Auftakt des TheaterStarters
Jülich: Mutige Martina pupst der Hexe was
Von Dorothée Schenk [21.09.2007, 17.11 Uhr]
![]() Wandlungsfähig: Aus der Martina im Nachthemd wird die "rote" Hexe Pus |
Ein prächtiger Kinderspaß, wenn „die mutige Martina“ mit ihren Hausschuhen durch den Matsch watet oder auf die Hexe Pus pupst – absichtlich und mehrfach. Das kindliche Gemüt freut sich, wenn dem Drachen ein Zacken aus der „Krone“ gebrochen wird. Kleine Gemeinheiten, die das Herz von Menschen ab drei Jahren erfreuen und sich kichernd Bahn brechen.
Zwischen poetischer Erzählung und ordinärem Kinderspiel bewegte sich das TheaterStarter-Auftaktstück „Die mutige Martina“ im Jülicher Kulturbahnhof. Ein Spagat der Liora Hilb vom Theater „La Senty Menti“ bei ihrem Ein-Personen-Stück bestens glückt. Die Darstellung erinnert ein wenig an Bettkanten-Geschichte aus den Zubett-Geh-Ritualen: Vor einer überdimensionalen Schlafstätte entspinnt sich die Erzählung von der mutigen kleinen Martina.
Wenige Verkleidungskniffe wie ein Kopfkissen, ein auf links gedrehter Bademantel oder eine zackenbesetzte Kapuze sowie ein Spektrum an Stimmenvielfalt genügen Liora Hilb, um in die Rolle eines Drachen, eines Ungeheuers oder einer Hexe zu schlüpfen. Dabei bedient sich Autorin Ania Michaelis deutlich auch den erwachsenen „Pfui“-Themen: „Pipi in der Hose“ vor Lachen gehört da ebenso zu wie „aus Kacke Bonbons“ machen. Gepaart mit comic-hafter Sprache ergibt sich ein amüsantes Ganzes, perfekt abgestimmt auf die künftige Theater-Generation.
![]() Wiebke weiß genau, wie der Vogel auf der zur Vogelscheuche erstarten Martina sich bewegt hat. |
Begeistert trägt das junge Publikum die Geschichte mit, lässt sich ein auf die Figuren – auch wenn nicht jeder kleine Besucher die „all-in-one“-Geschichte völlig durchschaut. Etwa wenn die Schauspielerin als Hexe über Martina spricht ruft es aus dem Zuschauerraum „Das bist du doch selber!“ Oder wenn Martina über Hunger klagt, sich einsam fühlt und Heimweh hat kommt unweigerlich die Aufforderung: „Dann geh doch nach Hause.“
Souverän reagiert die Schauspielerin und geht zuweilen sogar auf die Zwischenrufe ein. „Am besten hättest Du einen Wegweiser mitgenommen“, kommt der gute Rat aus dem Dunkel – „ach, du meinst ein Navi?“ fragt „Martina“ zurück. Hörbare Beweise, dass die Kinder nicht nur dabei, sondern mitten drin sind. Sichtbar wird es nach der Vorstellung. als Liora Hilb mit den Kindern noch einmal das Stück „nachspielt“. Fast ohne Scheu besteigen die Kinder die Bühne: Marie lässt sich als Vogelscheuche beklatschen, Moritz als Pfeifer der Vogelstimmen und Wiebke gibt die Vögel dazu.
Angesteckt sind auch die erwachsenen Begleiter, die sich zum Teil persönlich bei Liora Hilb für den begeisternden Theaternachmittag bedankten – und bei Marianne Lohmer, die für die Stadt Jülich den TheaterStarter betreut, für die gute Auswahl des Stückes.
Das Credo der Autorin Michaelis geht auf, die sagt: „Wenn das Theater so oder anders die Welt ändern kann, dann bin ich dabei. Mit unbedingter Ernsthaftigkeit und wildestem Spaß will ich dazu anregen: den eigenen Wahrnehmungen zu trauen, mutig zu sein, manchmal eigensinnig und manchmal listig.“ Das gelingt unbedingt und ist ausgezeichnet – mit dem Kritiker- und Publikumspreis bei den Kinderkulturtagen in Wiesbaden 2006.
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