100-jähriges Jubiläum der Gehörlosenseelsorger im Bistum Aachen

Viel Selbstbewusstsein gewonnen
Von Dorothée Schenk [02.07.2012, 08.49 Uhr]

"Ich liebe Gebärdensprache" heißt dieser Fingerzeig von Josef Rothkopf

"Ich liebe Gebärdensprache" heißt dieser Fingerzeig von Josef Rothkopf

Viele Menschen hören auf Josef Rothkopf. Der 62-jährige Diakon ist Gehörlosenseelsorger im Bistum Aachen, Generalpräses des Verbandes der Katholischen Gehörlosen Deutschlands und ein gefragter Fachmann.

Der Blick auf den Kalender 2012 hinter seinem Schreibtisch im Hörgeschädigtenzentrum in Aachen spricht Bände. Neben den regelmäßigen Gottesdiensten in Krefeld und Mönchengladbach ist der pensionierte Bautechniker in diesem Jahr unter anderem zu Vorträgen an der Uni Mainz gewesen, beim Seelsorgertag in Würzburg, und jetzt stehen der Katholikentag in Mannheim und eine Reise zum Eucharistischen Kongress nach Dublin auf dem Plan. Zusätzlich ist er mit dem Jubiläum „100 Jahre Taubstummenseelsorge/Gehörlosenseelsorge in Aachen“ befasst, das am 8. Juli gefeiert wird. „Man muss in Bewegung bleiben“, lacht Josef Rothkopf gutgelaunt.

Warum der „waschechte Merzenicher“ mit Wohnsitz in Langerwehe ein so begehrter Mann ist, ist schnell klar: Es ist nicht nur die ansteckende gelassene Heiterkeit; Josef Rothkopf, im Alter von drei Jahren nach einer Kinderkrankheit ertaubt, ist Missionar seiner Sache. Direkt nach der Diakonsweihe 1999 wurde er als Diözesanobmann zuständig für 1400 gehörlose Katholiken im Bistum Aachen. 2003 folgte die Wahl zum Generalpräses des VKGD.

Werbung

In seiner Freizeit ist Josef Rothkopf im Gebärdenchor aktiv.

In seiner Freizeit ist Josef Rothkopf im Gebärdenchor aktiv.

Gemeinsam mit dem Bistum Münster bildet Rothkopf außerdem Gebärden-Wortgottesdienstleiter aus. Die Vermittlung steht im Vordergrund: Nutze ich die Gebärdensprache (DGS) oder lautsprachbegleitende Gebärden (LBG). „Ich kann am Gesicht ablesen, ob ich die Menschen vor mir erreicht habe“, ist die maßgebliche Richtlinie für den erfahrenen Seelsorger. Er bekennt sich zur DGS, weil die Umsetzung der biblischen Worte in Gesten eine „Übersetzung“ sind. So steht in der LBG das Verb stets am Ende des Satzes, was verwirren kann. Um Gläubigen und Wortgottesdienstleitern eine gute Basis zu schaffen, arbeitet Josef Rothkopf an der Vereinfachung der Bibeltexte für Gehörlose. Als geheftete Ausdrucke stehen das Lesejahr A, B, C, die Hochfeste und Heiligentexte bereits im Regal. Zur Veröffentlichung ist er einfach noch nicht gekommen. Bedauerlich findet der Diakon auch, dass wohl keine Festschrift zum 100-jährigen Jubiläum erscheinen wird.

Festschrift zum Jubiläum scheitert an der Zeit
Die Vorarbeit ist geleistet. Die Sütterlinschriften von Kaplan Josef Gaspers, erster Taubstummenseelsorgers in Aachen und später für die ganze Diözese, transkribiert, Briefwechsel des Nachfolgers, Pfarrer Wolfgang Römer, gesichtet. Zeit für mehr hat der bewegte Mann einfach nicht. Dabei wäre die Aufarbeitung wichtig. Viel Selbstbewusstsein, so Diakon Rothkopf, haben Gehörlose in den vergangenen 100 Jahren in ihrem Glauben-leben entwickelt.
Wie der Familienvater zweier inzwischen erwachsener Söhne 13 Jahre die Doppelbelastung von Berufsleben und Ehrenamt bewältigt hat? Neben der Basis des tiefverwurzelten Glaubens vor allem mit Unterstützung der geduldigen Gattin. „Sie pflegt mich gut.“ Spricht’s und lacht wieder.
Gemeinsam ist dem Ehepaar die Musik, denn in der knappen Freizeit hört Josef Rothkopf als Mitglied des Gehörlosenchores auf das Dirigat der Ehefrau.


Info
Näheres über Termine und Aktivitäten für gehörlose Katholiken unter http://www.gehoerlosenseelsorge-im-bistum-aachen.de/
Als Informationsplattform dient auch Facebook unter Gehörlosenseelsorge Bistum Aachen.
Persönlich ansprechbar ist Josef Rothkopf im Hörgeschädigtenzentrum Aachen, Talbotstraße 13, montags 13 bis 19 Uhr, mittwochs 13 bis 17 Uhr und donnerstags 13 bis 18 Uhr.
Kontakt ist auch per Mail unter josef.rothkopf@web.de möglich oder per Handy-SMS unter 0170/ 802 7906


Dies ist mir was wert:    |   Artikel veschicken >>  |  Leserbrief zu diesem Artikel >>

NewsletterSchlagzeilen per RSS

© Copyright