Kompetenz für Streuobstwiesen im Kreis Düren
Von Redaktion [03.03.2013, 08.48 Uhr]
![]() |
In der Bürgerhalle Kommern fand die Abschlussveranstaltung des LEADER-Projektes „Kompetenznetzwerk Streuobstwiesen“ statt. Dabei stellten Stefan Meisberger, Leiter der Biologischen Station im Kreis Euskirchen, und Projektmanager Michael Schulze zusammen mit ehrenamtlichen Obstbaumwarten den rund 100 geladenen Gästen, darunter Vertreter der Kreise und Bürgermeister der Kommunen in der LEADER-Region Eifel, die Ergebnisse des Ende März auslaufenden Gemeinschaftsprojektes der Biologischen Stationen in den Kreisen Düren und Euskirchen sowie der Biologischen Station in der Städteregion Aachen vor. Die Biologischen Stationen wurden dabei durch die drei Kreise finanziell und personell unterstützt – wie Manfred Poth, allgemeiner Vertreter des Landrates im Kreis Euskirchen, in seinem engagierten Grußwort betonte.
Streuobstwiesen – ein bedrohtes Natur- und Kulturgut
Streuobstwiesen sind vielerorts auffällige und wertvolle Bestandteile der Kulturlandschaft in der Nordeifel mit einer enormen Sortenvielfalt. „Darunter sind zahlreiche z.T. lokale Obstsorten, die bestens an den Standort und das bisweilen raue Klima angepasst sind“ weiß der Mechernicher Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick zu berichten, der die Begrüßungsrede hielt. Sein Urgroßvater hat die in der Eifel verbreitete Apfelsorte „Schick-Johannes“ gezüchtet.
Die Vielzahl der noch vorhandenen Streuobstwiesen darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die meisten Bäume überaltert und in desolatem Zustand sind und dringend einer dauerhaften Pflege bedürfen. Einerseits ergibt sich ein hoher Handlungsbedarf, will man langfristig die für viele bedrohte Tierarten wie den Steinkauz wertvollen Lebensräume der Streuobstwiesen erhalten, andererseits steigt die Nachfrage nach regional erzeugten Obstprodukten deutlich an und stellt somit einen Wirtschaftsfaktor dar.
113 Obstbaumwarte über LEADER- und Kreismittel ausgebildet
Herbert Theissen von der Biologischen Station in der Städteregion Aachen weiß: „Bis etwa 1940 gab es in den Dörfern der Region noch sogenannte Baumwarte, die den Bürgern beim Thema Streuobst mit Rat und Tat zur Seite standen.“
Hier setzt das Projekt „Kompetenznetzwerk Streuobstwiesen“ an: Die alte Tradition der Baumwarte wurde über die Anwerbung und Ausbildung neuer Obstbaumwarte wiederaufgenommen. Diese sollen aktiv und beratend als Multiplikatoren eine dauerhafte Pflege der noch vorhandenen Obstbaumbestände ermöglichen. Die Projektkosten wurden zu 50 % aus EU-LEADER-Mitteln finanziert, die andere Hälfte der Projektkosten wurde von der Städteregion Aachen und den Kreisen Düren und Euskirchen getragen.
Zum Start des Projektes wurde im Sommer 2009 Gärtnermeisterin Ursula Gerke eingestellt, die seit vielen Jahren freiberuflich und ehrenamtlich im Streuobstwiesenbereich tätig ist. Als Projektkoordinatorin hatte Frau Gerke ein weitgefächertes Arbeitsspektrum: In der gesamten LEADER-Region der drei beteiligten Kreise führte sie Informationsveranstaltungen für Kommunen, Gartenbauvereine und Streuobstinitiativen durch, warb künftige Baumwarte über Presseaufrufe an, knüpfte Kontakte zu Streuobstwiesenbewirtschaftern und führte Beratungen in den einzelnen Biostationen und vor Ort durch. Parallel dazu wurden Seminare und Kurse zur Anlage, Pflege und Erhaltung von Obstwiesen sowie Sortenbestimmungen angeboten. Kernangebot war ein 40 Stunden umfassender Lehrgang für die künftigen Baumwarte.
Insgesamt hat Frau Gerke 113 Obstbaumwarte ausgebildet, die nun in den 15 LEADER-Kommunen der Nordeifel aktiv sind. Zusätzlich führte sie 30 Vertiefungsseminare mit insgesamt 450 Teilnehmern aus der Region durch und bewarb das Projekt auf zahlreichen Veranstaltungen, darunter Obstwiesenfeste, Obstsammeltermine, Kräutertage etc. Die in der projektbegleitenden Steuerungsgruppe aktiven Vertreter der Kreise und Biostationen sind sich einig: „Diesem Engagement ist es zu verdanken, dass das Projekt alle Erwartungen übertraf und derart erfolgreich verlief“.
