Ausstellung gegen das Vergessen und für die Toleranz.
„Juristen ohne Recht“ im Jülicher Amtsgericht
Von Redaktion [05.11.2008, 18.06 Uhr]
„Wir halten es für wichtig, dass die lokale Forschung immer wieder Anläufe unternimmt, in das Bewusstsein zu rücken, dass der Terror des „Dritten Reiches“ nicht nur fern in Auschwitz stattfand, sondern immer ,zu Hause’, in einer Nachbarschaft, seinen Ausgang nahm“, erklärt die Jülicher Gesellschaft gegen das Vergessen und für die Toleranz. Die Rechtsanwaltskammer Köln zeigt auf Einladung des Vereins im Amtsgericht Jülich, Wilhelmstraße 15, die Ausstellung „Juristen ohne Recht“. Zur Eröffnung am Montag, 19. November, spricht unter anderemm die Vize-Präsidentin der Rechtsanwaltskammer Köln, Nicola Meier-van Laak.
Selbst im Bereich des kleinen Amtsgerichts Jülich mit etwa 65.000 Gerichtseingesessenen, davon rund 500 Menschen jüdischen Glaubens war die Rechtspflege auch hier betroffen. Die Ausstellung in Jülich widmet die Jülicher Gesellschaft Dr. jur. Alfred Mendel. Alfred Mendel war Spross der angesehenen Familie Mendel, die in Jülich in der Düsseldorfer Straße wohnte. Seine Schwester war die in Jülich bekannte Leni Mendel (Rosenwald).
Alfred Mendel studierte Jura in Breslau und Köln. Ihm als Jude wurde die Ablegung des Ersten Staatsexamens verweigert. Er promovierte 1935 bei dem damals 40jährigen Kölner Rechtswissenschaftler Hans Carl Nipperdey, der auch nach dem Krieg das Arbeitsrecht prägte. Seine schmale Doktorschrift wurde vom Verlag Josef Fischer in Jülich gedruckt. Über sein Schicksal ist wenig bekannt. Er verzog nach Aachen und wurde von dort am 21. März 1942 in die Vernichtungslager im Osten deportiert.
In der Familienüberlieferung heißt es, er sei während der Deportation in Düsseldorf auf der Flucht von den Nazis erschossen worden. Offizielle Dokumente über seinen Tod sind nicht bekannt.
Desweiteren nennt die Jülicher Gesellschaft einen Jülicher Rechtsanwalt, den es 1939 nach Krakau in die nationalsozialistische Verwaltung zog sowie Rechtsstreitigkeiten und Prozesse um Synagogen- und jüdische Friedhofsgrundstücke.
Unmittelbar nach der Machtergreifung im Frühjahr 1933 begannen die Nationalsozialisten mit der schon im Parteiprogramm von 1920 verkündeten Ziels der „Entjudung“ Deutschlands. Dieser Prozess war im Wesentlichen im Jahre 1938 beendet. Danach begannen Vertreibung, Deportation und Ermordung der jüdischen Mitbürger, die sich bis dahin stets als „deutsche Staatsbürger jüdischen Glaubens“ verstanden hatten.
Ohne konkrete Schilderung dessen, was sich hier auch zwischen Aachen und Köln in den Jahren nach 1933 ereignet hat, besteht die Gefahr, dass man die Augen vor den Ereignissen verschließt und sich mit der Vorstellung beruhigt, in der eigenen Stadt sei alles weniger schlimm verlaufen. Immer wieder haben sich Politiker und Geschichtsschreiber des Umstandes gerühmt, im Raum Köln sei den Nationalsozialisten am längsten Widerstand geleistet und am wenigsten gefolgt worden.
Gegen diese Selbsttäuschung hilft nur die minutiöse Aufarbeitung der Lokalgeschichte, von deren Ergebnissen die Ausstellung einen Eindruck vermitteln will. Die Initiatoren der Kölner Ausstellung „Juristen ohne Recht“ erachten dabei – über die Schilderung der Verfolgung jüdischer Rechtsanwälte hinaus – eine allen im Bezirk des Oberlandesgerichts Köln wirkenden jüdischen Juristen gewidmete Darstellung für notwendig.
Die Ausstellung ist bis zum 19. Dezember montags bis freitags von 8 bis 15 Uhr zu sehen.
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