Friedhofsgärtner öffentlich geprüft

"Grabdesigner" in Düren geprüft
Von Elmar Farber [06.07.2010, 14.01 Uhr]

Alexander Geschwind (20) aus Düren gräbt sich durch die Prüfung

Alexander Geschwind (20) aus Düren gräbt sich durch die Prüfung

Akribisch markiert Alexander Geschwind mit einem Zirkel aus zwei Stahlnägeln und einer Schnur den nächsten Bereich des Grabes, den er bepflanzen wird. Langsam verwandelt sich die Grabstätte, die der 20-jährige Dürener voller Konzentration bearbeitet, von einer schmucklosen kahlen Erdfläche zu einem kleinen Kunstwerk.

Alexander Geschwind ist auszubildender Friedhofsgärtner, und das Grab, das er anlegt, ist ein ganz besonderes, denn an diesem Grab wird sich entscheiden, ob er seine Ausbildung erfolgreich abschließt.

Vor dem Bepflanzen hat der Azubi die Grabstelle genau eingemessen und den Boden pflichtgemäß nach den Richtlinien des Bundes deutscher Friedhofsgärtner vorbereitet. Dazu zählt präzise Rechtwinkligkeit ebenso wie ein zweiprozentiger Anstieg vom Fußende bis zum Grabstein. Nach der Pflicht kommt die Kür. Bei der gestalterischen Planung sind Kreativität und Kompetenz gefragt. Blühende Beetpflanzen müssen mit Bodendeckern und Rahmengehölzen am Grabdenkmal kombiniert werden. Es gilt, die Jahreszeit ebenso zu berücksichtigen, wie Lebens- und Blühdauer sowie Boden- und Lichtverhältnisse. Nicht zu vergessen die stets fachlich korrekte Ausführung.

Alexander Geschwind lässt sich nicht aus der Ruhe bringen, obwohl ihm heute nicht nur zwei Prüfer über die Schultern schauen, sondern auch einige Zuschauer, denn die Prüfung, an der der Dürener und neun weitere Azubis aus NRW teilnehmen, ist öffentlich.

„Der Friedhofsgärtner führt bei den Jugendlichen leider immer noch ein Schattendasein innerhalb der verschiedenen Gärtnerberufe“, sagt der Geschäftsführer des Landesverbands Gartenbau Rheinland, Martin Walser. Mit den öffentlichen Prüfungen will der Verband Öffentlichkeitsarbeit betreiben, über das Berufsbild informieren und mehr junge Menschen für die Friedhofsgärtnerei begeistern. Die Chancen, nach der Lehre sofort eine Stelle zu finden, sind laut Walser hervorragend. Bereits mit einem befriedigendem Zeugnisabschluss sei den ausgebildeten Friedhofsgärtnern ein Job sicher, verspricht er. „Qualifizierte Fachkräfte werden händeringend gesucht.“

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Nicht nur die Öffentlichkeit, auch die Prüfer gucken den Auszubildenden beim "Grabdesign" über die Schulter.

Nicht nur die Öffentlichkeit, auch die Prüfer gucken den Auszubildenden beim "Grabdesign" über die Schulter.

Und das obwohl der Trend auf Deutschlands Friedhöfen immer mehr zur Urnenbestattung – und damit zu weniger zu bearbeitender Fläche für die Friedhofsgärtner – geht. In Düren werden bereits über 60 Prozent der Verstorbenen eingeäschert Allerdings wird in ländlichen Gegenden mit 80 Prozent noch deutlich die Erdbestattung bevorzugt. „Je größer die Stadt desto mehr Urnenbeisetzungen.“

All das ist für Alexander Geschwind momentan nicht von Belang. „Mir macht das kreative Gestalten der Gräber und das Beobachten des Wachstums einfach Spaß“, sagt er über seine Motivation, Friedhofsgärtner zu werden. Und widmet sich mit präzisen, geübten Handgriffen wieder voll und ganz seiner Prüfungsaufgabe. (far)

Die Prüfungsarbeiten einschließlich der Grabsteine bleiben als Mustergräber zur Besucherinformation bis zum Frühjahr 2011 am Friedhof Düren Ost erhalten. Die Dürener Friedhofsgärtner werden die Grabstätten pflegen. Die Grabsteine sind Leihgaben von lokalen Steinmetzbetrieben.

In NRW absolvieren derzeit über 260 Jugendliche in mehr als 180 Ausbildungsstätten die Ausbildung zum Friedhofsgärtner. Mit über 50 Prozent der bundesweiten Ausbildungsplätze hält NRW eine Spitzenstellung innerhalb der friedhofsgärtnerischen Ausbildung


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