Museum Zitadelle Jülich kaufte das Gebetbuch Wilhelms V.

Viele Seiten „Vater unser“ für Jülicher Herzog
Von Dorothée Schenk [14.09.2009, 20.35 Uhr]

Freude bei Museumsleiter Marcell Perse (l) und Schatz-Finder Guido von Büren über die Neuerwerbung, das Gebetbuch Wilhelms V. von Jülich-Kleve-Berg.

Freude bei Museumsleiter Marcell Perse (l) und Schatz-Finder Guido von Büren über die Neuerwerbung, das Gebetbuch Wilhelms V. von Jülich-Kleve-Berg.

Ein „Schätzchen im Schatz“ nannte Wolfgang Gunia in Vertretung der Bürgermeisters, die Neuerwerbung des Jülicher Museums: Gemeint ist das persönliche Gebetbuch Herzog Wilhelm V., das am Tag des offenen Denkmals im Baudenkmal Zitadelle vorgestellt wurde.

Politik, Kunstgeschichte und Theologie – das Gebetbuch Wilhelm V. von Jülich-Kleve-Berg strahle in viele Bereich aus, erläuterte Museumsleiter Marcell Perse bei der Buchvorstellung der besonderen Art. Die Forschungen Guido von Bürens stehen noch ganz am Anfang, dennoch wagte er schon zwei Thesen zur Herkunft des taschenbuchgroßen Breviers: Entweder ist es ein Geschenk gewesen zu Wilhelms Eheschließung mit der Nichte König Franz I. von Frankreich, oder der englische König Henry VIII., der des Herzogs Schwester Anna geheiratet hatte, ließ das Gebetbuch für ihn fertigen. Die Überlegungen gründen sich auf die persönliche Widmung von1541. Geschrieben wurde sie von Jean Mallat, dem Hauspoeten sowohl des französischen als auch des englischen Hofes, der seine Werkstatt in Paris unterhielt.

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Ganz aus der Nähe betrachten können Besucher des Museums Zitadelle die faksimilierten Seiten per Computer.

Ganz aus der Nähe betrachten können Besucher des Museums Zitadelle die faksimilierten Seiten per Computer.

Einziger Inhalt des handgeschriebenen Büchleins ist das „Vater unser“. Jedem Satz ist eine Seite gewidmet. Der lateinische Text wird dann mit Variationen zum Thema ergänzt, die zum persönlichen Gebet anregen sollen. Ergänzt sind die kontemplativen Texte durch sieben Metallschnitte, die Jakob Faber nach Vorlagen von Hans Hohlbein dem Jüngeren gefertigt hat. „Damit haben wir hier ein Zwitterprodukt“, erläuterte Guido von Büren: Einerseits eine Handschrift auf hochwertigem Pergament, Material, das nach dem 6. Jahrhundert nur noch ganz besonderen Büchern vorbehalten war. Andererseits der wirtschaftlich rationelle Metallschnitt. Über den originalen Einband ist nichts mehr bekannt. Der heutige Buchrücken stammt aus dem 18. Jahrhundert. Bis zu seinem Tod, wie das Nachlassverzeichnis von 1592 Auskunft gibt, war das „Gebetsbüchlein auf Pergament“ stetiger Begleiter Wilhelms V.

Dem Zufall eine Chance zu geben bei gleichzeitiger Wachsamkeit des gesamten Teams, sei das Erfolgsrezept gewesen, erklärte Museumsleiter Marcell Perse. Vor zwei Jahren habe ein Auktionshaus bei Guido von Büren, Fachmann der Jülicher Sammlung in Sachen Renaissance, angerufen, und das Exponat angeboten. Eine Rarität, denn es sind ob der Erbfolgestreitigkeiten die Habseligkeiten des Herrscherhauses Jülich-Kleve-Berg in alle Welt verstreut worden, erläutert von Büren. Offenbar schlummerte die bibliophile Besonderheit lange Jahre in einer englischen Privatsammlung, ehe das reich verzierte Gebetbuch bei einer Auktion 1990er Jahre an einen Sammler in Süddeutschland verkauft wurde.

Durch Verhandlungsgeschick und Entgegenkommen des Vorbesitzers gelang es schließlich das Schmuckstück ohne Auktion anzukaufen, was den Preis weiter in die Höhe getrieben hätte. Wertvoll ist es im wahrsten Sinne: 39.000 Euro kostete das Gebetbuch, die das Museum alleine nicht hätte aufbringen können. Gemeinsam mit der Jülicher Hans-Lamers-Stiftung, der Stadt Jülich, dem Land NRW und der Kulturstiftung der Sparkasse Düren gelang es, den Kaufpreis zusammenzutragen.


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