Die Obstbaumwarte als Ansprechpartner vor Ort
Die ehrenamtlich tätigen Obstbaumwarte bringen unterschiedliche Vorkenntnisse und Fähigkeiten mit. Eines ist ihnen gemeinsam: die Begeisterung für die Streuobstwiesen. Mal sind sie praktisch beim Obstbaumschnitt tätig, mal helfen sie beim Saftpressen, bestimmen regionale Apfel- und Birnensorten oder sind „nur“ beratend tätig z.B. bei Pflanzenkrankheiten oder der Vermittlung von Baumpflegern.
Heidrun Düssel-Siebert von der Biologischen Station im Kreis Düren: „Uns ist klar, dass der Lehrgang zum Obstbaumwart nur Grundlagen vermitteln und keine mehrjährige Lehre von Gärtnern ersetzen kann. Durch die Vernetzung der einzelnen Obstbaumwarte miteinander und mit den bestehenden Streuobstinitiativen ergänzen sich die Fähigkeiten. Daher ist die Fortführung der Homepage „www.streuobstwiesen.net“ auch nach Projektende so wichtig; hier sind die aktiven Obstbaumwarte geordnet nach Kreisen mit Kontaktdaten gelistet und stehen der örtlichen Bevölkerung beim Thema Streuobst mit Rat und Tat zur Seite.“ „Daneben werden aktuelle Termine über Schnittkurse, Saftpresstermine u. a. veröffentlicht“ ergänzen Kirsten Kröger und Egbert Wilhelm von den Unteren Landschaftsbehörden Euskirchen bzw. Düren.
Finalist in Bundeswettbewerb
Die persönlichen Erfahrungsberichte einzelner Obstbaumwarte bei der Abschlussveranstaltung verdeutlichen die Verstetigung des Projektes:
Klaus Flaskamp z.B. berät, gibt Schnittkurse und organisiert seit Jahren die Pflanz- oder Saftpresstermine im Kreis Düren. Die Erzieherin Birgit Feßer berichtet, wie sie im Kindergarten den Grundstein für junge Streuobstliebhaber setzt: Die Kinder sind mit Begeisterung beim Obstsammeln, -waschen, -häckseln und -pressen dabei und kurbeln emsig an der Handmühle und der kleinen Obstpresse, aus der der leckere frische Apfelsaft direkt in die Becher der fleißigen kleine Akteure fließt.
Die Nord-Eifel-Werkstätten im Kreis Euskirchen weisen gleich drei Obstbaumwarte auf. Sie bieten inzwischen u.a. „Verbissschutzgitter“ für Obstweiden an, die in den Behindertenwerkstätten angefertigt werden.
Frau Anke Krüger-Hellwig, Obstbaumwartin aus Hürtgenwald, informiert u. a. über ihre aus dem Kompetenznetzwerkprojekt geborene Idee, Schulen an die Thematik Streuobstwiese heranzuführen.
Reinhold Müller, Bürgermeister der Gemeinde Dahlem und Vorsitzender der Lokalen Aktionsgruppe Eifel, betont die Erfolge des Projektes: „Es war Finalist im Bundeswettbewerb „Engagement für die Region 2010“, in dem es das Land Nordrhein-Westfalen vertreten hat. Bundesweite Aufmerksamkeit erhielt es auch durch die Präsentation in der Wettbewerbsbroschüre der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung sowie durch einen Präsentationsstand auf der Internationalen Grünen Woche 2012 in Berlin.“
Ausblick
Einige Obstbaumwarte haben sich in der gemeinnützigen Genossenschaft Streuobstwiesen-Netzwerk-Nordeifel (SONNE e.G.) zusammengefunden. Die Sonne betreibt in der Region eine mobile Saftpresse und bietet Interessenten ein Kurs- und Seminarprogramm an. Jeder Obstbaumwart, der bei uns Mitglied werden will, ist gern gesehen, gerade die Arbeit an der Saftpresse bietet Gelegenheit, mit Streuobstwiesenbesitzern Kontakte zu knüpfen und die Ideen und die Arbeit des Projektes Kompetenznetzwerk weiter voran zu treiben.“
Nach mehr als dreijähriger Laufzeit wird das LEADER-Projekt „Kompetenznetzwerk Streuobstwiesen“ Ende März 2013 auslaufen. Die Aktualisierung der Homepage und die gezielte Fortbildung der Obstbaumwarte, so Egbert Wilhelm, werden vom Kreis Düren im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten weiterhin unterstützt.
Manfred Poth zieht das Resumée: „Besonderer Dank gilt den ehrenamtlich tätigen Obstbaumwarten. Mit den Ergebnissen, die das Projekt erzielt hat, können wir davon ausgehen, dass lediglich die Förderperiode des Kompetenznetzwerkes endet – die Projektidee wird mit Unterstützung aller Beteiligten in anderer Form weitergeführt und nach Möglichkeit über die LEADER-Region hinaus ausgebaut.“
Dies ist mir was wert: | Artikel veschicken >> | Leserbrief zu diesem Artikel >>
Newsletter
Schlagzeilen per RSS
© Copyright