Neues Stück der Strippkes Trekker heißt „Nudo“

Vossenack: Franziskus am Faden geführt
Von Dorothée Schenk [12.03.2013, 08.26 Uhr]

Schwerter klirren. Italienische Flüche dringen durch das Nebelwabern lautstark aus dem Hintergrund. Das Schauspiel „Nudo“ um einen aufsässigen Sohn, der ein Heiliger wurde, nimmt seinen Anfang. Der Titelheld: Franz von Assisi.

Die Brüder eilen zum heiligen Franziskus, der im Sterben liegt. Zwei Szenen, ein Motiv: Die Puppenspieler kommen zum lebensgroßen...

Die Brüder eilen zum heiligen Franziskus, der im Sterben liegt. Zwei Szenen, ein Motiv: Die Puppenspieler kommen zum lebensgroßen...

Ich sitze am Strand – vor mir das Meer, Wellen, Wind, Sonne und vorbeifliegende Wolkenfetzen, und ich versuche, ja er- dreiste mich, das Leben des Franz von Assisi facettenhaft für ein Marionettentheater zu bearbeiten.“ Der Franziskanerbruder Wolfgang Mauritz, geistiger Vater und Begründer der Puppenspielertruppe „de Strippkes Trekker“, beschreibt die Initialzündung für sein Bühnenstück. 16 Jahre sollten vergehen, bis aus der ersten Formulierung das Schauspiel wurde. Premiere feiert es in der Aula des Franziskus-Gymnasiums, Franziskusweg 1, in Vossenack am Samstag, 16. März. Bis zur letzten Minute arbeiten alle Akteure am Feinschliff.

Szene im Palazzo Puppazzi des Klosterkulturkellers in Vossenack: Es ist finster im Zuschauerraum, nur der Laptop mit dem Drehbuch beleuchtet auf den Oberschenkeln liegend das Gesicht von Bruder Wolfgang. Die Miene ist aufmerksam-gespannt. Papst Innozenz III. „betritt“ die Bühne. „Pass auf, dass er nicht schwebt“, kommt der Hinweis. Die Marionette nimmt Bodenhaftung auf.

Gleichzeitig nörgelt es hinter dem Vorhang: „An der Glocke über dem Thron bleib ich immer hängen, können wir da nicht was drüberkleben?“ Der Papst steigt unter Fadenführung von Fabio Sanchéz-Burchardt die Treppe zum Thron hinauf. Was spielerisch daher kommt und natürlich für die Zuschauer im Verborgenen bleibt, ist das Ergebnis immer wiederkehrender Übung. Das ist an diesem Probetag nicht anders. Während der Spielpause liegt Ensemblemitglied Simon Düring auf dem Boden in der Kulisse und betrachtet kritisch die Bewegungsabläufe der Marionette seines Mitspielers.

In der zwölfköpfigen Truppe gibt es keinen alleinigen Regisseur – alle arbeiten als Strippkes Trekker, also Puppenspieler, Sprecher, Kulissenschieber und Spielleiter. Dieses besondere Miteinander ist spürbar. Animositäten kommen offenbar nicht vor. Auch dann nicht, wenn Andreas Wiebe mehr emotionalen Ausdruck für Franziskus’ Vater fordert.

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...Franziskus und spielen die Sterbeszene noch einmal vor der Bühne. Bruder Wolfgang gibt Regieanweisungen.

...Franziskus und spielen die Sterbeszene noch einmal vor der Bühne. Bruder Wolfgang gibt Regieanweisungen.

„Du musst dich Pica immer wieder zuwenden, wenn Du mit ihr sprichst “, fordert auch Bruder Wolfgang, der der Empörung des Vaters mit dröhnender Stimme Ausdruck verliehen hat. Aber die Marionetten tun nicht immer, was der Spieler möchte. Nach ihrer Aussage haben die Figu- ren ein Eigenleben. „Man muss die Puppe erst kennenlernen“, erklärt Wolfgang Mauritz.

Da ist es sicher hilfreich, dass vom Kopf über Körper bis zum Spielkreuz die Spieler auch die Marionettenbauer sind. Ohne Kleidung – deren Gestaltung in den Händen ei- ner Schneiderin lag – dauert der „Bau“ einer Puppe zwi- schen 50 bis 60 Stunden. 15 Charaktere sind so entstanden. Wichtig für die Bewegung und damit die Ausdrucksmöglichkeit ist zweierlei: Im „Becken“ der Figuren sitzen 280 bis 350 Gramm schwere Bleigewichte. „Der Schwerpunkt muss im Be- cken sitzen, damit die Bewe- gung natürlich ist. Das ist wie beim Menschen“, erläutert der Franziskaner. „Früher hatten wir das meiste Gewicht im Kopf – das war ganz falsch.“ Entscheidend ist außerdem das so genannte Spielkreuz, an dem die Fäden hängen. Je komplexer desto differenzierter können die Gesten ausgeführt werden. Dann allerdings kommt die Figur nicht mit einer Zweibesetzung – ein Sprecher plus ein Spieler – aus. Ein drittes Ensemblemitglied fungiert als „Greifer“ – dessen Funktion sich schon im Begriff selbst erklärt.

Allein drei „Franziskusse“ gibt es: für die jungen Jahre als Sohn des reichen Tuchhändlers in vornehmer Robe, für die Zeit nach der Berufung als Mönch in der Kutte und eine Figur für das Alter. Die Szene am Sterbebett markiert die Rahmenhandlung. Hier erzählt Franz von Assisi einem jungen Mitbruder Angelo seine Lebensgeschichte.

Musik spielt eine große Rolle bei „Nudo“, die zum Teil Gerhard Hachmer komponiert hat. Sie ist nicht nur begleitendes Element. Die Lieder einstudiert hat der hauseigene FranziskusChor, der eine überraschende Rolle übernimmt. Für die Sängerschar eine Premiere zur Premiere, die aber noch nicht verraten wird.

„Nudo“ wird, so viel ist sicher, fest ins Programm der Vossenacker Strippkes Trekker aufgenommen. Sogar Gastspiele stehen schon unter anderem bei der Klosterstiftung Dalheim LSV Westfalen/Lippe fest. Das Problem: Das Laienspiel-Ensemble aus Berufstätigen, Schülern und Externen, die zum Teil aus Essen und Paderborn für die Aufführungen anreisen, unter einen Hut zu bekommen. Und eine Zweitbe setzung gibt es nicht. Das macht auch die Premiere noch aufregend: Krank werden darf keiner.

Karten gibt es zu 12,50 Euro unter 02429/ 30853. Näheres im Internet unter www.de-strippkes-trekker.de


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