22 Fundorte in NRW gekennzeichnet

Barmer Heide: ideale Bedingungen für „Jülicher Neandertaler“
Von Dorothée Schenk [16.04.2008, 09.52 Uhr]

"Eiszeitlichen Fundorte" wurde als Gemeinschaftprojekt vom Rheinischen Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz, der Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen Lippe in Jülich vorgestellt.

"Eiszeitlichen Fundorte" wurde als Gemeinschaftprojekt vom Rheinischen Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz, der Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen Lippe in Jülich vorgestellt.

Renaissance und Jülich – das ist ein Paar, das die Muttkraate seit Jahrzehnten mit der geschichtsgetränkten Muttermilch einsaugen. Die Römer als Gründerväter auch, aber Neandertaler? Wie Dirk Bachmann vom Rheinischen Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz als Koordinator vor Ort schmunzelnd erzählt, ist vielerorts – und da ist Jülich keine Ausnahme – die Urgeschichte nicht bekannt. Gemeinsam mit dem Landschaftsverband Rheinland und dem Landschaftsverband Westfalen Lippe soll eine gezielte Kampagne „Eiszeitliche Fundstellen“ Abhilfe schaffen, die jüngst in der Jülicher Schlosskapelle vorgestellt wurde.

Fünf gute Gründe konnte Museumsleiter Marcell nennen, warum der Präsentationsort gut gewählt war: Jülich ist im 16. Jahrhundert das Zentrum des Landes gewesen, das heute NRW ausmacht und darin die Zitadelle der repräsentative Bau. Jülich ist die Geburtsstadt des Landschaftsmaleris Johann Wilhelm Schirmers, dessen 200. Geburtstag gefeiert wird und der mit seinen Schülern das Neandertal oft aufsuchte und so bildnerisch dokumentierte.

Durch den Braunkohleabbau ist entdeckt worden, dass Neandertaler keineswegs nur in Höhlen lebten. Die Rur tut ihr Übriges: Sie gräbt die Fundstellen aus. Letztlich ist die Hirnforschung jüngst auf den Neandertaler aufmerksam geworden und untersucht nun anhand ausgegossener Schädelformen die Sprach- und Sozialkompetenzen. Fachmann auf diesem Gebiet ist Prof. Karl Zilles vom Forschungszentrum Jülich.

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Neue Fragen werden aufgeworfen: Jülichs Museumsleiter Marcell Perse stellt Neuigkeiten der Gehirnforschung des Jülicher Wissenschaftlers Prof. Karl Zilles vor.

Neue Fragen werden aufgeworfen: Jülichs Museumsleiter Marcell Perse stellt Neuigkeiten der Gehirnforschung des Jülicher Wissenschaftlers Prof. Karl Zilles vor.

Im Jülicher Land gehen die urzeitlichen Funde vor allem auf die Sammler Willy Schol und Heinz Forster zurück. Sie seien, wie Perse lobte, die Augen der Archäologie am Rurtalhang von Koslar/Barmen und die wahren „Schatzsuchern“. Wo sie suchten, steht nun eine von 22 Tafeln in NRW zwischen Rahde/Ostwestfalen und Monschau. Am Wegekreuz Koslar/Merzenhausen/Engelsdorf weist das Schild künftig auf das einstige Siedlungsgebiet des Neandertalers.

Die Barmer Heide stellt seit 1963 ein herausragendes Untersuchungsgebiet für die Urgeschichtsforschung dar. Am 9. März 1963 hatte Willy Schol einen ersten so genannten Faustkeil des Neandertalers auf der Barmer Heide aufgelesen. In den folgenden Jahrzehnten fand er mit seiner Familie weit über tausend Feuersteinwerkzeuge und Produktionsabfälle aus der Zeit zwischen 220.000 und 40.000 Jahren vor heute. Darunter typische Werkzeuge aus der späten mittleren Altsteinzeit vor 70.000 bis 40.000 Jahren – „den Feuerstein, der Stahl der Steinzeit“, wie Perse formulierte. Dank der günstigen Lage – Bodenschätze, Wasservorräte, gutes Nahrungsangebot und Übersicht wegen der Anhöhe – errichteten Neandertaler auf der Barmer Heide kurzzeitige Jagdlager.

Ausgangspunkt für die Aufstellung der Tafeln zu diesem Zeitpunkt war das 150-jährige Jubiläum der Entdeckung im Jahre 2006 mit einer großen Ausstellung im Bonner Landesmuseum gefeiert wurde. Das war der Startschuss zur Belebung der steinzeitlichen Forschung, erläuterte Dr. Thomas Otten, Referatsleiter Bodendenkmalschutz und Bodendenkmalpflege im Ministerium für Bauen und Verkehr des Landes NRW. Mit der Aufstellung der Tafeln, wolle man die Bevölkerung anregen, ihre Heimatgeschichte besser kennen zu lernen.

Die „22“ sind erst der Anfang, wie zu hören war. Vor allem die alten Fundstellen sollten noch in die Liste aufgenommen und gekennzeichnet werden.


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