchung ergaben sich höhere Prävalenzzahlen in der Altersgruppe der 14-24-jährigen (Frauen 2,5% und Männer 2,5%) und unter den 14-16-Jährigen mit insgesamt 4,0% Internetabhängigen (Frauen 4,9%, Männer 3,1%). Anhand dieser Studienergebnisse wird deutlich, dass davon ausgegangen werden muss, dass eine ernst zu nehmende Zahl an Personen, vor allem im Bereich der Jugendlichen, behandlungsbedürftig ist.
In der Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie des St. Marien-Hospitals wird eine ausführliche Diagnostik, die auch eine testpsychologische und emotionale Untersuchung beinhaltet, durchgeführt. Nach einer umfangreichen Beratung der Eltern und des Kindes erfolgt eine störungsspezifische, verhaltenstherapeutische Behandlung, die neben dem problematischen oder süchtigen Verhalten auch die begleitenden Störungen angemessen fokussiert. Hier bilden in erster Linie die Angst- und depressiven Störungen eine relevante Gruppe, aber auch der Konsum von psychotropen Substanzen („Drogen“) spielt oft eine Rolle. Daher wird immer auch geprüft, ob zunächst eine gezielte Behandlung einer stoffgebundenen Sucht oder von anderen affektiven oder Verhaltensstörungen vonnöten ist. Kooperationen mit Kliniken, die auf (medien-) süchtiges Verhalten bei Kindern und Jugendlichen spezialisiert sind, sollen dabei für kurze Wartezeiten sorgen.
Eine Elterngruppe für Jugendliche mit mediensüchtigem Verhalten ist zudem geplant, um deren pädagogische ebenso wie die Medienkompetenzen zu stärken und eine möglichst niedrige Rückfallquote nach der Behandlung zu erreichen.
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